drängen: lange me[r]kt's der entgegengesetzte Winkel nicht, sieht zu; am Ende hebt und drängt sich's doch dort auch. So geht's jetzt in Deutschland. Wer weiß, wie's noch Allen geht! Wenn auch eine Konsequenz in diesem Gedränge zu finden sein mag; Menschen-Pläne sind's doch lange nicht mehr. Und die Ausreden der anscheinend Gewalthabenden kann ich auch nicht leiden. Den Brief an Bürger Schimmelpennink werd' ich wohl nicht abgeben: er wohnt schon auf dem Lande; sie sind sehr elegant: und ich bin weniger als je geneigt, mir eine Ehre anthun zu lassen; denn so ist ja noch die Welt, daß nur ein äußerer und kein innerer Karakter schützt vor angethaner Ehre. Hab' ich aber eine Gelegenheit, so geh' ich doch aus Ehrerbietung für den citoyen Asser hin. Der Brief ist immer gut, und ich danke! und sag' es für ähn- liche Fälle, daß es gut ist: die Wahl zu haben ist immer schön. Ist der Bruder Schimmelpennink nur ein halber Mensch, so sag's ihm gradezu. Mach dir das Vergnügen. Erkennst du, welche Leidenschaft in meiner Brust herrscht; welche es ist? Rose, ich danke. Dein Logis macht mich sehr traurig, denn welche Lücken setzt das noch außer seiner eige- nen Schlechtigkeit voraus. Was muß man für Wähne im Kopfe haben, und für eine Art von Lebensart, um zu den- ken, man kann das einer Wohlerzognen anbieten. Ich weiß auch, du wirst dir mit und durch Karl alles ändern. Aber wozu kämpfen. Doch bist du übertrieben glücklich! -- und du siehst ein, ich -- muß viele Zimmer haben, um mein Sorgen-Haupt zu placiren, et pour promener mon coeur foule. "Un coeur est comme un pied," sagt Walter. Wer-
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drängen: lange me[r]kt’s der entgegengeſetzte Winkel nicht, ſieht zu; am Ende hebt und drängt ſich’s doch dort auch. So geht’s jetzt in Deutſchland. Wer weiß, wie’s noch Allen geht! Wenn auch eine Konſequenz in dieſem Gedränge zu finden ſein mag; Menſchen-Pläne ſind’s doch lange nicht mehr. Und die Ausreden der anſcheinend Gewalthabenden kann ich auch nicht leiden. Den Brief an Bürger Schimmelpennink werd’ ich wohl nicht abgeben: er wohnt ſchon auf dem Lande; ſie ſind ſehr elegant: und ich bin weniger als je geneigt, mir eine Ehre anthun zu laſſen; denn ſo iſt ja noch die Welt, daß nur ein äußerer und kein innerer Karakter ſchützt vor angethaner Ehre. Hab’ ich aber eine Gelegenheit, ſo geh’ ich doch aus Ehrerbietung für den citoyen Aſſer hin. Der Brief iſt immer gut, und ich danke! und ſag’ es für ähn- liche Fälle, daß es gut iſt: die Wahl zu haben iſt immer ſchön. Iſt der Bruder Schimmelpennink nur ein halber Menſch, ſo ſag’s ihm gradezu. Mach dir das Vergnügen. Erkennſt du, welche Leidenſchaft in meiner Bruſt herrſcht; welche es iſt? Roſe, ich danke. Dein Logis macht mich ſehr traurig, denn welche Lücken ſetzt das noch außer ſeiner eige- nen Schlechtigkeit voraus. Was muß man für Wähne im Kopfe haben, und für eine Art von Lebensart, um zu den- ken, man kann das einer Wohlerzognen anbieten. Ich weiß auch, du wirſt dir mit und durch Karl alles ändern. Aber wozu kämpfen. Doch biſt du übertrieben glücklich! — und du ſiehſt ein, ich — muß viele Zimmer haben, um mein Sorgen-Haupt zu placiren, et pour promener mon coeur foulé. „Un coeur est comme un pied,“ ſagt Walter. Wer-
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drängen: lange merkt’s der entgegengeſetzte Winkel nicht, ſieht
zu; am Ende hebt und drängt ſich’s doch dort auch. So
geht’s jetzt in Deutſchland. Wer weiß, wie’s noch Allen geht!
Wenn auch eine Konſequenz in dieſem Gedränge zu finden
ſein mag; Menſchen-Pläne ſind’s doch lange nicht mehr. Und
die Ausreden der anſcheinend Gewalthabenden kann ich auch
nicht leiden. Den Brief an Bürger Schimmelpennink werd’
ich wohl nicht abgeben: er wohnt ſchon auf dem Lande; ſie
ſind ſehr elegant: und ich bin weniger als je geneigt, mir
eine Ehre anthun zu laſſen; denn ſo iſt ja noch die Welt,
daß nur ein äußerer und kein innerer Karakter ſchützt vor
angethaner Ehre. Hab’ ich aber eine Gelegenheit, ſo
geh’ ich doch aus Ehrerbietung für den citoyen Aſſer hin.
Der Brief iſt immer gut, und ich danke! und ſag’ es für ähn-
liche Fälle, daß es gut iſt: die Wahl zu haben iſt immer
ſchön. Iſt der Bruder Schimmelpennink nur ein halber
Menſch, ſo ſag’s ihm gradezu. Mach dir das Vergnügen.
Erkennſt du, welche Leidenſchaft in meiner Bruſt herrſcht;
welche es iſt? Roſe, ich danke. Dein Logis macht mich ſehr
traurig, denn welche Lücken ſetzt das noch außer ſeiner eige-
nen Schlechtigkeit voraus. Was muß man für Wähne im
Kopfe haben, und für eine Art von Lebensart, um zu den-
ken, man kann das einer Wohlerzognen anbieten. Ich weiß
auch, du wirſt dir mit und durch Karl alles ändern. Aber
wozu kämpfen. Doch biſt du übertrieben glücklich! —
und du ſiehſt ein, ich — muß viele Zimmer haben, um mein
Sorgen-Haupt zu placiren, et pour promener mon coeur
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/257>, abgerufen am 23.12.2024.
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