welche der Kaiser annahm und seiner Gemahlin ein¬ händigte, darauf ihr den Arm gab und sie in das Innere führte, geleitet von dem Botschafter, und gefolgt von nachdringenden dichten Schaaren. Ich sah den Kaiser hier ganz nah, und blickte ihn fest an; zum ersten Male war ich von der Schönheit seiner Gesichts¬ züge getroffen, aber auch von der Macht seines eisernen Aussehens. Seine Miene war streng, unbiegsam, fast böse, sein Blick vor sich hingeworfen, von Freundlichkeit keine Spur, aus diesem Munde konnten jeden Augen¬ blick furchtbare Befehlsworte hervorgehen. Ich suchte diesem Eindrucke, der mich befangen wollte, Trotz zu bieten, und es gelang mir, ihn soweit zu bemeistern, daß ich Gedanken verfolgen konnte, deren sich zu rühmen damals nicht rathsam gewesen wäre.
Unter schmetternden Fanfaren schritt der Kaiser durch die Vorsäle und die erwähnte Galerie bis in den Hauptsaal, wo er einige Minuten verweilte, den Ort und die Menschenmenge mit scharfen Blicken flüchtig überschaute, die dargebotenen Erfrischungen zurückwies, und mit wenigen abgerissenen Worten einige nächst¬ stehende Personen nachlässig anredete. Auf die Ein¬ ladung des Botschafters zu einem Gange durch den Garten, folgte er nebst der Kaiserin dem vortretenden Führer durch das Portal, und die ganze Versammlung zog gedrängt nach. In den kunstreich erleuchteten Gängen und Gebüschen waren an gewählten Punkten
welche der Kaiſer annahm und ſeiner Gemahlin ein¬ haͤndigte, darauf ihr den Arm gab und ſie in das Innere fuͤhrte, geleitet von dem Botſchafter, und gefolgt von nachdringenden dichten Schaaren. Ich ſah den Kaiſer hier ganz nah, und blickte ihn feſt an; zum erſten Male war ich von der Schoͤnheit ſeiner Geſichts¬ zuͤge getroffen, aber auch von der Macht ſeines eiſernen Ausſehens. Seine Miene war ſtreng, unbiegſam, faſt boͤſe, ſein Blick vor ſich hingeworfen, von Freundlichkeit keine Spur, aus dieſem Munde konnten jeden Augen¬ blick furchtbare Befehlsworte hervorgehen. Ich ſuchte dieſem Eindrucke, der mich befangen wollte, Trotz zu bieten, und es gelang mir, ihn ſoweit zu bemeiſtern, daß ich Gedanken verfolgen konnte, deren ſich zu ruͤhmen damals nicht rathſam geweſen waͤre.
Unter ſchmetternden Fanfaren ſchritt der Kaiſer durch die Vorſaͤle und die erwaͤhnte Galerie bis in den Hauptſaal, wo er einige Minuten verweilte, den Ort und die Menſchenmenge mit ſcharfen Blicken fluͤchtig uͤberſchaute, die dargebotenen Erfriſchungen zuruͤckwies, und mit wenigen abgeriſſenen Worten einige naͤchſt¬ ſtehende Perſonen nachlaͤſſig anredete. Auf die Ein¬ ladung des Botſchafters zu einem Gange durch den Garten, folgte er nebſt der Kaiſerin dem vortretenden Fuͤhrer durch das Portal, und die ganze Verſammlung zog gedraͤngt nach. In den kunſtreich erleuchteten Gaͤngen und Gebuͤſchen waren an gewaͤhlten Punkten
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welche der Kaiſer annahm und ſeiner Gemahlin ein¬
haͤndigte, darauf ihr den Arm gab und ſie in das
Innere fuͤhrte, geleitet von dem Botſchafter, und gefolgt
von nachdringenden dichten Schaaren. Ich ſah den
Kaiſer hier ganz nah, und blickte ihn feſt an; zum
erſten Male war ich von der Schoͤnheit ſeiner Geſichts¬
zuͤge getroffen, aber auch von der Macht ſeines eiſernen
Ausſehens. Seine Miene war ſtreng, unbiegſam, faſt
boͤſe, ſein Blick vor ſich hingeworfen, von Freundlichkeit
keine Spur, aus dieſem Munde konnten jeden Augen¬
blick furchtbare Befehlsworte hervorgehen. Ich ſuchte
dieſem Eindrucke, der mich befangen wollte, Trotz zu
bieten, und es gelang mir, ihn ſoweit zu bemeiſtern,
daß ich Gedanken verfolgen konnte, deren ſich zu ruͤhmen
damals nicht rathſam geweſen waͤre.
Unter ſchmetternden Fanfaren ſchritt der Kaiſer
durch die Vorſaͤle und die erwaͤhnte Galerie bis in den
Hauptſaal, wo er einige Minuten verweilte, den Ort
und die Menſchenmenge mit ſcharfen Blicken fluͤchtig
uͤberſchaute, die dargebotenen Erfriſchungen zuruͤckwies,
und mit wenigen abgeriſſenen Worten einige naͤchſt¬
ſtehende Perſonen nachlaͤſſig anredete. Auf die Ein¬
ladung des Botſchafters zu einem Gange durch den
Garten, folgte er nebſt der Kaiſerin dem vortretenden
Fuͤhrer durch das Portal, und die ganze Verſammlung
zog gedraͤngt nach. In den kunſtreich erleuchteten
Gaͤngen und Gebuͤſchen waren an gewaͤhlten Punkten
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/281>, abgerufen am 24.11.2024.
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