guter Rath. Allein da er nie in Noth gewesen, und blutwenig persönliche Bedürfnisse hegte, so erkannte er die der Andern nur inwiefern sie ihm geklagt wurden. Er ist Jahre lang auf einem vertrauten Fuß mit Leuten umgegangen, denen er wohlwollte, und gern gedient hätte, wenn sie den Muth gehabt, sich über ihre Lage auszusprechen, von der ihm nichts ahnete. Selten sich einer öffentlichen Subscription entzogen und fast immer erkleckliche Beiträge ausgeworfen zu haben, wird er der Ostentation bezüchtigt. Man muß, däucht mich, dem Gemeingeiste seine Schwächen zu gut halten. An sich selbst sparte, ja knauserte er. Das Wohlfeilste war ihm das Liebste. So trank er z. B. schlechten Wein, und war nicht zu bewegen, bessern anzuschaffen. Die paarmal, da in seinen bessern Zeiten ihn die Lust an¬ gewandelt, seine Freunde zu bewirthen, lassen sich an den Fingern abzählen. Dem, der in die Vielseitigkeit des menschlichen Gemüths einzudringen und die Wider¬ sprüche desselben auszugleichen weiß, darf ich es sagen, daß Schlabrendorf, bei aller seiner Freigebigkeit, einen natürlichen Hang zum Geize besaß. Die beträchtlichen Summen, welche er zehn, zwanzig Jahre, und länger, ohne Nutzung in fremden Händen liegen und lieber schwinden ließ, als sie verlieh oder verschenkte, unter¬ stützen meine Behauptung. Bis in sein hohes Alter blieb er, trotz seines Schmutzes, liebenswerth und gefiel den Frauen. Es ist zu bedauern, daß keine ihn ge¬
guter Rath. Allein da er nie in Noth geweſen, und blutwenig perſoͤnliche Beduͤrfniſſe hegte, ſo erkannte er die der Andern nur inwiefern ſie ihm geklagt wurden. Er iſt Jahre lang auf einem vertrauten Fuß mit Leuten umgegangen, denen er wohlwollte, und gern gedient haͤtte, wenn ſie den Muth gehabt, ſich uͤber ihre Lage auszuſprechen, von der ihm nichts ahnete. Selten ſich einer oͤffentlichen Subſcription entzogen und faſt immer erkleckliche Beitraͤge ausgeworfen zu haben, wird er der Oſtentation bezuͤchtigt. Man muß, daͤucht mich, dem Gemeingeiſte ſeine Schwaͤchen zu gut halten. An ſich ſelbſt ſparte, ja knauſerte er. Das Wohlfeilſte war ihm das Liebſte. So trank er z. B. ſchlechten Wein, und war nicht zu bewegen, beſſern anzuſchaffen. Die paarmal, da in ſeinen beſſern Zeiten ihn die Luſt an¬ gewandelt, ſeine Freunde zu bewirthen, laſſen ſich an den Fingern abzaͤhlen. Dem, der in die Vielſeitigkeit des menſchlichen Gemuͤths einzudringen und die Wider¬ ſpruͤche deſſelben auszugleichen weiß, darf ich es ſagen, daß Schlabrendorf, bei aller ſeiner Freigebigkeit, einen natuͤrlichen Hang zum Geize beſaß. Die betraͤchtlichen Summen, welche er zehn, zwanzig Jahre, und laͤnger, ohne Nutzung in fremden Haͤnden liegen und lieber ſchwinden ließ, als ſie verlieh oder verſchenkte, unter¬ ſtuͤtzen meine Behauptung. Bis in ſein hohes Alter blieb er, trotz ſeines Schmutzes, liebenswerth und gefiel den Frauen. Es iſt zu bedauern, daß keine ihn ge¬
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guter Rath. Allein da er nie in Noth geweſen, und
blutwenig perſoͤnliche Beduͤrfniſſe hegte, ſo erkannte er
die der Andern nur inwiefern ſie ihm geklagt wurden.
Er iſt Jahre lang auf einem vertrauten Fuß mit Leuten
umgegangen, denen er wohlwollte, und gern gedient
haͤtte, wenn ſie den Muth gehabt, ſich uͤber ihre Lage
auszuſprechen, von der ihm nichts ahnete. Selten ſich
einer oͤffentlichen Subſcription entzogen und faſt immer
erkleckliche Beitraͤge ausgeworfen zu haben, wird er der
Oſtentation bezuͤchtigt. Man muß, daͤucht mich, dem
Gemeingeiſte ſeine Schwaͤchen zu gut halten. An ſich
ſelbſt ſparte, ja knauſerte er. Das Wohlfeilſte war
ihm das Liebſte. So trank er z. B. ſchlechten Wein,
und war nicht zu bewegen, beſſern anzuſchaffen. Die
paarmal, da in ſeinen beſſern Zeiten ihn die Luſt an¬
gewandelt, ſeine Freunde zu bewirthen, laſſen ſich an
den Fingern abzaͤhlen. Dem, der in die Vielſeitigkeit
des menſchlichen Gemuͤths einzudringen und die Wider¬
ſpruͤche deſſelben auszugleichen weiß, darf ich es ſagen,
daß Schlabrendorf, bei aller ſeiner Freigebigkeit, einen
natuͤrlichen Hang zum Geize beſaß. Die betraͤchtlichen
Summen, welche er zehn, zwanzig Jahre, und laͤnger,
ohne Nutzung in fremden Haͤnden liegen und lieber
ſchwinden ließ, als ſie verlieh oder verſchenkte, unter¬
ſtuͤtzen meine Behauptung. Bis in ſein hohes Alter
blieb er, trotz ſeines Schmutzes, liebenswerth und gefiel
den Frauen. Es iſt zu bedauern, daß keine ihn ge¬
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/180>, abgerufen am 23.11.2024.
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