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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Körpergefässe. Herz.
de Paris Vol. II. p. 175. Vol. X. p. 32.) bewogen, seine neue
Theorie von dem Kreislaufe des Blutes im Fötus darzustellen.
Er ging von der schon an sich unrichtigen Voraussetzung aus,
dass das Blut der Mutter unmittelbar in das des Kindes übergehe
und in diesem circulire. Hieran reihete er die noch weit unstatt-
haftere Ansicht, dass die Frucht im Mutterleibe Luft einathmen
müsse. Da nun aber nur eine geringe Menge Luft zu ihm ge-
langen und daher sein Blut nur wenig belebt werden kann, das
Herz überdiess noch zart und schwach ist, so kann das Blut nicht,
wie in dem Erwachsenen, in dem ganzen Körper herumgetrieben
werden. Es geht vielmehr ein Theil desselben durch die Aeste der
Aorta, ein Theil aber durch die Lungenschlagader. Ein Theil der
Blutmasse, welche aus dem rechten Ventrikel in die Lungenarterie
kommt, geht durch den ductus arteriosus zur Aorta, durchläuft
nun alle Organe des Körpers mit Ausnahme der Lungen, kommt
durch die rechte Hohlvene zurück in den rechten Ventrikel, von
da von Neuem in die Lungenarterie und durch den botallischen
Gang in die Aorta. Eine andere Blutmasse aber, welche bloss
in den Lungen kreiset, geht durch die Lungenschlagadern in die
Lungenvenen, kommt von da in den linken Vorhof, gelangt durch
das foramen ovale in den rechten, und von da wiederum in die
Lungenschlagader. Man sieht also hieraus, dass sein Bemühen
dahin zielt, auch bei dem Fötus, wie bei dem Erwachsenen, zwei
von einander unabhängige Kreisläufe anzunehmen, einen Körper-
und einen Lungenkreislauf. -- Mit Recht aber fand diese Ansicht
den heftigsten Widerspruch an Duverney, Tauury, Buissiere, Littre
u. a. Akademikern und späterhin an Heister, Trew, Haller u. A.
Statt aber die zeitlichen Metamorphosen der grossen in das Herz
eintretenden und aus demselben herausgehenden Gefässe zu ver-
folgen und so zu sicheren Resultaten zu gelangen, waren es vor-
züglich zwei Punkte, welche man auszumitteln sich bemühete,
nämlich 1. die Capacität der Gefässe, vorzüglich der Lungenve-
nen im Verhältnisse zu der des aus dem rechten Ventrikel kom-
menden Arterienstammes (s. hierüber das Vorzüglichste gesammelt
bei Haller Elem. physiol. VIII. p. 393--396.) und 2. den Durch-
gang des Blutes durch das eirunde Loch. Mery war seiner An-
sicht nach anzunehmen genöthigt, dass das Blut aus dem linken
Vorhofe durch das eirunde Loch in den rechten übergehe, wäh-
rend die ältere Ansicht die gerade entgegengesetzte Hypothese, dass

Körpergefäſse. Herz.
de Paris Vol. II. p. 175. Vol. X. p. 32.) bewogen, seine neue
Theorie von dem Kreislaufe des Blutes im Fötus darzustellen.
Er ging von der schon an sich unrichtigen Voraussetzung aus,
daſs das Blut der Mutter unmittelbar in das des Kindes übergehe
und in diesem circulire. Hieran reihete er die noch weit unstatt-
haftere Ansicht, daſs die Frucht im Mutterleibe Luft einathmen
müsse. Da nun aber nur eine geringe Menge Luft zu ihm ge-
langen und daher sein Blut nur wenig belebt werden kann, das
Herz überdieſs noch zart und schwach ist, so kann das Blut nicht,
wie in dem Erwachsenen, in dem ganzen Körper herumgetrieben
werden. Es geht vielmehr ein Theil desselben durch die Aeste der
Aorta, ein Theil aber durch die Lungenschlagader. Ein Theil der
Blutmasse, welche aus dem rechten Ventrikel in die Lungenarterie
kommt, geht durch den ductus arteriosus zur Aorta, durchläuft
nun alle Organe des Körpers mit Ausnahme der Lungen, kommt
durch die rechte Hohlvene zurück in den rechten Ventrikel, von
da von Neuem in die Lungenarterie und durch den botallischen
Gang in die Aorta. Eine andere Blutmasse aber, welche bloſs
in den Lungen kreiset, geht durch die Lungenschlagadern in die
Lungenvenen, kommt von da in den linken Vorhof, gelangt durch
das foramen ovale in den rechten, und von da wiederum in die
Lungenschlagader. Man sieht also hieraus, daſs sein Bemühen
dahin zielt, auch bei dem Fötus, wie bei dem Erwachsenen, zwei
von einander unabhängige Kreisläufe anzunehmen, einen Körper-
und einen Lungenkreislauf. — Mit Recht aber fand diese Ansicht
den heftigsten Widerspruch an Duverney, Tauury, Buissiere, Littre
u. a. Akademikern und späterhin an Heister, Trew, Haller u. A.
Statt aber die zeitlichen Metamorphosen der groſsen in das Herz
eintretenden und aus demselben herausgehenden Gefäſse zu ver-
folgen und so zu sicheren Resultaten zu gelangen, waren es vor-
züglich zwei Punkte, welche man auszumitteln sich bemühete,
nämlich 1. die Capacität der Gefäſse, vorzüglich der Lungenve-
nen im Verhältnisse zu der des aus dem rechten Ventrikel kom-
menden Arterienstammes (s. hierüber das Vorzüglichste gesammelt
bei Haller Elem. physiol. VIII. p. 393—396.) und 2. den Durch-
gang des Blutes durch das eirunde Loch. Mery war seiner An-
sicht nach anzunehmen genöthigt, daſs das Blut aus dem linken
Vorhofe durch das eirunde Loch in den rechten übergehe, wäh-
rend die ältere Ansicht die gerade entgegengesetzte Hypothese, daſs

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[345/0373] Körpergefäſse. Herz. de Paris Vol. II. p. 175. Vol. X. p. 32.) bewogen, seine neue Theorie von dem Kreislaufe des Blutes im Fötus darzustellen. Er ging von der schon an sich unrichtigen Voraussetzung aus, daſs das Blut der Mutter unmittelbar in das des Kindes übergehe und in diesem circulire. Hieran reihete er die noch weit unstatt- haftere Ansicht, daſs die Frucht im Mutterleibe Luft einathmen müsse. Da nun aber nur eine geringe Menge Luft zu ihm ge- langen und daher sein Blut nur wenig belebt werden kann, das Herz überdieſs noch zart und schwach ist, so kann das Blut nicht, wie in dem Erwachsenen, in dem ganzen Körper herumgetrieben werden. Es geht vielmehr ein Theil desselben durch die Aeste der Aorta, ein Theil aber durch die Lungenschlagader. Ein Theil der Blutmasse, welche aus dem rechten Ventrikel in die Lungenarterie kommt, geht durch den ductus arteriosus zur Aorta, durchläuft nun alle Organe des Körpers mit Ausnahme der Lungen, kommt durch die rechte Hohlvene zurück in den rechten Ventrikel, von da von Neuem in die Lungenarterie und durch den botallischen Gang in die Aorta. Eine andere Blutmasse aber, welche bloſs in den Lungen kreiset, geht durch die Lungenschlagadern in die Lungenvenen, kommt von da in den linken Vorhof, gelangt durch das foramen ovale in den rechten, und von da wiederum in die Lungenschlagader. Man sieht also hieraus, daſs sein Bemühen dahin zielt, auch bei dem Fötus, wie bei dem Erwachsenen, zwei von einander unabhängige Kreisläufe anzunehmen, einen Körper- und einen Lungenkreislauf. — Mit Recht aber fand diese Ansicht den heftigsten Widerspruch an Duverney, Tauury, Buissiere, Littre u. a. Akademikern und späterhin an Heister, Trew, Haller u. A. Statt aber die zeitlichen Metamorphosen der groſsen in das Herz eintretenden und aus demselben herausgehenden Gefäſse zu ver- folgen und so zu sicheren Resultaten zu gelangen, waren es vor- züglich zwei Punkte, welche man auszumitteln sich bemühete, nämlich 1. die Capacität der Gefäſse, vorzüglich der Lungenve- nen im Verhältnisse zu der des aus dem rechten Ventrikel kom- menden Arterienstammes (s. hierüber das Vorzüglichste gesammelt bei Haller Elem. physiol. VIII. p. 393—396.) und 2. den Durch- gang des Blutes durch das eirunde Loch. Mery war seiner An- sicht nach anzunehmen genöthigt, daſs das Blut aus dem linken Vorhofe durch das eirunde Loch in den rechten übergehe, wäh- rend die ältere Ansicht die gerade entgegengesetzte Hypothese, daſs

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/373>, abgerufen am 22.11.2024.