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Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885.

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ab, wenn der Magnet vom Eisenstabe entfernt wird. Untersucht man den letzteren,
so lange der Magnet sich über ihm befindet, mit Hilfe einer Declinationsnadel auf
seinen magnetischen Zustand, so findet man, daß jenes Ende des Stabes, welches
dem Nordpole des Magnetes, wenn beispielsweise dieser dem Stabe genähert wurde,
sich am nächsten befindet, einen Südmagnetismus besitzt, während das von ihm
abgewandte Stabende Nordmagnetismus zeigt. Der Stab ist also durch die bloße
Annäherung eines Magnetes gleichfalls zum Magnete geworden und erhält sich als
solcher so lange, als der ursprüngliche Magnet in seiner Nähe bleibt. Bei allen
diesen Versuchen verliert der letztere nichts an seiner Kraft.

Aus diesen Experimenten folgt, daß das einem Magnete genäherte Eisenstück
nicht in der Weise magnetisch wird, daß der Magnet einen Theil seines Magne-
tismus abgiebt oder eine Art magnetischen Fluidums in das Eisenstück überströmt,
sondern daß letzteres durch eine vom Magnete ausgeübte Vertheilungs- oder
Influenzwirkung
ebenfalls zum Magnete wird. Das Ueberströmen eines
Fluidums ist unmöglich, denn dann müßte: 1. die zwischen Magnet und Eisen-
stab befindliche Platte aus Glas, Holz etc. wenigstens zur Zeit des Ueber-
strömens selbst ein magnetisches Verhalten zeigen, was thatsächlich nicht der
Fall ist; 2. das Eisenstück dürfte nur einerlei Magnetismus zeigen, und zwar
derselben Art als jener Magnetpol, welcher ihm genähert wurde oder ihn be-
rührte, was ebenfalls nicht der Fall ist; 3. der ursprüngliche Magnet müßte
bei jedem Versuche an magnetischer Kraft verlieren und andererseits das Eisen-
stück auch dann noch Magnetismus zeigen, wenn es von dem Magnete ent-
fernt wird.

Wie hat man sich also die bisher geschilderten Erscheinungen zu erklären?

Man denkt sich in jedem Eisenkörper beide Arten von Magnetismus vor-
handen, und zwar an jeder Stelle des Körpers in gleicher Menge; die beiden
gleich großen, aber entgegengesetzten Magnetismen heben sich dann in ihren Wir-
kungen gegenseitig auf und der Eisenkörper erscheint bei seiner Prüfung als
unmagnetisch.*) Nähert man nun einen solchen Eisenkörper einem Magnet oder
bringt diesen mit ersterem in Berührung, so werden die beiden im Eisenkörper
vorhandenen Magnetismen getrennt; hierbei sucht der dem genäherten Magnetpole
entgegengesetzte Magnetismus diesem Pole möglichst nahe zu kommen, der gleiche
Magnetismus aber sich möglichst weit zu entfernen. Aus dem Eisenstücke entsteht
daher ein Magnet, der dem genäherten Magnetpole den ungleichnamigen Pol
zukehrt und am entfernten Ende einen gleichnamigen Pol besitzt, wie dies die
Fig. 18 für das Zusammenbringen eines Eisenstückes a b mit dem Nordpole
eines Magnetes N S zeigt. Werden Magnet und Eisen wieder auseinandergebracht,
so vereinigen sich die beiden Magnetismen im Eisenstücke neuerdings and machen
selbes unmagnetisch, wie es vor dem Versuche war. Hiermit ist nun auch die
magnetische Anziehung überhaupt erklärt; sie stellt sich dar als eine Anziehung
zweier einander entgegengesetzter Magnetpole. Aber auch das Anhäufen der Eisen-
feile in voneinander divergirenden Strahlen (Fig. 14) und das Aussehen der

*) Daß gleich starke, aber entgegengesetzte Magnetismen sich gegenseitig aufheben, kann
leicht durch folgenden Versuch gezeigt werden: Läßt man durch einen Magnet ein Stück Eisen
anziehen und legt dann auf diesen Magnet einen genau gleich starken zweiten Magnet, jedoch
derart, daß sich die entgegengesetzten Pole der beiden Magnete decken, so fällt das Eisenstück
sofort ab und die Magnete zeigen keine Anziehungskraft mehr, so lange man sie nicht von-
einander trennt.

ab, wenn der Magnet vom Eiſenſtabe entfernt wird. Unterſucht man den letzteren,
ſo lange der Magnet ſich über ihm befindet, mit Hilfe einer Declinationsnadel auf
ſeinen magnetiſchen Zuſtand, ſo findet man, daß jenes Ende des Stabes, welches
dem Nordpole des Magnetes, wenn beiſpielsweiſe dieſer dem Stabe genähert wurde,
ſich am nächſten befindet, einen Südmagnetismus beſitzt, während das von ihm
abgewandte Stabende Nordmagnetismus zeigt. Der Stab iſt alſo durch die bloße
Annäherung eines Magnetes gleichfalls zum Magnete geworden und erhält ſich als
ſolcher ſo lange, als der urſprüngliche Magnet in ſeiner Nähe bleibt. Bei allen
dieſen Verſuchen verliert der letztere nichts an ſeiner Kraft.

Aus dieſen Experimenten folgt, daß das einem Magnete genäherte Eiſenſtück
nicht in der Weiſe magnetiſch wird, daß der Magnet einen Theil ſeines Magne-
tismus abgiebt oder eine Art magnetiſchen Fluidums in das Eiſenſtück überſtrömt,
ſondern daß letzteres durch eine vom Magnete ausgeübte Vertheilungs- oder
Influenzwirkung
ebenfalls zum Magnete wird. Das Ueberſtrömen eines
Fluidums iſt unmöglich, denn dann müßte: 1. die zwiſchen Magnet und Eiſen-
ſtab befindliche Platte aus Glas, Holz ꝛc. wenigſtens zur Zeit des Ueber-
ſtrömens ſelbſt ein magnetiſches Verhalten zeigen, was thatſächlich nicht der
Fall iſt; 2. das Eiſenſtück dürfte nur einerlei Magnetismus zeigen, und zwar
derſelben Art als jener Magnetpol, welcher ihm genähert wurde oder ihn be-
rührte, was ebenfalls nicht der Fall iſt; 3. der urſprüngliche Magnet müßte
bei jedem Verſuche an magnetiſcher Kraft verlieren und andererſeits das Eiſen-
ſtück auch dann noch Magnetismus zeigen, wenn es von dem Magnete ent-
fernt wird.

Wie hat man ſich alſo die bisher geſchilderten Erſcheinungen zu erklären?

Man denkt ſich in jedem Eiſenkörper beide Arten von Magnetismus vor-
handen, und zwar an jeder Stelle des Körpers in gleicher Menge; die beiden
gleich großen, aber entgegengeſetzten Magnetismen heben ſich dann in ihren Wir-
kungen gegenſeitig auf und der Eiſenkörper erſcheint bei ſeiner Prüfung als
unmagnetiſch.*) Nähert man nun einen ſolchen Eiſenkörper einem Magnet oder
bringt dieſen mit erſterem in Berührung, ſo werden die beiden im Eiſenkörper
vorhandenen Magnetismen getrennt; hierbei ſucht der dem genäherten Magnetpole
entgegengeſetzte Magnetismus dieſem Pole möglichſt nahe zu kommen, der gleiche
Magnetismus aber ſich möglichſt weit zu entfernen. Aus dem Eiſenſtücke entſteht
daher ein Magnet, der dem genäherten Magnetpole den ungleichnamigen Pol
zukehrt und am entfernten Ende einen gleichnamigen Pol beſitzt, wie dies die
Fig. 18 für das Zuſammenbringen eines Eiſenſtückes a b mit dem Nordpole
eines Magnetes N S zeigt. Werden Magnet und Eiſen wieder auseinandergebracht,
ſo vereinigen ſich die beiden Magnetismen im Eiſenſtücke neuerdings and machen
ſelbes unmagnetiſch, wie es vor dem Verſuche war. Hiermit iſt nun auch die
magnetiſche Anziehung überhaupt erklärt; ſie ſtellt ſich dar als eine Anziehung
zweier einander entgegengeſetzter Magnetpole. Aber auch das Anhäufen der Eiſen-
feile in voneinander divergirenden Strahlen (Fig. 14) und das Ausſehen der

*) Daß gleich ſtarke, aber entgegengeſetzte Magnetismen ſich gegenſeitig aufheben, kann
leicht durch folgenden Verſuch gezeigt werden: Läßt man durch einen Magnet ein Stück Eiſen
anziehen und legt dann auf dieſen Magnet einen genau gleich ſtarken zweiten Magnet, jedoch
derart, daß ſich die entgegengeſetzten Pole der beiden Magnete decken, ſo fällt das Eiſenſtück
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einander trennt.
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[42/0056] ab, wenn der Magnet vom Eiſenſtabe entfernt wird. Unterſucht man den letzteren, ſo lange der Magnet ſich über ihm befindet, mit Hilfe einer Declinationsnadel auf ſeinen magnetiſchen Zuſtand, ſo findet man, daß jenes Ende des Stabes, welches dem Nordpole des Magnetes, wenn beiſpielsweiſe dieſer dem Stabe genähert wurde, ſich am nächſten befindet, einen Südmagnetismus beſitzt, während das von ihm abgewandte Stabende Nordmagnetismus zeigt. Der Stab iſt alſo durch die bloße Annäherung eines Magnetes gleichfalls zum Magnete geworden und erhält ſich als ſolcher ſo lange, als der urſprüngliche Magnet in ſeiner Nähe bleibt. Bei allen dieſen Verſuchen verliert der letztere nichts an ſeiner Kraft. Aus dieſen Experimenten folgt, daß das einem Magnete genäherte Eiſenſtück nicht in der Weiſe magnetiſch wird, daß der Magnet einen Theil ſeines Magne- tismus abgiebt oder eine Art magnetiſchen Fluidums in das Eiſenſtück überſtrömt, ſondern daß letzteres durch eine vom Magnete ausgeübte Vertheilungs- oder Influenzwirkung ebenfalls zum Magnete wird. Das Ueberſtrömen eines Fluidums iſt unmöglich, denn dann müßte: 1. die zwiſchen Magnet und Eiſen- ſtab befindliche Platte aus Glas, Holz ꝛc. wenigſtens zur Zeit des Ueber- ſtrömens ſelbſt ein magnetiſches Verhalten zeigen, was thatſächlich nicht der Fall iſt; 2. das Eiſenſtück dürfte nur einerlei Magnetismus zeigen, und zwar derſelben Art als jener Magnetpol, welcher ihm genähert wurde oder ihn be- rührte, was ebenfalls nicht der Fall iſt; 3. der urſprüngliche Magnet müßte bei jedem Verſuche an magnetiſcher Kraft verlieren und andererſeits das Eiſen- ſtück auch dann noch Magnetismus zeigen, wenn es von dem Magnete ent- fernt wird. Wie hat man ſich alſo die bisher geſchilderten Erſcheinungen zu erklären? Man denkt ſich in jedem Eiſenkörper beide Arten von Magnetismus vor- handen, und zwar an jeder Stelle des Körpers in gleicher Menge; die beiden gleich großen, aber entgegengeſetzten Magnetismen heben ſich dann in ihren Wir- kungen gegenſeitig auf und der Eiſenkörper erſcheint bei ſeiner Prüfung als unmagnetiſch. *) Nähert man nun einen ſolchen Eiſenkörper einem Magnet oder bringt dieſen mit erſterem in Berührung, ſo werden die beiden im Eiſenkörper vorhandenen Magnetismen getrennt; hierbei ſucht der dem genäherten Magnetpole entgegengeſetzte Magnetismus dieſem Pole möglichſt nahe zu kommen, der gleiche Magnetismus aber ſich möglichſt weit zu entfernen. Aus dem Eiſenſtücke entſteht daher ein Magnet, der dem genäherten Magnetpole den ungleichnamigen Pol zukehrt und am entfernten Ende einen gleichnamigen Pol beſitzt, wie dies die Fig. 18 für das Zuſammenbringen eines Eiſenſtückes a b mit dem Nordpole eines Magnetes N S zeigt. Werden Magnet und Eiſen wieder auseinandergebracht, ſo vereinigen ſich die beiden Magnetismen im Eiſenſtücke neuerdings and machen ſelbes unmagnetiſch, wie es vor dem Verſuche war. Hiermit iſt nun auch die magnetiſche Anziehung überhaupt erklärt; ſie ſtellt ſich dar als eine Anziehung zweier einander entgegengeſetzter Magnetpole. Aber auch das Anhäufen der Eiſen- feile in voneinander divergirenden Strahlen (Fig. 14) und das Ausſehen der *) Daß gleich ſtarke, aber entgegengeſetzte Magnetismen ſich gegenſeitig aufheben, kann leicht durch folgenden Verſuch gezeigt werden: Läßt man durch einen Magnet ein Stück Eiſen anziehen und legt dann auf dieſen Magnet einen genau gleich ſtarken zweiten Magnet, jedoch derart, daß ſich die entgegengeſetzten Pole der beiden Magnete decken, ſo fällt das Eiſenſtück ſofort ab und die Magnete zeigen keine Anziehungskraft mehr, ſo lange man ſie nicht von- einander trennt.

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Zitationshilfe: Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/56>, abgerufen am 21.11.2024.