tere. Das Felsenbein rückt mehr nach aussen; der Hinterhaupts- wirbel geht noch steil abwärts, ist aber seinem Volumen nach enger geworden; der Trichter dagegen hat sich mehr verbreitert. Während des fünften bis sechsten Monates verringern sich auch diese feineren Unterschiede und ändern sich allmählig in die Form um, welche im Ganzen der Schädelbasis des Neugeborenen eigen ist.
Wir gehen nun zu den einzelnen, den Schädel constituiren- den Knochen über und fassen ihre Ossification speciell ins Auge.
a. Schädel. 1. Die Stirnbeine. -- Sie verknöchern zuerst nach J. F. Meckel (menschl. Anat. II. S. 119.), Beclard (allgem. Anatomie übers. v. Cerutti. 1823. 8. S. 162.) und Nicolai (Be- schreib. d. Knoch. d. mensch. Föt. 1829. 4. S. 9.) im zweiten, nach Nesbitt (Osteogenie übers. v. Greding. 1753. 4. S. 32.) und Senff (nonnulla de incremento ossium embryonum. Hal. 1801. 4. p. 19.) dagegen zu Anfange des dritten Monates. Wir müssen nach eigenen Beobachtungen den Ersteren beistimmen und mit Nicolai die pars frontalis als die erste Spur beginnender Ver- knöcherung ansehen. Im dritten Monate schreitet diese rasch vorwärts, sowohl in den Stirntheilen, so dass zwischen ihnen dann eine dreieckige, mit ihrer nach unten gerichteten Spitze das obere Ende der Oberkieferbeine berührende häutige Decke be- findlich ist, als auch in dem Augenhöhlentheile und vorzüglich in der Gegend des Augenhöhlenrandes (Vgl. Nicolai S. 11. 12; Senff p. 20; E. H. Weber in Hildebrandts Anatomie II. S. 57.). Später (im vierten Monate) wird der Stirntheil immer grö- sser, so dass dicht oberhalb der Nasenbeine die beiden Stirnbeine zusammenstossen und hierdurch für eine feine membranöse Linie Raum lassen, der dreieckige Zwischenraum dagegen verhältniss- mässig längere Schenkel erhält und gegen die Basis hin geboge- ner wird. Dieser Process geht im normalen Verlaufe bis zum siebenten Monate so weit vor sich, dass dann die Spalte bis ge- gen die tubera frontalia hin sich ziemlich gleich bleibt, von dort an aber mässig sich erweiternd eine wahre grosse Fonta- nelle darstellt. Hiermit stimmen auch die Erfahrungen von Senff (l. c. tab. II. fig. 7. 9. 11. 13.), Nesbitt (l. c. tab. I. fig. 3. 4.) und Nicolai (l. c. 1. Tabelle) überein. Bei rhachitischen und an- derweitig kranken Früchten dagegen bleibt der membranöse Zwi- schenraum längere Zeit breit, und so habe ich ihn an einem Schädel aus dem Ende des siebenten Monats als einen zwei Li-
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Schädelknochen.
tere. Das Felsenbein rückt mehr nach auſsen; der Hinterhaupts- wirbel geht noch steil abwärts, ist aber seinem Volumen nach enger geworden; der Trichter dagegen hat sich mehr verbreitert. Während des fünften bis sechsten Monates verringern sich auch diese feineren Unterschiede und ändern sich allmählig in die Form um, welche im Ganzen der Schädelbasis des Neugeborenen eigen ist.
Wir gehen nun zu den einzelnen, den Schädel constituiren- den Knochen über und fassen ihre Ossification speciell ins Auge.
a. Schädel. 1. Die Stirnbeine. — Sie verknöchern zuerst nach J. F. Meckel (menschl. Anat. II. S. 119.), Bèclard (allgem. Anatomie übers. v. Cerutti. 1823. 8. S. 162.) und Nicolai (Be- schreib. d. Knoch. d. mensch. Föt. 1829. 4. S. 9.) im zweiten, nach Nesbitt (Osteogenie übers. v. Greding. 1753. 4. S. 32.) und Senff (nonnulla de incremento ossium embryonum. Hal. 1801. 4. p. 19.) dagegen zu Anfange des dritten Monates. Wir müssen nach eigenen Beobachtungen den Ersteren beistimmen und mit Nicolai die pars frontalis als die erste Spur beginnender Ver- knöcherung ansehen. Im dritten Monate schreitet diese rasch vorwärts, sowohl in den Stirntheilen, so daſs zwischen ihnen dann eine dreieckige, mit ihrer nach unten gerichteten Spitze das obere Ende der Oberkieferbeine berührende häutige Decke be- findlich ist, als auch in dem Augenhöhlentheile und vorzüglich in der Gegend des Augenhöhlenrandes (Vgl. Nicolai S. 11. 12; Senff p. 20; E. H. Weber in Hildebrandts Anatomie II. S. 57.). Später (im vierten Monate) wird der Stirntheil immer grö- ſser, so daſs dicht oberhalb der Nasenbeine die beiden Stirnbeine zusammenstoſsen und hierdurch für eine feine membranöse Linie Raum lassen, der dreieckige Zwischenraum dagegen verhältniſs- mäſsig längere Schenkel erhält und gegen die Basis hin geboge- ner wird. Dieser Proceſs geht im normalen Verlaufe bis zum siebenten Monate so weit vor sich, daſs dann die Spalte bis ge- gen die tubera frontalia hin sich ziemlich gleich bleibt, von dort an aber mäſsig sich erweiternd eine wahre groſse Fonta- nelle darstellt. Hiermit stimmen auch die Erfahrungen von Senff (l. c. tab. II. fig. 7. 9. 11. 13.), Nesbitt (l. c. tab. I. fig. 3. 4.) und Nicolai (l. c. 1. Tabelle) überein. Bei rhachitischen und an- derweitig kranken Früchten dagegen bleibt der membranöse Zwi- schenraum längere Zeit breit, und so habe ich ihn an einem Schädel aus dem Ende des siebenten Monats als einen zwei Li-
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Schädelknochen.
tere. Das Felsenbein rückt mehr nach auſsen; der Hinterhaupts-
wirbel geht noch steil abwärts, ist aber seinem Volumen nach
enger geworden; der Trichter dagegen hat sich mehr verbreitert.
Während des fünften bis sechsten Monates verringern sich auch
diese feineren Unterschiede und ändern sich allmählig in die Form
um, welche im Ganzen der Schädelbasis des Neugeborenen eigen ist.
Wir gehen nun zu den einzelnen, den Schädel constituiren-
den Knochen über und fassen ihre Ossification speciell ins Auge.
a. Schädel. 1. Die Stirnbeine. — Sie verknöchern zuerst
nach J. F. Meckel (menschl. Anat. II. S. 119.), Bèclard (allgem.
Anatomie übers. v. Cerutti. 1823. 8. S. 162.) und Nicolai (Be-
schreib. d. Knoch. d. mensch. Föt. 1829. 4. S. 9.) im zweiten,
nach Nesbitt (Osteogenie übers. v. Greding. 1753. 4. S. 32.) und
Senff (nonnulla de incremento ossium embryonum. Hal. 1801.
4. p. 19.) dagegen zu Anfange des dritten Monates. Wir müssen
nach eigenen Beobachtungen den Ersteren beistimmen und mit
Nicolai die pars frontalis als die erste Spur beginnender Ver-
knöcherung ansehen. Im dritten Monate schreitet diese rasch
vorwärts, sowohl in den Stirntheilen, so daſs zwischen ihnen
dann eine dreieckige, mit ihrer nach unten gerichteten Spitze das
obere Ende der Oberkieferbeine berührende häutige Decke be-
findlich ist, als auch in dem Augenhöhlentheile und vorzüglich
in der Gegend des Augenhöhlenrandes (Vgl. Nicolai S. 11.
12; Senff p. 20; E. H. Weber in Hildebrandts Anatomie II. S.
57.). Später (im vierten Monate) wird der Stirntheil immer grö-
ſser, so daſs dicht oberhalb der Nasenbeine die beiden Stirnbeine
zusammenstoſsen und hierdurch für eine feine membranöse Linie
Raum lassen, der dreieckige Zwischenraum dagegen verhältniſs-
mäſsig längere Schenkel erhält und gegen die Basis hin geboge-
ner wird. Dieser Proceſs geht im normalen Verlaufe bis zum
siebenten Monate so weit vor sich, daſs dann die Spalte bis ge-
gen die tubera frontalia hin sich ziemlich gleich bleibt, von
dort an aber mäſsig sich erweiternd eine wahre groſse Fonta-
nelle darstellt. Hiermit stimmen auch die Erfahrungen von Senff
(l. c. tab. II. fig. 7. 9. 11. 13.), Nesbitt (l. c. tab. I. fig. 3. 4.)
und Nicolai (l. c. 1. Tabelle) überein. Bei rhachitischen und an-
derweitig kranken Früchten dagegen bleibt der membranöse Zwi-
schenraum längere Zeit breit, und so habe ich ihn an einem
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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/253>, abgerufen am 22.11.2024.
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