Geschlechtstheile, vom Ursprunge, der Beschaffenheit und dem Nutzen des Samens, und von der Art und Weise, wie die Begattung und Befruchtung geschieht, §. 631. wie das Thier empfangen und zuerst angeleget wird, wie es sich nach und nach entwickelt, wie es er- nähret wird, wächst, wie und wie lange ein jedes in seiner Art zur Geburt reiset, und durch welche Kräfte es geboren wird, etc. wissen oder vermuthen. (S. H. P. 28. 29. 30 Abschn.)
§. 634.
Da von der Zeit der Empfängniß bis zur Geburt die thierische Natur nur in ihrer Bildung liegt, und noch un- vollkommen ist, so kann man von keinem Thiere in dieser Periode den völligen Gebrauch seiner ihm natürlichen thie- rischen Kräfte erwarten, und daher sind selbst die unbeseel- ten Thiere in dieser Periode, auch sogar die zerschnittenen Polypen, bis zur vollendeten Ausbildung des neuen Thie- res, in einer Unthätigkeit. Weil sich indessen bey voll- kommenern Thieren gleich vom Anfange an der hüpfende Punkt des Herzens unterscheidet, §. 632. dessen thierische Bewegung von Natur eine unmittelbare Nervenwirkung der äußern sinnlichen Eindrücke des Bluts in seine Nerven zu seyn pflegt, §. 459. so haben die beseelten Thiere schon vor ihrer Geburt den Gebrauch wenigstens einiger Nerven- kräfte, mithin die Natur belebter Thiere. §. 603. Die Gedärme eines Hühnchens im Eye sind in den ersten vier- zehn Tagen noch unreizbar, nachher aber werden sie von Tage zu Tage reizbarer. H. op. min. T. 1. pag. 401. T. 2. p. 364. 398. Bey zunehmender Vollkommenheit der Frucht erhält sie in der letzten Periode ihrer Entwickelung, welche beym Menschen fast genau die Hälfte der Ganzen ist, auch die Fähigkeit, von äußern sinnlichen Eindrücken zu einigen sonst willkührlichen Bewegungen gereizet zu wer- den. Wahrscheinlicher Weise sind auch dieß nur bloße Nervenwirkungen, denn außerdem daß man nicht einen ein-
zigen
3 Kap. Urſprung der thieriſchen Natur.
Geſchlechtstheile, vom Urſprunge, der Beſchaffenheit und dem Nutzen des Samens, und von der Art und Weiſe, wie die Begattung und Befruchtung geſchieht, §. 631. wie das Thier empfangen und zuerſt angeleget wird, wie es ſich nach und nach entwickelt, wie es er- naͤhret wird, waͤchſt, wie und wie lange ein jedes in ſeiner Art zur Geburt reiſet, und durch welche Kraͤfte es geboren wird, ꝛc. wiſſen oder vermuthen. (S. H. P. 28. 29. 30 Abſchn.)
§. 634.
Da von der Zeit der Empfaͤngniß bis zur Geburt die thieriſche Natur nur in ihrer Bildung liegt, und noch un- vollkommen iſt, ſo kann man von keinem Thiere in dieſer Periode den voͤlligen Gebrauch ſeiner ihm natuͤrlichen thie- riſchen Kraͤfte erwarten, und daher ſind ſelbſt die unbeſeel- ten Thiere in dieſer Periode, auch ſogar die zerſchnittenen Polypen, bis zur vollendeten Ausbildung des neuen Thie- res, in einer Unthaͤtigkeit. Weil ſich indeſſen bey voll- kommenern Thieren gleich vom Anfange an der huͤpfende Punkt des Herzens unterſcheidet, §. 632. deſſen thieriſche Bewegung von Natur eine unmittelbare Nervenwirkung der aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke des Bluts in ſeine Nerven zu ſeyn pflegt, §. 459. ſo haben die beſeelten Thiere ſchon vor ihrer Geburt den Gebrauch wenigſtens einiger Nerven- kraͤfte, mithin die Natur belebter Thiere. §. 603. Die Gedaͤrme eines Huͤhnchens im Eye ſind in den erſten vier- zehn Tagen noch unreizbar, nachher aber werden ſie von Tage zu Tage reizbarer. H. op. min. T. 1. pag. 401. T. 2. p. 364. 398. Bey zunehmender Vollkommenheit der Frucht erhaͤlt ſie in der letzten Periode ihrer Entwickelung, welche beym Menſchen faſt genau die Haͤlfte der Ganzen iſt, auch die Faͤhigkeit, von aͤußern ſinnlichen Eindruͤcken zu einigen ſonſt willkuͤhrlichen Bewegungen gereizet zu wer- den. Wahrſcheinlicher Weiſe ſind auch dieß nur bloße Nervenwirkungen, denn außerdem daß man nicht einen ein-
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[653/0677]
3 Kap. Urſprung der thieriſchen Natur.
Geſchlechtstheile, vom Urſprunge, der Beſchaffenheit
und dem Nutzen des Samens, und von der Art und
Weiſe, wie die Begattung und Befruchtung geſchieht,
§. 631. wie das Thier empfangen und zuerſt angeleget
wird, wie es ſich nach und nach entwickelt, wie es er-
naͤhret wird, waͤchſt, wie und wie lange ein jedes in
ſeiner Art zur Geburt reiſet, und durch welche Kraͤfte es
geboren wird, ꝛc. wiſſen oder vermuthen. (S. H. P.
28. 29. 30 Abſchn.)
§. 634.
Da von der Zeit der Empfaͤngniß bis zur Geburt die
thieriſche Natur nur in ihrer Bildung liegt, und noch un-
vollkommen iſt, ſo kann man von keinem Thiere in dieſer
Periode den voͤlligen Gebrauch ſeiner ihm natuͤrlichen thie-
riſchen Kraͤfte erwarten, und daher ſind ſelbſt die unbeſeel-
ten Thiere in dieſer Periode, auch ſogar die zerſchnittenen
Polypen, bis zur vollendeten Ausbildung des neuen Thie-
res, in einer Unthaͤtigkeit. Weil ſich indeſſen bey voll-
kommenern Thieren gleich vom Anfange an der huͤpfende
Punkt des Herzens unterſcheidet, §. 632. deſſen thieriſche
Bewegung von Natur eine unmittelbare Nervenwirkung
der aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke des Bluts in ſeine Nerven
zu ſeyn pflegt, §. 459. ſo haben die beſeelten Thiere ſchon
vor ihrer Geburt den Gebrauch wenigſtens einiger Nerven-
kraͤfte, mithin die Natur belebter Thiere. §. 603. Die
Gedaͤrme eines Huͤhnchens im Eye ſind in den erſten vier-
zehn Tagen noch unreizbar, nachher aber werden ſie von
Tage zu Tage reizbarer. H. op. min. T. 1. pag. 401. T. 2.
p. 364. 398. Bey zunehmender Vollkommenheit der
Frucht erhaͤlt ſie in der letzten Periode ihrer Entwickelung,
welche beym Menſchen faſt genau die Haͤlfte der Ganzen
iſt, auch die Faͤhigkeit, von aͤußern ſinnlichen Eindruͤcken
zu einigen ſonſt willkuͤhrlichen Bewegungen gereizet zu wer-
den. Wahrſcheinlicher Weiſe ſind auch dieß nur bloße
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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 653. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/677>, abgerufen am 22.11.2024.
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