stand sicher, daß mir ein anhaltendes allgemeines Glockengeläut, welches aus den kurkölnischen Ortschaften, und besonders, von Neuß her, lange Zeit tagtäglich in regelmäßigen Fristen erschallte, durch sein betrübendes Einerlei, das der Rhein als Leiter nur allzuhell heran¬ führte, zur unleidlichsten Qual wurde, dieses Geläut aber geschah wegen des Ablebens Kaiser Josephs, der am 20. Februar 1790 gestorben war.
Mit dieser stillen Gartenlust wetteiferte bald ein buntes Theilnehmen an lebhafterem Verkehr. Der schöne Hofgarten wurde mit beiden Eltern und der Schwester häufig besucht, ich fing an, den Vater auf vielen seiner Ausgänge zu begleiten, zu städtischen Besuchen, auf das Land zur geselligen Einkehr in nahen Gärten und Dörfern, oder auch zu entfernteren Ortschaften, nach Grafenberg, Benrath, Neuß, Ratingen, Zons, wohin den Vater zum Theil Amtsberuf, zum Theil das Be¬ dürfniß größern Ausflugs führte. Auch in das Theater, welches jeden Herbst in Düsseldorf sich einfand, wurde ich frühzeitig mitgenommen, und habe zwischen Mutter und Schwester, obwohl ich sogar letztere manchmal dar¬ über lächeln sah, bei rührenden Vorgängen, die ich doch nur im Allgemeinen als solche fassen konnte, heiße Thränen geweint.
Was aber inmitten aller dieser Dinge meinen Sinn und ganzes Dasein außerordentlich erhob, und meinem Bewußtsein einen ungewöhnlichen Schwung gab, war
II. 2
ſtand ſicher, daß mir ein anhaltendes allgemeines Glockengelaͤut, welches aus den kurkoͤlniſchen Ortſchaften, und beſonders, von Neuß her, lange Zeit tagtaͤglich in regelmaͤßigen Friſten erſchallte, durch ſein betruͤbendes Einerlei, das der Rhein als Leiter nur allzuhell heran¬ fuͤhrte, zur unleidlichſten Qual wurde, dieſes Gelaͤut aber geſchah wegen des Ablebens Kaiſer Joſephs, der am 20. Februar 1790 geſtorben war.
Mit dieſer ſtillen Gartenluſt wetteiferte bald ein buntes Theilnehmen an lebhafterem Verkehr. Der ſchoͤne Hofgarten wurde mit beiden Eltern und der Schweſter haͤufig beſucht, ich fing an, den Vater auf vielen ſeiner Ausgaͤnge zu begleiten, zu ſtaͤdtiſchen Beſuchen, auf das Land zur geſelligen Einkehr in nahen Gaͤrten und Doͤrfern, oder auch zu entfernteren Ortſchaften, nach Grafenberg, Benrath, Neuß, Ratingen, Zons, wohin den Vater zum Theil Amtsberuf, zum Theil das Be¬ duͤrfniß groͤßern Ausflugs fuͤhrte. Auch in das Theater, welches jeden Herbſt in Duͤſſeldorf ſich einfand, wurde ich fruͤhzeitig mitgenommen, und habe zwiſchen Mutter und Schweſter, obwohl ich ſogar letztere manchmal dar¬ uͤber laͤcheln ſah, bei ruͤhrenden Vorgaͤngen, die ich doch nur im Allgemeinen als ſolche faſſen konnte, heiße Thraͤnen geweint.
Was aber inmitten aller dieſer Dinge meinen Sinn und ganzes Daſein außerordentlich erhob, und meinem Bewußtſein einen ungewoͤhnlichen Schwung gab, war
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[17/0031]
ſtand ſicher, daß mir ein anhaltendes allgemeines
Glockengelaͤut, welches aus den kurkoͤlniſchen Ortſchaften,
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regelmaͤßigen Friſten erſchallte, durch ſein betruͤbendes
Einerlei, das der Rhein als Leiter nur allzuhell heran¬
fuͤhrte, zur unleidlichſten Qual wurde, dieſes Gelaͤut
aber geſchah wegen des Ablebens Kaiſer Joſephs, der
am 20. Februar 1790 geſtorben war.
Mit dieſer ſtillen Gartenluſt wetteiferte bald ein
buntes Theilnehmen an lebhafterem Verkehr. Der ſchoͤne
Hofgarten wurde mit beiden Eltern und der Schweſter
haͤufig beſucht, ich fing an, den Vater auf vielen ſeiner
Ausgaͤnge zu begleiten, zu ſtaͤdtiſchen Beſuchen, auf
das Land zur geſelligen Einkehr in nahen Gaͤrten und
Doͤrfern, oder auch zu entfernteren Ortſchaften, nach
Grafenberg, Benrath, Neuß, Ratingen, Zons, wohin
den Vater zum Theil Amtsberuf, zum Theil das Be¬
duͤrfniß groͤßern Ausflugs fuͤhrte. Auch in das Theater,
welches jeden Herbſt in Duͤſſeldorf ſich einfand, wurde
ich fruͤhzeitig mitgenommen, und habe zwiſchen Mutter
und Schweſter, obwohl ich ſogar letztere manchmal dar¬
uͤber laͤcheln ſah, bei ruͤhrenden Vorgaͤngen, die ich
doch nur im Allgemeinen als ſolche faſſen konnte, heiße
Thraͤnen geweint.
Was aber inmitten aller dieſer Dinge meinen Sinn
und ganzes Daſein außerordentlich erhob, und meinem
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/31>, abgerufen am 23.11.2024.
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