noch zum Voraus sagen, daß ich die Meinung, welche ich vom Einflusse der Sele in ihren Körper vortragen werde, nicht vor eine ausser alle Schwierigkeiten gesetzte Meinung ausgebe. Jch werde mich hiermit zwar nicht besonders entschuldiget haben; allein es wird mir als- denn mit denenienigen, welche andre Meinun- gen behaupten, nur einerley Schicksal wieder- fahren. Jch weiß mehr als zu wohl, daß der- lenige so sicher seyn will, dieienige Parthey er- wählen müsse, welche vor denen übrigen die Oberhand hat. Die Neutralität schützet so wenig vor Anfechtungen, daß man vielmehr ie- derman zum Feinde bekommt, an statt daß man wenigstens eine Parthey zu Freunden be- hält, wenn man sich gefallen läst, einer nach Sinne zu reden. Zu allem Glück kostet mir die Feindschaft beyder Partheyen kein Blut, und dieses ist gerade das einzige, welches mich abschrecken könte. Wer sich vieler Wieder- sprüche befürchten muß, dem fehlet zur Ueber- windung aller Anfälle nichts mehr, als eine etwas phlegmatische Sele. Jch habe mir sa- gen lassen, daß ich zu diesem Temperamente mit der Zeit wol kommen könte, und dieses ist in Wahrheit eine Ursach, warum ich so dreist gewesen bin, diese Gedancken vom Einflusse der Sele in den Körper der Welt durch gegenwär- tige Blätter bekannt zu machen.
§. 12.
Die Dualisten vermuthen, daß man nur
auf
noch zum Voraus ſagen, daß ich die Meinung, welche ich vom Einfluſſe der Sele in ihren Koͤrper vortragen werde, nicht vor eine auſſer alle Schwierigkeiten geſetzte Meinung ausgebe. Jch werde mich hiermit zwar nicht beſonders entſchuldiget haben; allein es wird mir als- denn mit denenienigen, welche andre Meinun- gen behaupten, nur einerley Schickſal wieder- fahren. Jch weiß mehr als zu wohl, daß der- lenige ſo ſicher ſeyn will, dieienige Parthey er- waͤhlen muͤſſe, welche vor denen uͤbrigen die Oberhand hat. Die Neutralitaͤt ſchuͤtzet ſo wenig vor Anfechtungen, daß man vielmehr ie- derman zum Feinde bekommt, an ſtatt daß man wenigſtens eine Parthey zu Freunden be- haͤlt, wenn man ſich gefallen laͤſt, einer nach Sinne zu reden. Zu allem Gluͤck koſtet mir die Feindſchaft beyder Partheyen kein Blut, und dieſes iſt gerade das einzige, welches mich abſchrecken koͤnte. Wer ſich vieler Wieder- ſpruͤche befuͤrchten muß, dem fehlet zur Ueber- windung aller Anfaͤlle nichts mehr, als eine etwas phlegmatiſche Sele. Jch habe mir ſa- gen laſſen, daß ich zu dieſem Temperamente mit der Zeit wol kommen koͤnte, und dieſes iſt in Wahrheit eine Urſach, warum ich ſo dreiſt geweſen bin, dieſe Gedancken vom Einfluſſe der Sele in den Koͤrper der Welt durch gegenwaͤr- tige Blaͤtter bekannt zu machen.
§. 12.
Die Dualiſten vermuthen, daß man nur
auf
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0060"n="30"/>
noch zum Voraus ſagen, daß ich die Meinung,<lb/>
welche ich vom Einfluſſe der Sele in ihren<lb/>
Koͤrper vortragen werde, nicht vor eine auſſer<lb/>
alle Schwierigkeiten geſetzte Meinung ausgebe.<lb/>
Jch werde mich hiermit zwar nicht beſonders<lb/>
entſchuldiget haben; allein es wird mir als-<lb/>
denn mit denenienigen, welche andre Meinun-<lb/>
gen behaupten, nur einerley Schickſal wieder-<lb/>
fahren. Jch weiß mehr als zu wohl, daß der-<lb/>
lenige ſo ſicher ſeyn will, dieienige Parthey er-<lb/>
waͤhlen muͤſſe, welche vor denen uͤbrigen die<lb/>
Oberhand hat. Die Neutralitaͤt ſchuͤtzet ſo<lb/>
wenig vor Anfechtungen, daß man vielmehr ie-<lb/>
derman zum Feinde bekommt, an ſtatt daß<lb/>
man wenigſtens eine Parthey zu Freunden be-<lb/>
haͤlt, wenn man ſich gefallen laͤſt, einer nach<lb/>
Sinne zu reden. Zu allem Gluͤck koſtet mir<lb/>
die Feindſchaft beyder Partheyen kein Blut,<lb/>
und dieſes iſt gerade das einzige, welches mich<lb/>
abſchrecken koͤnte. Wer ſich vieler Wieder-<lb/>ſpruͤche befuͤrchten muß, dem fehlet zur Ueber-<lb/>
windung aller Anfaͤlle nichts mehr, als eine<lb/>
etwas phlegmatiſche Sele. Jch habe mir ſa-<lb/>
gen laſſen, daß ich zu dieſem Temperamente<lb/>
mit der Zeit wol kommen koͤnte, und dieſes iſt<lb/>
in Wahrheit eine Urſach, warum ich ſo dreiſt<lb/>
geweſen bin, dieſe Gedancken vom Einfluſſe der<lb/>
Sele in den Koͤrper der Welt durch gegenwaͤr-<lb/>
tige Blaͤtter bekannt zu machen.</p></div><lb/><divn="2"><head>§. 12.</head><lb/><p>Die Dualiſten vermuthen, daß man nur<lb/><fwplace="bottom"type="catch">auf</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[30/0060]
noch zum Voraus ſagen, daß ich die Meinung,
welche ich vom Einfluſſe der Sele in ihren
Koͤrper vortragen werde, nicht vor eine auſſer
alle Schwierigkeiten geſetzte Meinung ausgebe.
Jch werde mich hiermit zwar nicht beſonders
entſchuldiget haben; allein es wird mir als-
denn mit denenienigen, welche andre Meinun-
gen behaupten, nur einerley Schickſal wieder-
fahren. Jch weiß mehr als zu wohl, daß der-
lenige ſo ſicher ſeyn will, dieienige Parthey er-
waͤhlen muͤſſe, welche vor denen uͤbrigen die
Oberhand hat. Die Neutralitaͤt ſchuͤtzet ſo
wenig vor Anfechtungen, daß man vielmehr ie-
derman zum Feinde bekommt, an ſtatt daß
man wenigſtens eine Parthey zu Freunden be-
haͤlt, wenn man ſich gefallen laͤſt, einer nach
Sinne zu reden. Zu allem Gluͤck koſtet mir
die Feindſchaft beyder Partheyen kein Blut,
und dieſes iſt gerade das einzige, welches mich
abſchrecken koͤnte. Wer ſich vieler Wieder-
ſpruͤche befuͤrchten muß, dem fehlet zur Ueber-
windung aller Anfaͤlle nichts mehr, als eine
etwas phlegmatiſche Sele. Jch habe mir ſa-
gen laſſen, daß ich zu dieſem Temperamente
mit der Zeit wol kommen koͤnte, und dieſes iſt
in Wahrheit eine Urſach, warum ich ſo dreiſt
geweſen bin, dieſe Gedancken vom Einfluſſe der
Sele in den Koͤrper der Welt durch gegenwaͤr-
tige Blaͤtter bekannt zu machen.
§. 12.
Die Dualiſten vermuthen, daß man nur
auf
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_gedanken_1746/60>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.