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Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885.

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Historische Entwicklung der Celephonie.

Da in den Rahmen vorliegenden Werkes nur die Anwendungen der Elektricität
und des Magnetismus zu behandeln sind, entfällt die Aufgabe, jene Versuche
eingehend zu besprechen, die auf nicht elektrischem Wege die Hörbarmachung des
gesprochenen Wortes über jene Entfernung hinaus bezweckten, welche die Kraft der
menschlichen Stimme zu überwinden im Stande ist. Es sollen daher die dies-
bezüglichen, theilweise gegenwärtig noch in Anwendung stehenden Methoden nach-
stehend nur kurz erwähnt werden. Schon im Jahre 1667 theilte R. Hooke mit,
daß ein gespannter Faden sowohl Töne als auch gesprochene Worte auf ziemlich
große Distanzen fortzuleiten vermag. Gegenwärtig bildet das Fadentelephon
ein allgemein bekanntes und verbreitetes Kinderspielzeug. Es besteht aus zwei
konischen Bechern aus Metall oder Pappe, deren Böden durch einen gespannten
Faden miteinander verbunden sind. Spricht man in den Becher an einem Ende
des Fadens hinein, so können die Worte am andern Ende des Fadens vernommen
werden, wenn man den dort befindlichen Becher an das Ohr hält. Wem die
Erfindung dieses Fadentelephones zuzuschreiben ist, blieb unbekannt. Es soll in
Spanien schon lange Zeit zur Correspondenz zwischen Verliebten benützt worden
sein. Andererseits wird die Erfindung desselben Ad. L. Weinhold zugeschrieben.
Das Sprachrohr, wie bekannt, noch gegenwärtig vielfach in Anwendung, erfand
Morland im Jahre 1670. Im Jahre 1819 producirte Wheatstone seine
magische Lyra. Zur Schall-Leitung diente hierbei ein Stab aus Tannenholz in
Verbindung mit Resonanzkästen.

Den grundlegenden Versuch für das elektrische Telephon bildet das gal-
vanische Tönen
, welches im Jahre 1837 von Page entdeckt und seither durch
Wertheim, de la Rive u. A. eingehend studirt wurde. Das galvanische Tönen
kommt dadurch zu Stande, daß man einen Eisenstab in sehr kurzen Intervallen
magnetisirt und entmagnetisirt. Dieses Experiment bildete auch die Grundlage für
die Construction des ersten Telephones durch Philipp Reis. Zwar ist die Priorität
des deutschen Erfinders vielfach in Zweifel gezogen worden, doch glauben wir, daß
in dem ganzen vorliegenden sehr umfangreichen Materiale*) nichts enthalten ist,
was zur ernstlichen Bestreitung eine annehmbare Grundlage bieten würde. So
wollte man in jüngster Zeit für Ch. Bourseul die Priorität reclamiren, wegen
eines Berichtes, den Dr. Lunckenbein in "l'Illustration" vom 26. August 1854
veröffentlicht hatte; nachstehend folgen die diesbezüglichen Stellen dieses Berichtes.

.... "Ich habe mich z. B. gefragt, ob es nicht möglich sei, die Sprache auf elek-
trischem Wege zu übertragen; mit einem Worte, ob man nicht das in Wien Gesprochene in
Paris hören könne. Die Sache ist ausführbar, und zwar folgendermaßen: Die Töne werden,
wie man weiß, durch Schwingungen gebildet und dem Ohre durch Schwingungen der Luft
vermittelt (Schallwellen). Aber die Intensität dieser letzten Schwingungen vermindert sich
äußerst schnell mit Zunahme der Entfernung, so daß sogar bei dem Sprachrohre bestimmte
Grenzen gezogen sind, welche man nicht überschreiten kann. Denken wir uns nun, daß man
gegen eine Metallplatte spräche, welche derart beweglich und biegsam wäre, um alle durch
die Stimme erzeugten Schwingungen wiederzugeben, und würde diese Platte mit einem
elektrischen Strome so verbunden werden können, daß sie je nach den Luftschwingungen, von
denen sie getroffen wird, diesen elektrischen Strom abwechselnd herstelle und unterbreche -- so

*) Wir führen hiervon z. B. an: Thompson: "Philipp Reis, Inventor of the Tele-
phon", "La lumiere electrique"
, t. VI, VII, X, XI, "Elektrotechnische Zeitschrift", Bd. IV,
Uppenborn, "Zeitschrift für angewandte Elektricität", B. IV, "Zeitschrift für Elektrotechnik",
II, u. s. w.
Hiſtoriſche Entwicklung der Celephonie.

Da in den Rahmen vorliegenden Werkes nur die Anwendungen der Elektricität
und des Magnetismus zu behandeln ſind, entfällt die Aufgabe, jene Verſuche
eingehend zu beſprechen, die auf nicht elektriſchem Wege die Hörbarmachung des
geſprochenen Wortes über jene Entfernung hinaus bezweckten, welche die Kraft der
menſchlichen Stimme zu überwinden im Stande iſt. Es ſollen daher die dies-
bezüglichen, theilweiſe gegenwärtig noch in Anwendung ſtehenden Methoden nach-
ſtehend nur kurz erwähnt werden. Schon im Jahre 1667 theilte R. Hooke mit,
daß ein geſpannter Faden ſowohl Töne als auch geſprochene Worte auf ziemlich
große Diſtanzen fortzuleiten vermag. Gegenwärtig bildet das Fadentelephon
ein allgemein bekanntes und verbreitetes Kinderſpielzeug. Es beſteht aus zwei
koniſchen Bechern aus Metall oder Pappe, deren Böden durch einen geſpannten
Faden miteinander verbunden ſind. Spricht man in den Becher an einem Ende
des Fadens hinein, ſo können die Worte am andern Ende des Fadens vernommen
werden, wenn man den dort befindlichen Becher an das Ohr hält. Wem die
Erfindung dieſes Fadentelephones zuzuſchreiben iſt, blieb unbekannt. Es ſoll in
Spanien ſchon lange Zeit zur Correſpondenz zwiſchen Verliebten benützt worden
ſein. Andererſeits wird die Erfindung desſelben Ad. L. Weinhold zugeſchrieben.
Das Sprachrohr, wie bekannt, noch gegenwärtig vielfach in Anwendung, erfand
Morland im Jahre 1670. Im Jahre 1819 producirte Wheatſtone ſeine
magiſche Lyra. Zur Schall-Leitung diente hierbei ein Stab aus Tannenholz in
Verbindung mit Reſonanzkäſten.

Den grundlegenden Verſuch für das elektriſche Telephon bildet das gal-
vaniſche Tönen
, welches im Jahre 1837 von Page entdeckt und ſeither durch
Wertheim, de la Rive u. A. eingehend ſtudirt wurde. Das galvaniſche Tönen
kommt dadurch zu Stande, daß man einen Eiſenſtab in ſehr kurzen Intervallen
magnetiſirt und entmagnetiſirt. Dieſes Experiment bildete auch die Grundlage für
die Conſtruction des erſten Telephones durch Philipp Reis. Zwar iſt die Priorität
des deutſchen Erfinders vielfach in Zweifel gezogen worden, doch glauben wir, daß
in dem ganzen vorliegenden ſehr umfangreichen Materiale*) nichts enthalten iſt,
was zur ernſtlichen Beſtreitung eine annehmbare Grundlage bieten würde. So
wollte man in jüngſter Zeit für Ch. Bourſeul die Priorität reclamiren, wegen
eines Berichtes, den Dr. Lunckenbein in „l’Illustration” vom 26. Auguſt 1854
veröffentlicht hatte; nachſtehend folgen die diesbezüglichen Stellen dieſes Berichtes.

.... „Ich habe mich z. B. gefragt, ob es nicht möglich ſei, die Sprache auf elek-
triſchem Wege zu übertragen; mit einem Worte, ob man nicht das in Wien Geſprochene in
Paris hören könne. Die Sache iſt ausführbar, und zwar folgendermaßen: Die Töne werden,
wie man weiß, durch Schwingungen gebildet und dem Ohre durch Schwingungen der Luft
vermittelt (Schallwellen). Aber die Intenſität dieſer letzten Schwingungen vermindert ſich
äußerſt ſchnell mit Zunahme der Entfernung, ſo daß ſogar bei dem Sprachrohre beſtimmte
Grenzen gezogen ſind, welche man nicht überſchreiten kann. Denken wir uns nun, daß man
gegen eine Metallplatte ſpräche, welche derart beweglich und biegſam wäre, um alle durch
die Stimme erzeugten Schwingungen wiederzugeben, und würde dieſe Platte mit einem
elektriſchen Strome ſo verbunden werden können, daß ſie je nach den Luftſchwingungen, von
denen ſie getroffen wird, dieſen elektriſchen Strom abwechſelnd herſtelle und unterbreche — ſo

*) Wir führen hiervon z. B. an: Thompſon: „Philipp Reis, Inventor of the Tele-
phon”, „La lumière électrique”
, t. VI, VII, X, XI, „Elektrotechniſche Zeitſchrift“, Bd. IV,
Uppenborn, „Zeitſchrift für angewandte Elektricität“, B. IV, „Zeitſchrift für Elektrotechnik“,
II, u. ſ. w.
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[876/0890] Hiſtoriſche Entwicklung der Celephonie. Da in den Rahmen vorliegenden Werkes nur die Anwendungen der Elektricität und des Magnetismus zu behandeln ſind, entfällt die Aufgabe, jene Verſuche eingehend zu beſprechen, die auf nicht elektriſchem Wege die Hörbarmachung des geſprochenen Wortes über jene Entfernung hinaus bezweckten, welche die Kraft der menſchlichen Stimme zu überwinden im Stande iſt. Es ſollen daher die dies- bezüglichen, theilweiſe gegenwärtig noch in Anwendung ſtehenden Methoden nach- ſtehend nur kurz erwähnt werden. Schon im Jahre 1667 theilte R. Hooke mit, daß ein geſpannter Faden ſowohl Töne als auch geſprochene Worte auf ziemlich große Diſtanzen fortzuleiten vermag. Gegenwärtig bildet das Fadentelephon ein allgemein bekanntes und verbreitetes Kinderſpielzeug. Es beſteht aus zwei koniſchen Bechern aus Metall oder Pappe, deren Böden durch einen geſpannten Faden miteinander verbunden ſind. Spricht man in den Becher an einem Ende des Fadens hinein, ſo können die Worte am andern Ende des Fadens vernommen werden, wenn man den dort befindlichen Becher an das Ohr hält. Wem die Erfindung dieſes Fadentelephones zuzuſchreiben iſt, blieb unbekannt. Es ſoll in Spanien ſchon lange Zeit zur Correſpondenz zwiſchen Verliebten benützt worden ſein. Andererſeits wird die Erfindung desſelben Ad. L. Weinhold zugeſchrieben. Das Sprachrohr, wie bekannt, noch gegenwärtig vielfach in Anwendung, erfand Morland im Jahre 1670. Im Jahre 1819 producirte Wheatſtone ſeine magiſche Lyra. Zur Schall-Leitung diente hierbei ein Stab aus Tannenholz in Verbindung mit Reſonanzkäſten. Den grundlegenden Verſuch für das elektriſche Telephon bildet das gal- vaniſche Tönen, welches im Jahre 1837 von Page entdeckt und ſeither durch Wertheim, de la Rive u. A. eingehend ſtudirt wurde. Das galvaniſche Tönen kommt dadurch zu Stande, daß man einen Eiſenſtab in ſehr kurzen Intervallen magnetiſirt und entmagnetiſirt. Dieſes Experiment bildete auch die Grundlage für die Conſtruction des erſten Telephones durch Philipp Reis. Zwar iſt die Priorität des deutſchen Erfinders vielfach in Zweifel gezogen worden, doch glauben wir, daß in dem ganzen vorliegenden ſehr umfangreichen Materiale *) nichts enthalten iſt, was zur ernſtlichen Beſtreitung eine annehmbare Grundlage bieten würde. So wollte man in jüngſter Zeit für Ch. Bourſeul die Priorität reclamiren, wegen eines Berichtes, den Dr. Lunckenbein in „l’Illustration” vom 26. Auguſt 1854 veröffentlicht hatte; nachſtehend folgen die diesbezüglichen Stellen dieſes Berichtes. .... „Ich habe mich z. B. gefragt, ob es nicht möglich ſei, die Sprache auf elek- triſchem Wege zu übertragen; mit einem Worte, ob man nicht das in Wien Geſprochene in Paris hören könne. Die Sache iſt ausführbar, und zwar folgendermaßen: Die Töne werden, wie man weiß, durch Schwingungen gebildet und dem Ohre durch Schwingungen der Luft vermittelt (Schallwellen). Aber die Intenſität dieſer letzten Schwingungen vermindert ſich äußerſt ſchnell mit Zunahme der Entfernung, ſo daß ſogar bei dem Sprachrohre beſtimmte Grenzen gezogen ſind, welche man nicht überſchreiten kann. Denken wir uns nun, daß man gegen eine Metallplatte ſpräche, welche derart beweglich und biegſam wäre, um alle durch die Stimme erzeugten Schwingungen wiederzugeben, und würde dieſe Platte mit einem elektriſchen Strome ſo verbunden werden können, daß ſie je nach den Luftſchwingungen, von denen ſie getroffen wird, dieſen elektriſchen Strom abwechſelnd herſtelle und unterbreche — ſo *) Wir führen hiervon z. B. an: Thompſon: „Philipp Reis, Inventor of the Tele- phon”, „La lumière électrique”, t. VI, VII, X, XI, „Elektrotechniſche Zeitſchrift“, Bd. IV, Uppenborn, „Zeitſchrift für angewandte Elektricität“, B. IV, „Zeitſchrift für Elektrotechnik“, II, u. ſ. w.

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Zitationshilfe: Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 876. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/890>, abgerufen am 22.11.2024.