fand unter diesen wunderbaren Wesen meine Lieblinge leicht heraus, und konnte mich besonders an einer Ma¬ dame Lange gar nicht satt sehen. Ich hatte für sie ein so eignes und starkes Gefühl, daß ich dem Bedürfnisse, davon zu reden, nachgeben mußte, ich zog meinen Va¬ ter abseits, und vertraute ihm so bewegt als verschämt, daß ich in diese Dame verliebt sei. Schon sein Lachen über die Eröffnung machte mich betroffen, nichts aber glich meiner Bestürzung und meinem Aerger, als er, der Gesellschaft mich wieder zuführend, der Dame vor dem ganzen Kreise nun laut mittheilte, welche Erobe¬ rung sie gemacht, und ich darauf mich den Gegenstand vielfachen Scherzes werden sah. Ich war empört über diesen Mißbrauch meiner Zutraulichkeit, und verdachte meinem Vater um so mehr sein gegen mich begangenes Unrecht, als mir auch höchst empfindlich auffiel, daß die schöne Frau durch jene Entdeckung zu keiner weitern Aufmerksamkeit für den Knaben veranlaßt wurde; hätte sie mich wenigstens an sich gezogen, mir geliebkost und mich geküßt, wie ich es nun fast erwartete, so hätte ich mir den Erfolg der Sache noch gefallen lassen, die mir jetzt, da sie durch Gleichgültigkeit von der einen und Scherz von der andern Seite nur verwundend für mich war, den Rest des Tages verdarb. Ich hatte nun schnell und gründlich gelernt, daß es Regungen gebe, die man, um sicher zu sein, ganz für sich bewah¬ ren und gegen niemand äußern müsse. Die Erfahrung
fand unter dieſen wunderbaren Weſen meine Lieblinge leicht heraus, und konnte mich beſonders an einer Ma¬ dame Lange gar nicht ſatt ſehen. Ich hatte fuͤr ſie ein ſo eignes und ſtarkes Gefuͤhl, daß ich dem Beduͤrfniſſe, davon zu reden, nachgeben mußte, ich zog meinen Va¬ ter abſeits, und vertraute ihm ſo bewegt als verſchaͤmt, daß ich in dieſe Dame verliebt ſei. Schon ſein Lachen uͤber die Eroͤffnung machte mich betroffen, nichts aber glich meiner Beſtuͤrzung und meinem Aerger, als er, der Geſellſchaft mich wieder zufuͤhrend, der Dame vor dem ganzen Kreiſe nun laut mittheilte, welche Erobe¬ rung ſie gemacht, und ich darauf mich den Gegenſtand vielfachen Scherzes werden ſah. Ich war empoͤrt uͤber dieſen Mißbrauch meiner Zutraulichkeit, und verdachte meinem Vater um ſo mehr ſein gegen mich begangenes Unrecht, als mir auch hoͤchſt empfindlich auffiel, daß die ſchoͤne Frau durch jene Entdeckung zu keiner weitern Aufmerkſamkeit fuͤr den Knaben veranlaßt wurde; haͤtte ſie mich wenigſtens an ſich gezogen, mir geliebkoſt und mich gekuͤßt, wie ich es nun faſt erwartete, ſo haͤtte ich mir den Erfolg der Sache noch gefallen laſſen, die mir jetzt, da ſie durch Gleichguͤltigkeit von der einen und Scherz von der andern Seite nur verwundend fuͤr mich war, den Reſt des Tages verdarb. Ich hatte nun ſchnell und gruͤndlich gelernt, daß es Regungen gebe, die man, um ſicher zu ſein, ganz fuͤr ſich bewah¬ ren und gegen niemand aͤußern muͤſſe. Die Erfahrung
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fand unter dieſen wunderbaren Weſen meine Lieblinge
leicht heraus, und konnte mich beſonders an einer Ma¬
dame Lange gar nicht ſatt ſehen. Ich hatte fuͤr ſie ein
ſo eignes und ſtarkes Gefuͤhl, daß ich dem Beduͤrfniſſe,
davon zu reden, nachgeben mußte, ich zog meinen Va¬
ter abſeits, und vertraute ihm ſo bewegt als verſchaͤmt,
daß ich in dieſe Dame verliebt ſei. Schon ſein Lachen
uͤber die Eroͤffnung machte mich betroffen, nichts aber
glich meiner Beſtuͤrzung und meinem Aerger, als er,
der Geſellſchaft mich wieder zufuͤhrend, der Dame vor
dem ganzen Kreiſe nun laut mittheilte, welche Erobe¬
rung ſie gemacht, und ich darauf mich den Gegenſtand
vielfachen Scherzes werden ſah. Ich war empoͤrt uͤber
dieſen Mißbrauch meiner Zutraulichkeit, und verdachte
meinem Vater um ſo mehr ſein gegen mich begangenes
Unrecht, als mir auch hoͤchſt empfindlich auffiel, daß
die ſchoͤne Frau durch jene Entdeckung zu keiner weitern
Aufmerkſamkeit fuͤr den Knaben veranlaßt wurde; haͤtte
ſie mich wenigſtens an ſich gezogen, mir geliebkoſt und
mich gekuͤßt, wie ich es nun faſt erwartete, ſo haͤtte
ich mir den Erfolg der Sache noch gefallen laſſen, die
mir jetzt, da ſie durch Gleichguͤltigkeit von der einen
und Scherz von der andern Seite nur verwundend fuͤr
mich war, den Reſt des Tages verdarb. Ich hatte
nun ſchnell und gruͤndlich gelernt, daß es Regungen
gebe, die man, um ſicher zu ſein, ganz fuͤr ſich bewah¬
ren und gegen niemand aͤußern muͤſſe. Die Erfahrung
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/34>, abgerufen am 03.12.2024.
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