geboren 1797 zu Mühlhausen, Sohn eines trefflichen Predigers, dessen Ernst und Redlichkeit er mit wahrer Pietät rühmt, erzählt seine im Elternhause und auf der Schule verlebte Kindheit und Jugend mit allen den kleinen, aber dem inneren Menschen wichtigen Zügen und Begebenheiten, welche die ersten Lebenserfahrungen bilden und hierdurch den Karakter begründen helfen. Im Jahre 1815 wird er, dem Rufe des Königs fol¬ gend, was ihm in den früheren Kriegsjahren bei seiner großen Jugend der Wille des Vaters versagt hatte, preußischer Jäger, macht die Schlacht von Ligny mit, wird verwundet und kehrt, nach mannigfachem ferneren Wechsel des Kriegslebens, endlich in das älterliche Haus zurück. Nun bezieht er die Universität, zuerst Halle, dann Jena, und auch hier dringt das allgemeine Leben der Zeit noch mächtig genug auf ihn ein. Das theologische Studium führt ihn sodann ruhig den vor¬ gezeichneten Weg, er wird Kandidat und hierauf Pre¬ diger in dem Kreise des lieben Heimathlandes. Seinem Berufe mit pflichtmäßiger Treue und Thätigkeit folgend, bleibt er rastlos bemüht, auch die weltlichen Verhält¬ nisse überall aufmerksam zu betrachten und, so viel er vermag, zum Guten hinzulenken. Sein Wirken erwei¬ tert sich fruchtbar, die in ihm durch die erlebten Er¬ eignisse geweckten Geistes- und Gemüthskräfte finden des Stoffes genug in der nächsten Umgebung, den Sinn und die That eines tüchtigen, wohlgesinnten, seinem
geboren 1797 zu Muͤhlhauſen, Sohn eines trefflichen Predigers, deſſen Ernſt und Redlichkeit er mit wahrer Pietaͤt ruͤhmt, erzaͤhlt ſeine im Elternhauſe und auf der Schule verlebte Kindheit und Jugend mit allen den kleinen, aber dem inneren Menſchen wichtigen Zuͤgen und Begebenheiten, welche die erſten Lebenserfahrungen bilden und hierdurch den Karakter begruͤnden helfen. Im Jahre 1815 wird er, dem Rufe des Koͤnigs fol¬ gend, was ihm in den fruͤheren Kriegsjahren bei ſeiner großen Jugend der Wille des Vaters verſagt hatte, preußiſcher Jaͤger, macht die Schlacht von Ligny mit, wird verwundet und kehrt, nach mannigfachem ferneren Wechſel des Kriegslebens, endlich in das aͤlterliche Haus zuruͤck. Nun bezieht er die Univerſitaͤt, zuerſt Halle, dann Jena, und auch hier dringt das allgemeine Leben der Zeit noch maͤchtig genug auf ihn ein. Das theologiſche Studium fuͤhrt ihn ſodann ruhig den vor¬ gezeichneten Weg, er wird Kandidat und hierauf Pre¬ diger in dem Kreiſe des lieben Heimathlandes. Seinem Berufe mit pflichtmaͤßiger Treue und Thaͤtigkeit folgend, bleibt er raſtlos bemuͤht, auch die weltlichen Verhaͤlt¬ niſſe uͤberall aufmerkſam zu betrachten und, ſo viel er vermag, zum Guten hinzulenken. Sein Wirken erwei¬ tert ſich fruchtbar, die in ihm durch die erlebten Er¬ eigniſſe geweckten Geiſtes- und Gemuͤthskraͤfte finden des Stoffes genug in der naͤchſten Umgebung, den Sinn und die That eines tuͤchtigen, wohlgeſinnten, ſeinem
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geboren 1797 zu Muͤhlhauſen, Sohn eines trefflichen
Predigers, deſſen Ernſt und Redlichkeit er mit wahrer
Pietaͤt ruͤhmt, erzaͤhlt ſeine im Elternhauſe und auf der
Schule verlebte Kindheit und Jugend mit allen den
kleinen, aber dem inneren Menſchen wichtigen Zuͤgen
und Begebenheiten, welche die erſten Lebenserfahrungen
bilden und hierdurch den Karakter begruͤnden helfen.
Im Jahre 1815 wird er, dem Rufe des Koͤnigs fol¬
gend, was ihm in den fruͤheren Kriegsjahren bei ſeiner
großen Jugend der Wille des Vaters verſagt hatte,
preußiſcher Jaͤger, macht die Schlacht von Ligny mit,
wird verwundet und kehrt, nach mannigfachem ferneren
Wechſel des Kriegslebens, endlich in das aͤlterliche
Haus zuruͤck. Nun bezieht er die Univerſitaͤt, zuerſt
Halle, dann Jena, und auch hier dringt das allgemeine
Leben der Zeit noch maͤchtig genug auf ihn ein. Das
theologiſche Studium fuͤhrt ihn ſodann ruhig den vor¬
gezeichneten Weg, er wird Kandidat und hierauf Pre¬
diger in dem Kreiſe des lieben Heimathlandes. Seinem
Berufe mit pflichtmaͤßiger Treue und Thaͤtigkeit folgend,
bleibt er raſtlos bemuͤht, auch die weltlichen Verhaͤlt¬
niſſe uͤberall aufmerkſam zu betrachten und, ſo viel er
vermag, zum Guten hinzulenken. Sein Wirken erwei¬
tert ſich fruchtbar, die in ihm durch die erlebten Er¬
eigniſſe geweckten Geiſtes- und Gemuͤthskraͤfte finden
des Stoffes genug in der naͤchſten Umgebung, den Sinn
und die That eines tuͤchtigen, wohlgeſinnten, ſeinem
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/394>, abgerufen am 23.11.2024.
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