Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 1.

DAs Paradiß-Holtz/ AGALLOCHUM oder LIGNUM ALOES, bestehet aus gewissen Holtz-Spänen/ von einem Sinesischen Baum/ oder/ wie Hermannus in Msc. vermeynet/ von der Wurtzel dieses Baums / so Calambac genennet wird. Diese Späne sind dicht/ hart/ schwer und resinos, von unterschiedlicher Grösse/ an Farbe fast Castanienbraun/ mit schwartzen hartzichten Strichen / eines scharffen/ aromatischen und bitteren aloetischen Geschmacks (worvon sie den Nahmen haben) und so sie angezündet werden/ eines sehr annehmlichen Geruchs. Dieses Holtz wird sonsten auch Creutz- und Augen-Holtz genennet.

§. 2.

Ob aber solche Späne/ welchen man in den Apothecken diesen Nahmen beyleget/ das wahre und auffrichtige Paradiß-Holtz seyen/ und ob man dieses bey uns recht ohnverfälscht haben könne? Wollen einige sehr zweifflen/ theils/ weilen es entweder im Paradiß/ oder doch in hohen Einöden wachsen soll/ da wegen der grimmigen Löwen/ Tieger- und Panter-Thieren nicht hinzukommen sey: Theils/ weilen solches in Ost-Indien selbst viel theurer als bey uns ist / auch bey Lebens-Verlust verbotten seyn soll/ dasselbige herauß zu führen/ wie D. Velschius in Miscell. Acad. Germ. Cur. Dec. 1. An. 1. p. 293. bezeuget/ und der Herr Rumphius aus Indien an Herrn D. Menzelium ib. Dec. 2. Annot. 3. obs. 22. pag. 74. geschrieben hat. Allein es lässet sich diese Schwürigkeit gar wohl heben/ nachdem man in Erfahrung gekommen/ daß dieser Baum (welcher sonsten den Oliven-Bäumen nicht ungleich/ und eine rorhe Frucht/ wie Kirschen / tragen soll) dreyerley Holtz an seinem Stamm und Wurtzel habe: Das erste/ so gleich unter der Schale folget/ ist gantz schwartz/ dicht und sehr schwer/ wie schwartz Ebenholtz / weßwegen es solcher Farb wegen auch von den Portugiesen Pao d' Aquila, oder das Adler-Holtz genennet wird. Das zweite ist etwas leichter/ voll Adern/ und wie verdorben und brandicht Holtz anzusehen/ von brauner Farb/ welches sonsten auch das Holtz von Calambouc, oder das rothe Aloes-Holtz genennet wird. Das dritte ist der mittelste Kern/ oder das kostbare Holtz von Tambac oder CALAMBAC. Von diesen wird die erste Sorte zuweilen unter dem Nahmen des Asphalati gefunden/ wie in künfftigem Capitel zu sehen. Die zweyte ist unser Agallochum oder Xylalces. Die dritte aber ist so rar/ daß sie dem Gold gleich geschätzet/ auch nirgends/ als bey hohen Stands-Personen zu finden/ welchen es von den Ost-Indianischen Königen zum Praesent geschicket wird; gleichwie die Ambassadeurs von Siam (welche zu meiner Zeit/ vor 16. Jahren / zu Pariß ankamen) unter andern Geschencken dem König Ludov. XIV. auch ein grosses Lavoir mit seiner Gieß-Kanne von solchem Holtz/ auff Art der Sineser außgearbeiter/ mitgebracht haben / von welchen sich nachmahlen wegen dieses Gewächses Mons. Pomet selbsten informiren lassen/ wie in dessen Histoire Generale des Drogues Lib. 3. cap. 1. pag. 104. zu sehen ist.

§. 3.

Muß also dasjenige/ so Calambouc heisset/ oder das mitlere Paradiß-Holtz/ zur Artzney gut gnug seyn/ und ist die Prob davon/ wann es am Geschmack bitter/ absonderlich/ wann man es ein Weil im Mund gehalten: auch an der Farb schwärtzlich und ein wenig mit grau vermischet und voller Adern ist: Muß nicht wurmstichicht/ sondern voll Hartz seyn; wo aber doch zuzusehen/ ob dieses Hartz irgend mit Fleiß hinein gestecket/ auch etwa ein ander Holtz / deme die Sinenser mit einer Beitze von rechtem Agallocho den Geruch und Geschmack geben können / untermischet sey. Vid. Miscell. Acad. Germ. Cur. Dec. 2. Annot. 3. obs. 22. Auff dem Feuer muß es nicht so balden brennen/ sondern ehe an einigen Orten schmeltzen und ein Gummi außwerffen/ doch einen sehr guten Geruch/ wie Ambra/ geben/ und wer solchen Rauch zu sich ziehet/ daß demselben der Mund voll Wasser lauffe. Es muß auch schwer seyn/ daß/ wann es in einen Becher voll Wein oder Wasser geworffen wird/ es zu Boden sincke. Wo aber das Lignum Aloes zuvor gekocht/ und die beste Krafft hinweg genommen worden/ so ist es gar leicht / schwimmet oben und ist die Farbe auch lichter/ wie in des Schurtzen, Marxen und andern Matcrial-Kammern zu sehen. Alle andere Höltzer/ so obige Eigenschafften nicht haben/ und doch unter diesem Nahmen außgegeben werden/ sind zu verwerffen und nicht anzunehmen. Vid. Pomet. citato loco.

§. 4.

Nach Unterscheid dieser Eigenschafften und nachdem das Paradiß-Holtz in grossen Stückern / oder nur in kleinen fragmentis ist/ haben die Materialisten verschiedene Sorten/ nemblich das Feine/ die Mittel-Sorte und Fragmenta, wie in deren Catalogis zu sehen. Das feine ist noch so theuer am Werth/ als die Mittel-Gattung: die Fragmenta aber sind viel wolfeiler/ wovon die Apothecker-Täx zu sehen sind.

§. 5.

Was den Gebrauch und Nutzen dieses Holtzes anlanger/ so stärcket es mit seiner aromatischen Krafft die Lebens-Geister/ in Ohnmachten und andern Schwachheiten/ obwohlen der frische Safft dieses Baums vor gifftig

§. 1.

DAs Paradiß-Holtz/ AGALLOCHUM oder LIGNUM ALOES, bestehet aus gewissen Holtz-Spänen/ von einem Sinesischen Baum/ oder/ wie Hermannus in Msc. vermeynet/ von der Wurtzel dieses Baums / so Calambac genennet wird. Diese Späne sind dicht/ hart/ schwer und resinos, von unterschiedlicher Grösse/ an Farbe fast Castanienbraun/ mit schwartzen hartzichten Strichen / eines scharffen/ aromatischen und bitteren aloëtischen Geschmacks (worvon sie den Nahmen haben) und so sie angezündet werden/ eines sehr annehmlichen Geruchs. Dieses Holtz wird sonsten auch Creutz- und Augen-Holtz genennet.

§. 2.

Ob aber solche Späne/ welchen man in den Apothecken diesen Nahmen beyleget/ das wahre und auffrichtige Paradiß-Holtz seyen/ und ob man dieses bey uns recht ohnverfälscht haben könne? Wollen einige sehr zweifflen/ theils/ weilen es entweder im Paradiß/ oder doch in hohen Einöden wachsen soll/ da wegen der grimmigen Löwen/ Tieger- und Panter-Thieren nicht hinzukommen sey: Theils/ weilen solches in Ost-Indien selbst viel theurer als bey uns ist / auch bey Lebens-Verlust verbotten seyn soll/ dasselbige herauß zu führen/ wie D. Velschius in Miscell. Acad. Germ. Cur. Dec. 1. An. 1. p. 293. bezeuget/ und der Herr Rumphius aus Indien an Herrn D. Menzelium ib. Dec. 2. Annot. 3. obs. 22. pag. 74. geschrieben hat. Allein es lässet sich diese Schwürigkeit gar wohl heben/ nachdem man in Erfahrung gekommen/ daß dieser Baum (welcher sonsten den Oliven-Bäumen nicht ungleich/ und eine rorhe Frucht/ wie Kirschen / tragen soll) dreyerley Holtz an seinem Stam̃ und Wurtzel habe: Das erste/ so gleich unter der Schale folget/ ist gantz schwartz/ dicht und sehr schwer/ wie schwartz Ebenholtz / weßwegen es solcher Farb wegen auch von den Portugiesen Pao d' Aquila, oder das Adler-Holtz genennet wird. Das zweite ist etwas leichter/ voll Adern/ und wie verdorben und brandicht Holtz anzusehen/ von brauner Farb/ welches sonsten auch das Holtz von Calambouc, oder das rothe Aloës-Holtz genennet wird. Das dritte ist der mittelste Kern/ oder das kostbare Holtz von Tambac oder CALAMBAC. Von diesen wird die erste Sorte zuweilen unter dem Nahmen des Asphalati gefunden/ wie in künfftigem Capitel zu sehen. Die zweyte ist unser Agallochum oder Xylalcës. Die dritte aber ist so rar/ daß sie dem Gold gleich geschätzet/ auch nirgends/ als bey hohen Stands-Personen zu finden/ welchen es von den Ost-Indianischen Königen zum Praesent geschicket wird; gleichwie die Ambassadeurs von Siam (welche zu meiner Zeit/ vor 16. Jahren / zu Pariß ankamen) unter andern Geschencken dem König Ludov. XIV. auch ein grosses Lavoir mit seiner Gieß-Kanne von solchem Holtz/ auff Art der Sineser außgearbeiter/ mitgebracht haben / von welchen sich nachmahlen wegen dieses Gewächses Mons. Pomet selbsten informiren lassen/ wie in dessen Histoire Generale des Drogues Lib. 3. cap. 1. pag. 104. zu sehen ist.

§. 3.

Muß also dasjenige/ so Calambouc heisset/ oder das mitlere Paradiß-Holtz/ zur Artzney gut gnug seyn/ und ist die Prob davon/ wann es am Geschmack bitter/ absonderlich/ wann man es ein Weil im Mund gehalten: auch an der Farb schwärtzlich und ein wenig mit grau vermischet uñ voller Adern ist: Muß nicht wurmstichicht/ sondern voll Hartz seyn; wo aber doch zuzusehen/ ob dieses Hartz irgend mit Fleiß hinein gestecket/ auch etwa ein ander Holtz / deme die Sinenser mit einer Beitze von rechtem Agallocho den Geruch und Geschmack geben können / untermischet sey. Vid. Miscell. Acad. Germ. Cur. Dec. 2. Annot. 3. obs. 22. Auff dem Feuer muß es nicht so balden brennen/ sondern ehe an einigen Orten schmeltzen und ein Gummi außwerffen/ doch einen sehr guten Geruch/ wie Ambra/ geben/ und wer solchen Rauch zu sich ziehet/ daß demselben der Mund voll Wasser lauffe. Es muß auch schwer seyn/ daß/ wann es in einen Becher voll Wein oder Wasser geworffen wird/ es zu Boden sincke. Wo aber das Lignum Aloës zuvor gekocht/ und die beste Krafft hinweg genommen worden/ so ist es gar leicht / schwimmet oben und ist die Farbe auch lichter/ wie in des Schurtzen, Marxen und andern Matcrial-Kammern zu sehen. Alle andere Höltzer/ so obige Eigenschafften nicht haben/ und doch unter diesem Nahmen außgegeben werden/ sind zu verwerffen und nicht anzunehmen. Vid. Pomet. citato loco.

§. 4.

Nach Unterscheid dieser Eigenschafften und nachdem das Paradiß-Holtz in grossen Stückern / oder nur in kleinen fragmentis ist/ haben die Materialisten verschiedene Sorten/ nemblich das Feine/ die Mittel-Sorte und Fragmenta, wie in deren Catalogis zu sehen. Das feine ist noch so theuer am Werth/ als die Mittel-Gattung: die Fragmenta aber sind viel wolfeiler/ wovon die Apothecker-Täx zu sehen sind.

§. 5.

Was den Gebrauch und Nutzen dieses Holtzes anlanger/ so stärcket es mit seiner aromatischen Krafft die Lebens-Geister/ in Ohnmachten und andern Schwachheiten/ obwohlen der frische Safft dieses Baums vor gifftig

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0305" n="259"/>
      </div>
      <div>
        <head>§. 1.</head>
        <p>DAs Paradiß-Holtz/ AGALLOCHUM oder LIGNUM ALOES, bestehet aus gewissen Holtz-Spänen/ von       einem Sinesischen Baum/ oder/ wie Hermannus in Msc. vermeynet/ von der Wurtzel dieses Baums      / so Calambac genennet wird. Diese Späne sind dicht/ hart/ schwer und resinos, von       unterschiedlicher Grösse/ an Farbe fast Castanienbraun/ mit schwartzen hartzichten Strichen /       eines scharffen/ aromatischen und bitteren aloëtischen Geschmacks (worvon sie den Nahmen       haben) und so sie angezündet werden/ eines sehr annehmlichen Geruchs. Dieses Holtz wird       sonsten auch Creutz- und Augen-Holtz genennet.</p>
      </div>
      <div>
        <head>§. 2.</head>
        <p>Ob aber solche Späne/ welchen man in den Apothecken diesen Nahmen beyleget/ das wahre und       auffrichtige Paradiß-Holtz seyen/ und ob man dieses bey uns recht ohnverfälscht haben könne?       Wollen einige sehr zweifflen/ theils/ weilen es entweder im Paradiß/ oder doch in hohen       Einöden wachsen soll/ da wegen der grimmigen Löwen/ Tieger- und Panter-Thieren nicht       hinzukommen sey: Theils/ weilen solches in Ost-Indien selbst viel theurer als bey uns ist /       auch bey Lebens-Verlust verbotten seyn soll/ dasselbige herauß zu führen/ wie D. Velschius in       Miscell. Acad. Germ. Cur. Dec. 1. An. 1. p. 293. bezeuget/ und der Herr Rumphius aus Indien an       Herrn D. Menzelium ib. Dec. 2. Annot. 3. obs. 22. pag. 74. geschrieben hat. Allein es lässet       sich diese Schwürigkeit gar wohl heben/ nachdem man in Erfahrung gekommen/ daß dieser Baum       (welcher sonsten den Oliven-Bäumen nicht ungleich/ und eine rorhe Frucht/ wie Kirschen /       tragen soll) dreyerley Holtz an seinem Stam&#x0303; und Wurtzel habe: Das erste/ so gleich       unter der Schale folget/ ist gantz schwartz/ dicht und sehr schwer/ wie schwartz Ebenholtz /       weßwegen es solcher Farb wegen auch von den Portugiesen Pao d' Aquila, oder das Adler-Holtz       genennet wird. Das zweite ist etwas leichter/ voll Adern/ und wie verdorben und brandicht       Holtz anzusehen/ von brauner Farb/ welches sonsten auch das Holtz von Calambouc, oder das       rothe Aloës-Holtz genennet wird. Das dritte ist der mittelste Kern/ oder das kostbare Holtz       von Tambac oder CALAMBAC. Von diesen wird die erste Sorte zuweilen unter dem Nahmen des       Asphalati gefunden/ wie in künfftigem Capitel zu sehen. Die zweyte ist unser Agallochum oder       Xylalcës. Die dritte aber ist so rar/ daß sie dem Gold gleich geschätzet/ auch nirgends/ als       bey hohen Stands-Personen zu finden/ welchen es von den Ost-Indianischen Königen zum Praesent       geschicket wird; gleichwie die Ambassadeurs von Siam (welche zu meiner Zeit/ vor 16. Jahren /       zu Pariß ankamen) unter andern Geschencken dem König Ludov. XIV. auch ein grosses Lavoir mit       seiner Gieß-Kanne von solchem Holtz/ auff Art der Sineser außgearbeiter/ mitgebracht haben /       von welchen sich nachmahlen wegen dieses Gewächses Mons. Pomet selbsten informiren lassen/ wie       in dessen Histoire Generale des Drogues Lib. 3. cap. 1. pag. 104. zu sehen ist.</p>
      </div>
      <div>
        <head>§. 3.</head>
        <p>Muß also dasjenige/ so Calambouc heisset/ oder das mitlere Paradiß-Holtz/ zur Artzney gut       gnug seyn/ und ist die Prob davon/ wann es am Geschmack bitter/ absonderlich/ wann man es       ein Weil im Mund gehalten: auch an der Farb schwärtzlich und ein wenig mit grau vermischet       un&#x0303; voller Adern ist: Muß nicht wurmstichicht/ sondern voll Hartz seyn; wo aber doch       zuzusehen/ ob dieses Hartz irgend mit Fleiß hinein gestecket/ auch etwa ein ander Holtz /       deme die Sinenser mit einer Beitze von rechtem Agallocho den Geruch und Geschmack geben können      / untermischet sey. Vid. Miscell. Acad. Germ. Cur. Dec. 2. Annot. 3. obs. 22. Auff dem Feuer       muß es nicht so balden brennen/ sondern ehe an einigen Orten schmeltzen und ein Gummi       außwerffen/ doch einen sehr guten Geruch/ wie Ambra/ geben/ und wer solchen Rauch zu sich       ziehet/ daß demselben der Mund voll Wasser lauffe. Es muß auch schwer seyn/ daß/ wann es in       einen Becher voll Wein oder Wasser geworffen wird/ es zu Boden sincke. Wo aber das Lignum       Aloës zuvor gekocht/ und die beste Krafft hinweg genommen worden/ so ist es gar leicht /       schwimmet oben und ist die Farbe auch lichter/ wie in des Schurtzen, Marxen und andern       Matcrial-Kammern zu sehen. Alle andere Höltzer/ so obige Eigenschafften nicht haben/ und doch       unter diesem Nahmen außgegeben werden/ sind zu verwerffen und nicht anzunehmen. Vid. Pomet.       citato loco.</p>
      </div>
      <div>
        <head>§. 4.</head>
        <p>Nach Unterscheid dieser Eigenschafften und nachdem das Paradiß-Holtz in grossen Stückern /       oder nur in kleinen fragmentis ist/ haben die Materialisten verschiedene Sorten/ nemblich das       Feine/ die Mittel-Sorte und Fragmenta, wie in deren Catalogis zu sehen. Das feine ist noch so       theuer am Werth/ als die Mittel-Gattung: die Fragmenta aber sind viel wolfeiler/ wovon die       Apothecker-Täx zu sehen sind.</p>
      </div>
      <div>
        <head>§. 5.</head>
        <p>Was den Gebrauch und Nutzen dieses Holtzes anlanger/ so stärcket es mit seiner aromatischen       Krafft die Lebens-Geister/ in Ohnmachten und andern Schwachheiten/ obwohlen der frische Safft       dieses Baums vor gifftig
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[259/0305] §. 1. DAs Paradiß-Holtz/ AGALLOCHUM oder LIGNUM ALOES, bestehet aus gewissen Holtz-Spänen/ von einem Sinesischen Baum/ oder/ wie Hermannus in Msc. vermeynet/ von der Wurtzel dieses Baums / so Calambac genennet wird. Diese Späne sind dicht/ hart/ schwer und resinos, von unterschiedlicher Grösse/ an Farbe fast Castanienbraun/ mit schwartzen hartzichten Strichen / eines scharffen/ aromatischen und bitteren aloëtischen Geschmacks (worvon sie den Nahmen haben) und so sie angezündet werden/ eines sehr annehmlichen Geruchs. Dieses Holtz wird sonsten auch Creutz- und Augen-Holtz genennet. §. 2. Ob aber solche Späne/ welchen man in den Apothecken diesen Nahmen beyleget/ das wahre und auffrichtige Paradiß-Holtz seyen/ und ob man dieses bey uns recht ohnverfälscht haben könne? Wollen einige sehr zweifflen/ theils/ weilen es entweder im Paradiß/ oder doch in hohen Einöden wachsen soll/ da wegen der grimmigen Löwen/ Tieger- und Panter-Thieren nicht hinzukommen sey: Theils/ weilen solches in Ost-Indien selbst viel theurer als bey uns ist / auch bey Lebens-Verlust verbotten seyn soll/ dasselbige herauß zu führen/ wie D. Velschius in Miscell. Acad. Germ. Cur. Dec. 1. An. 1. p. 293. bezeuget/ und der Herr Rumphius aus Indien an Herrn D. Menzelium ib. Dec. 2. Annot. 3. obs. 22. pag. 74. geschrieben hat. Allein es lässet sich diese Schwürigkeit gar wohl heben/ nachdem man in Erfahrung gekommen/ daß dieser Baum (welcher sonsten den Oliven-Bäumen nicht ungleich/ und eine rorhe Frucht/ wie Kirschen / tragen soll) dreyerley Holtz an seinem Stam̃ und Wurtzel habe: Das erste/ so gleich unter der Schale folget/ ist gantz schwartz/ dicht und sehr schwer/ wie schwartz Ebenholtz / weßwegen es solcher Farb wegen auch von den Portugiesen Pao d' Aquila, oder das Adler-Holtz genennet wird. Das zweite ist etwas leichter/ voll Adern/ und wie verdorben und brandicht Holtz anzusehen/ von brauner Farb/ welches sonsten auch das Holtz von Calambouc, oder das rothe Aloës-Holtz genennet wird. Das dritte ist der mittelste Kern/ oder das kostbare Holtz von Tambac oder CALAMBAC. Von diesen wird die erste Sorte zuweilen unter dem Nahmen des Asphalati gefunden/ wie in künfftigem Capitel zu sehen. Die zweyte ist unser Agallochum oder Xylalcës. Die dritte aber ist so rar/ daß sie dem Gold gleich geschätzet/ auch nirgends/ als bey hohen Stands-Personen zu finden/ welchen es von den Ost-Indianischen Königen zum Praesent geschicket wird; gleichwie die Ambassadeurs von Siam (welche zu meiner Zeit/ vor 16. Jahren / zu Pariß ankamen) unter andern Geschencken dem König Ludov. XIV. auch ein grosses Lavoir mit seiner Gieß-Kanne von solchem Holtz/ auff Art der Sineser außgearbeiter/ mitgebracht haben / von welchen sich nachmahlen wegen dieses Gewächses Mons. Pomet selbsten informiren lassen/ wie in dessen Histoire Generale des Drogues Lib. 3. cap. 1. pag. 104. zu sehen ist. §. 3. Muß also dasjenige/ so Calambouc heisset/ oder das mitlere Paradiß-Holtz/ zur Artzney gut gnug seyn/ und ist die Prob davon/ wann es am Geschmack bitter/ absonderlich/ wann man es ein Weil im Mund gehalten: auch an der Farb schwärtzlich und ein wenig mit grau vermischet uñ voller Adern ist: Muß nicht wurmstichicht/ sondern voll Hartz seyn; wo aber doch zuzusehen/ ob dieses Hartz irgend mit Fleiß hinein gestecket/ auch etwa ein ander Holtz / deme die Sinenser mit einer Beitze von rechtem Agallocho den Geruch und Geschmack geben können / untermischet sey. Vid. Miscell. Acad. Germ. Cur. Dec. 2. Annot. 3. obs. 22. Auff dem Feuer muß es nicht so balden brennen/ sondern ehe an einigen Orten schmeltzen und ein Gummi außwerffen/ doch einen sehr guten Geruch/ wie Ambra/ geben/ und wer solchen Rauch zu sich ziehet/ daß demselben der Mund voll Wasser lauffe. Es muß auch schwer seyn/ daß/ wann es in einen Becher voll Wein oder Wasser geworffen wird/ es zu Boden sincke. Wo aber das Lignum Aloës zuvor gekocht/ und die beste Krafft hinweg genommen worden/ so ist es gar leicht / schwimmet oben und ist die Farbe auch lichter/ wie in des Schurtzen, Marxen und andern Matcrial-Kammern zu sehen. Alle andere Höltzer/ so obige Eigenschafften nicht haben/ und doch unter diesem Nahmen außgegeben werden/ sind zu verwerffen und nicht anzunehmen. Vid. Pomet. citato loco. §. 4. Nach Unterscheid dieser Eigenschafften und nachdem das Paradiß-Holtz in grossen Stückern / oder nur in kleinen fragmentis ist/ haben die Materialisten verschiedene Sorten/ nemblich das Feine/ die Mittel-Sorte und Fragmenta, wie in deren Catalogis zu sehen. Das feine ist noch so theuer am Werth/ als die Mittel-Gattung: die Fragmenta aber sind viel wolfeiler/ wovon die Apothecker-Täx zu sehen sind. §. 5. Was den Gebrauch und Nutzen dieses Holtzes anlanger/ so stärcket es mit seiner aromatischen Krafft die Lebens-Geister/ in Ohnmachten und andern Schwachheiten/ obwohlen der frische Safft dieses Baums vor gifftig

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/valentini_museum_1704
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/valentini_museum_1704/305
Zitationshilfe: Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentini_museum_1704/305>, abgerufen am 22.11.2024.