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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Von dem Embryo.
terhauptstheil war an der Schädelbasis sehr klein und verhältniss-
mässig wenig ausgebildet, desto mehr dagegen an der Schädel-
oberfläche. Die bedeutende Grösse des hintern Theiles des Kop-
fes bedingt dann auch die unverhältnissmässige Länge desselben,
welche vorzüglich deutlich wird, wenn durch langes Aufbewahren in
Wasser oder Weingeist die Hirnmasse zu Grunde gegangen, wie
dieses vorzüglich bei Meckel (Beitr. Bd. I. Heft 1. tab. V. fig.
XII., XVII., XXVII.) zu sehen ist.

Die Geschichte der unmittelbar folgenden Veränderungen ist
bis zu Ende des dritten Monates unvollständig. So viel uns be-
kannt, findet sich aus dieser Zeit nur eine mangelhafte Abbildung des
Keilbeines von Meckel in seinem Arch. I. tab. VI. fig. 14. Bis
zur zwölften bis dreizehnten Woche hat sich das Verhältniss
schon so weit ausgeglichen, dass es dem des Erwachsenen ziem-
lich nahe kömmt; doch finden sich im Einzelnen noch manche
Eigenthümlichkeiten. Die Erhebung der Stirnbeine ist schroffer
als später, der ebene Theil verhältnissmässig sehr breit und die
crista galli eine platte nach hinten sich verbreiternde Erhaben-
heit, so dass ihre Oberfläche einem schief liegenden Dreiecke,
dessen Basis nach hinten, die Spitze nach vorn gerichtet ist, ähn-
lich sieht. Der Zwischenwirbeltheil des Auges verbreitert sich
nach der Mitte hin immer mehr und hat oberhalb des Sehnerven-
loches eine wulstige Erhabenheit. Der Körper des Keilbeines ist
oblong mit grösserem Breiten-Durchmesser. Der Trichter, am
hinteren Ende des Längendurchmessers desselben von kleinem, in
Rücksicht auf das ganze Gehirn aber noch sehr grossem Umfange
ist in der ihn eng umschliessenden sella turcica enthalten. Das
Felsenbein steht noch schiefer von vorn nach hinten, als von in-
nen nach aussen. Die Abtheilung für den hinteren Theil des gro-
ssen Hirns und das kleine Gehirn ist relativ noch sehr gross und vor-
züglich tief, indem alle Theile vom Felsenbeine an senkrecht herab-
gehen und es so das Ansehen hat, als ob der Hinterhauptswirbel
nur eine blasige Erweiterung des Wirbelkanales sey, die sich
gegen das Hinterhauptsloch trichterförmig zuspitzt. Im Verlaufe
des vierten Monates wird die Wölbung des Stirnbeines sanfter und
für die mittleren Gehirnlappen erscheinen länglich runde Gruben.
Hierdurch wird der Körper des Keilbeines beträchtlich kleiner
und geht aus der oblongen Form in die eines ungleichen Vierek-
kes über, dessen nach vorn stehende Seite grösser ist, als die hin-

tere.

Von dem Embryo.
terhauptstheil war an der Schädelbasis sehr klein und verhältniſs-
mäſsig wenig ausgebildet, desto mehr dagegen an der Schädel-
oberfläche. Die bedeutende Gröſse des hintern Theiles des Kop-
fes bedingt dann auch die unverhältniſsmäſsige Länge desselben,
welche vorzüglich deutlich wird, wenn durch langes Aufbewahren in
Wasser oder Weingeist die Hirnmasse zu Grunde gegangen, wie
dieses vorzüglich bei Meckel (Beitr. Bd. I. Heft 1. tab. V. fig.
XII., XVII., XXVII.) zu sehen ist.

Die Geschichte der unmittelbar folgenden Veränderungen ist
bis zu Ende des dritten Monates unvollständig. So viel uns be-
kannt, findet sich aus dieser Zeit nur eine mangelhafte Abbildung des
Keilbeines von Meckel in seinem Arch. I. tab. VI. fig. 14. Bis
zur zwölften bis dreizehnten Woche hat sich das Verhältniſs
schon so weit ausgeglichen, daſs es dem des Erwachsenen ziem-
lich nahe kömmt; doch finden sich im Einzelnen noch manche
Eigenthümlichkeiten. Die Erhebung der Stirnbeine ist schroffer
als später, der ebene Theil verhältniſsmäſsig sehr breit und die
crista galli eine platte nach hinten sich verbreiternde Erhaben-
heit, so daſs ihre Oberfläche einem schief liegenden Dreiecke,
dessen Basis nach hinten, die Spitze nach vorn gerichtet ist, ähn-
lich sieht. Der Zwischenwirbeltheil des Auges verbreitert sich
nach der Mitte hin immer mehr und hat oberhalb des Sehnerven-
loches eine wulstige Erhabenheit. Der Körper des Keilbeines ist
oblong mit gröſserem Breiten-Durchmesser. Der Trichter, am
hinteren Ende des Längendurchmessers desselben von kleinem, in
Rücksicht auf das ganze Gehirn aber noch sehr groſsem Umfange
ist in der ihn eng umschlieſsenden sella turcica enthalten. Das
Felsenbein steht noch schiefer von vorn nach hinten, als von in-
nen nach auſsen. Die Abtheilung für den hinteren Theil des gro-
ſsen Hirns und das kleine Gehirn ist relativ noch sehr groſs und vor-
züglich tief, indem alle Theile vom Felsenbeine an senkrecht herab-
gehen und es so das Ansehen hat, als ob der Hinterhauptswirbel
nur eine blasige Erweiterung des Wirbelkanales sey, die sich
gegen das Hinterhauptsloch trichterförmig zuspitzt. Im Verlaufe
des vierten Monates wird die Wölbung des Stirnbeines sanfter und
für die mittleren Gehirnlappen erscheinen länglich runde Gruben.
Hierdurch wird der Körper des Keilbeines beträchtlich kleiner
und geht aus der oblongen Form in die eines ungleichen Vierek-
kes über, dessen nach vorn stehende Seite gröſser ist, als die hin-

tere.
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[224/0252] Von dem Embryo. terhauptstheil war an der Schädelbasis sehr klein und verhältniſs- mäſsig wenig ausgebildet, desto mehr dagegen an der Schädel- oberfläche. Die bedeutende Gröſse des hintern Theiles des Kop- fes bedingt dann auch die unverhältniſsmäſsige Länge desselben, welche vorzüglich deutlich wird, wenn durch langes Aufbewahren in Wasser oder Weingeist die Hirnmasse zu Grunde gegangen, wie dieses vorzüglich bei Meckel (Beitr. Bd. I. Heft 1. tab. V. fig. XII., XVII., XXVII.) zu sehen ist. Die Geschichte der unmittelbar folgenden Veränderungen ist bis zu Ende des dritten Monates unvollständig. So viel uns be- kannt, findet sich aus dieser Zeit nur eine mangelhafte Abbildung des Keilbeines von Meckel in seinem Arch. I. tab. VI. fig. 14. Bis zur zwölften bis dreizehnten Woche hat sich das Verhältniſs schon so weit ausgeglichen, daſs es dem des Erwachsenen ziem- lich nahe kömmt; doch finden sich im Einzelnen noch manche Eigenthümlichkeiten. Die Erhebung der Stirnbeine ist schroffer als später, der ebene Theil verhältniſsmäſsig sehr breit und die crista galli eine platte nach hinten sich verbreiternde Erhaben- heit, so daſs ihre Oberfläche einem schief liegenden Dreiecke, dessen Basis nach hinten, die Spitze nach vorn gerichtet ist, ähn- lich sieht. Der Zwischenwirbeltheil des Auges verbreitert sich nach der Mitte hin immer mehr und hat oberhalb des Sehnerven- loches eine wulstige Erhabenheit. Der Körper des Keilbeines ist oblong mit gröſserem Breiten-Durchmesser. Der Trichter, am hinteren Ende des Längendurchmessers desselben von kleinem, in Rücksicht auf das ganze Gehirn aber noch sehr groſsem Umfange ist in der ihn eng umschlieſsenden sella turcica enthalten. Das Felsenbein steht noch schiefer von vorn nach hinten, als von in- nen nach auſsen. Die Abtheilung für den hinteren Theil des gro- ſsen Hirns und das kleine Gehirn ist relativ noch sehr groſs und vor- züglich tief, indem alle Theile vom Felsenbeine an senkrecht herab- gehen und es so das Ansehen hat, als ob der Hinterhauptswirbel nur eine blasige Erweiterung des Wirbelkanales sey, die sich gegen das Hinterhauptsloch trichterförmig zuspitzt. Im Verlaufe des vierten Monates wird die Wölbung des Stirnbeines sanfter und für die mittleren Gehirnlappen erscheinen länglich runde Gruben. Hierdurch wird der Körper des Keilbeines beträchtlich kleiner und geht aus der oblongen Form in die eines ungleichen Vierek- kes über, dessen nach vorn stehende Seite gröſser ist, als die hin- tere.

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/252>, abgerufen am 22.11.2024.