rahrufen, das in der bei jedem Schritt zahlreicher ver¬ sammelten Volksmenge wiederhallte. Eine Ehrengarde zu Pferde stand an dem sogenannten Letzten-Heller, wo der Nebenweg, den die russischen Truppen von Ber¬ gedorf herkamen, wieder in die durch das dänische Gebiet abgeschnittene Hauptstraße fällt, in Parade auf¬ marschirt, und setzte sich an die Spitze des voranrei¬ tenden Zuges, dem sich weiterhin die Schützengilde anschloß. Gärten, Landhäuser und Alleen, die sich weit vor die Stadt hinaus erstrecken, waren von einer un¬ geheuern Menge Menschen besetzt, ein unabsehbares Gewimmel breitete sich, wohin die Augen blickten, ver¬ wirrend aus. Immer neue Wogen von Hurrah und Lebehoch kamen dem annähernden Zuge entgegen, wäh¬ rend zu beiden Seiten und weit im Rücken das Ge¬ schrei mit Heftigkeit fortdauerte. Zwischendurch vernahm man den Gesang der Kosaken, die ihre vaterländischen Lieder angestimmt hatten. Vor dem Thore empfing Tettenborn von den Abgeordneten des Raths und der Bürgerschaft die Schlüssel der Stadt. Im Thore selbst bekränzten ihn weißgekleidete Mädchen mit Blumen, indem sie ihn als Retter und Befreier willkommen hießen, unter lautem Beifallrufen des Volks. Jetzt stieg der Jubel und die Begeisterung auf den höchsten Gipfel. Das Gedränge in der Stadt nahm überhand. Die Fülle der Menschen war nur Eine große Fluth, die, wie ein langsamer Strom in seinen Ufern, durch
rahrufen, das in der bei jedem Schritt zahlreicher ver¬ ſammelten Volksmenge wiederhallte. Eine Ehrengarde zu Pferde ſtand an dem ſogenannten Letzten-Heller, wo der Nebenweg, den die ruſſiſchen Truppen von Ber¬ gedorf herkamen, wieder in die durch das daͤniſche Gebiet abgeſchnittene Hauptſtraße faͤllt, in Parade auf¬ marſchirt, und ſetzte ſich an die Spitze des voranrei¬ tenden Zuges, dem ſich weiterhin die Schuͤtzengilde anſchloß. Gaͤrten, Landhaͤuſer und Alleen, die ſich weit vor die Stadt hinaus erſtrecken, waren von einer un¬ geheuern Menge Menſchen beſetzt, ein unabſehbares Gewimmel breitete ſich, wohin die Augen blickten, ver¬ wirrend aus. Immer neue Wogen von Hurrah und Lebehoch kamen dem annaͤhernden Zuge entgegen, waͤh¬ rend zu beiden Seiten und weit im Ruͤcken das Ge¬ ſchrei mit Heftigkeit fortdauerte. Zwiſchendurch vernahm man den Geſang der Koſaken, die ihre vaterlaͤndiſchen Lieder angeſtimmt hatten. Vor dem Thore empfing Tettenborn von den Abgeordneten des Raths und der Buͤrgerſchaft die Schluͤſſel der Stadt. Im Thore ſelbſt bekraͤnzten ihn weißgekleidete Maͤdchen mit Blumen, indem ſie ihn als Retter und Befreier willkommen hießen, unter lautem Beifallrufen des Volks. Jetzt ſtieg der Jubel und die Begeiſterung auf den hoͤchſten Gipfel. Das Gedraͤnge in der Stadt nahm uͤberhand. Die Fuͤlle der Menſchen war nur Eine große Fluth, die, wie ein langſamer Strom in ſeinen Ufern, durch
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rahrufen, das in der bei jedem Schritt zahlreicher ver¬
ſammelten Volksmenge wiederhallte. Eine Ehrengarde
zu Pferde ſtand an dem ſogenannten Letzten-Heller, wo
der Nebenweg, den die ruſſiſchen Truppen von Ber¬
gedorf herkamen, wieder in die durch das daͤniſche
Gebiet abgeſchnittene Hauptſtraße faͤllt, in Parade auf¬
marſchirt, und ſetzte ſich an die Spitze des voranrei¬
tenden Zuges, dem ſich weiterhin die Schuͤtzengilde
anſchloß. Gaͤrten, Landhaͤuſer und Alleen, die ſich weit
vor die Stadt hinaus erſtrecken, waren von einer un¬
geheuern Menge Menſchen beſetzt, ein unabſehbares
Gewimmel breitete ſich, wohin die Augen blickten, ver¬
wirrend aus. Immer neue Wogen von Hurrah und
Lebehoch kamen dem annaͤhernden Zuge entgegen, waͤh¬
rend zu beiden Seiten und weit im Ruͤcken das Ge¬
ſchrei mit Heftigkeit fortdauerte. Zwiſchendurch vernahm
man den Geſang der Koſaken, die ihre vaterlaͤndiſchen
Lieder angeſtimmt hatten. Vor dem Thore empfing
Tettenborn von den Abgeordneten des Raths und der
Buͤrgerſchaft die Schluͤſſel der Stadt. Im Thore ſelbſt
bekraͤnzten ihn weißgekleidete Maͤdchen mit Blumen,
indem ſie ihn als Retter und Befreier willkommen
hießen, unter lautem Beifallrufen des Volks. Jetzt
ſtieg der Jubel und die Begeiſterung auf den hoͤchſten
Gipfel. Das Gedraͤnge in der Stadt nahm uͤberhand.
Die Fuͤlle der Menſchen war nur Eine große Fluth,
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/275>, abgerufen am 24.11.2024.
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