Erwägungen geleitet, und besonders auch durch die mit Oesterreich angeknüpften Verhandlungen bewogen, unter sich den Grundsatz festgestellt, daß in Deutschland fernerhin keine Aufstände und Volksbewegungen ange¬ stiftet, sondern der Eifer und die Kraft der Völker nur nach Maßgabe des Vorrückens der Heere unter der Obhut geregelter Verwaltung benutzt werden soll¬ ten, weßhalb denn auch in den Ländern, welche im Rücken der französischen Heere oft ganz von Truppen entblößt nur eines Anstoßes zum Ergreifen der Waffen bedurften, ein solcher nicht versucht, sondern im Gegen¬ theil die schon entzündeten Flammen eher gedämpft wurden. Aber dieses öffentlich auszusprechen, wäre kaum thunlich gewesen, besonders da für die Franzosen die Volksaufstände das größte Schreckbild blieben, und Hamburg großentheils durch dies nur sich noch erhielt. Nur selten im Falle, den Hamburgern sichre und tröst¬ liche Nachrichten mitzutheilen, nicht befugt, ihren Eifer noch heftiger anzufachen, und nicht willens ihn zu täu¬ schen, sah auch Tettenborn sich genöthigt, in dieser Zeit, wo man Aufrufe und Bekanntmachungen am meisten erwartete, mit solchen keineswegs freigebig zu sein. Wir weisen auf diese Umstände hin, weil Unkun¬ dige ihm jene Unterlassung zum Vorwurf gemacht haben.
In dieser Lage der Dinge wurde die Stadt plötz¬ lich durch die Nachricht erschreckt, daß der Feind auf Wilhelmsburg gelandet sei, und indem er die flüchti¬
III.22
Erwaͤgungen geleitet, und beſonders auch durch die mit Oeſterreich angeknuͤpften Verhandlungen bewogen, unter ſich den Grundſatz feſtgeſtellt, daß in Deutſchland fernerhin keine Aufſtaͤnde und Volksbewegungen ange¬ ſtiftet, ſondern der Eifer und die Kraft der Voͤlker nur nach Maßgabe des Vorruͤckens der Heere unter der Obhut geregelter Verwaltung benutzt werden ſoll¬ ten, weßhalb denn auch in den Laͤndern, welche im Ruͤcken der franzoͤſiſchen Heere oft ganz von Truppen entbloͤßt nur eines Anſtoßes zum Ergreifen der Waffen bedurften, ein ſolcher nicht verſucht, ſondern im Gegen¬ theil die ſchon entzuͤndeten Flammen eher gedaͤmpft wurden. Aber dieſes oͤffentlich auszuſprechen, waͤre kaum thunlich geweſen, beſonders da fuͤr die Franzoſen die Volksaufſtaͤnde das groͤßte Schreckbild blieben, und Hamburg großentheils durch dies nur ſich noch erhielt. Nur ſelten im Falle, den Hamburgern ſichre und troͤſt¬ liche Nachrichten mitzutheilen, nicht befugt, ihren Eifer noch heftiger anzufachen, und nicht willens ihn zu taͤu¬ ſchen, ſah auch Tettenborn ſich genoͤthigt, in dieſer Zeit, wo man Aufrufe und Bekanntmachungen am meiſten erwartete, mit ſolchen keineswegs freigebig zu ſein. Wir weiſen auf dieſe Umſtaͤnde hin, weil Unkun¬ dige ihm jene Unterlaſſung zum Vorwurf gemacht haben.
In dieſer Lage der Dinge wurde die Stadt ploͤtz¬ lich durch die Nachricht erſchreckt, daß der Feind auf Wilhelmsburg gelandet ſei, und indem er die fluͤchti¬
III.22
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Erwaͤgungen geleitet, und beſonders auch durch die
mit Oeſterreich angeknuͤpften Verhandlungen bewogen,
unter ſich den Grundſatz feſtgeſtellt, daß in Deutſchland
fernerhin keine Aufſtaͤnde und Volksbewegungen ange¬
ſtiftet, ſondern der Eifer und die Kraft der Voͤlker
nur nach Maßgabe des Vorruͤckens der Heere unter
der Obhut geregelter Verwaltung benutzt werden ſoll¬
ten, weßhalb denn auch in den Laͤndern, welche im
Ruͤcken der franzoͤſiſchen Heere oft ganz von Truppen
entbloͤßt nur eines Anſtoßes zum Ergreifen der Waffen
bedurften, ein ſolcher nicht verſucht, ſondern im Gegen¬
theil die ſchon entzuͤndeten Flammen eher gedaͤmpft
wurden. Aber dieſes oͤffentlich auszuſprechen, waͤre
kaum thunlich geweſen, beſonders da fuͤr die Franzoſen
die Volksaufſtaͤnde das groͤßte Schreckbild blieben, und
Hamburg großentheils durch dies nur ſich noch erhielt.
Nur ſelten im Falle, den Hamburgern ſichre und troͤſt¬
liche Nachrichten mitzutheilen, nicht befugt, ihren Eifer
noch heftiger anzufachen, und nicht willens ihn zu taͤu¬
ſchen, ſah auch Tettenborn ſich genoͤthigt, in dieſer
Zeit, wo man Aufrufe und Bekanntmachungen am
meiſten erwartete, mit ſolchen keineswegs freigebig zu
ſein. Wir weiſen auf dieſe Umſtaͤnde hin, weil Unkun¬
dige ihm jene Unterlaſſung zum Vorwurf gemacht haben.
In dieſer Lage der Dinge wurde die Stadt ploͤtz¬
lich durch die Nachricht erſchreckt, daß der Feind auf
Wilhelmsburg gelandet ſei, und indem er die fluͤchti¬
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/349>, abgerufen am 25.11.2024.
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