keit. Nun aber setzt' ich mich hin, und schrieb Louis einen großen Brief, worin ich ihn bat sich zu erinnren, daß ich nie mit ihm von Goethe gesprochen hätte, nie ihm gesagt, er soll etwas von ihm lesen; jetzt aber möcht' er es thun, und nicht Einzelnes um Goethens Werke kennen zu lernen, sondern alles von ihm um Goethe kennen zu lernen, aus ihrem Zusammen- hang. Jetzt sei er's werth, denn jetzt liebe er etc. Er hatte mir erzählt: wie er sonst gar sich nicht hätte zu lieben unter- standen, wenn es nicht eine berühmte Elegante war; wie er war, wie französische Koterien und Familien sind. Eine Menge! Mündlich.
Sie Glücklicher. Ein Kind, eine Familie, eine Muse, Muße, ein schönes Feenbild, alles haben Sie! Ich -- bin ziemlich herunter. Wozu leb' ich wohl. Gott weiß es wohl: doch fühl' ich es nicht. Ich bin nichts, thu nichts, erfreu nie- mand mehr; und mich auch nicht. Und will ich ein Narr werden, so will ich's aus alter Gewohnheit nicht leiden. Eine Dummheit. Labsal ist Narrheit, für arme Leute, sollen die ihr Stück Welt sehen wie es ist?
Für Ihr Kind möcht' ich die Bibel, wie Rousseau für alle, Lafontaine's Fablen, verbieten. Welche Reife gehört dazu, dieses Buch nach der neusten Mode -- nach der neusten, oder nach der neusten; wie Sie wollen -- zu verstehen! Es muß es für ein Buch von Geschichten halten. An die Anfänge der Dinge, mein' ich, sollen wir nicht Kinder, sondern sie uns er- innren. Sie meinen das auch; und es ist Lohn, für die Kleine solche Geschichten zu lesen.
Gerne käm' ich nach Nennhausen! bin ich aber nicht furcht-
keit. Nun aber ſetzt’ ich mich hin, und ſchrieb Louis einen großen Brief, worin ich ihn bat ſich zu erinnren, daß ich nie mit ihm von Goethe geſprochen hätte, nie ihm geſagt, er ſoll etwas von ihm leſen; jetzt aber möcht’ er es thun, und nicht Einzelnes um Goethens Werke kennen zu lernen, ſondern alles von ihm um Goethe kennen zu lernen, aus ihrem Zuſammen- hang. Jetzt ſei er’s werth, denn jetzt liebe er ꝛc. Er hatte mir erzählt: wie er ſonſt gar ſich nicht hätte zu lieben unter- ſtanden, wenn es nicht eine berühmte Elegante war; wie er war, wie franzöſiſche Koterien und Familien ſind. Eine Menge! Mündlich.
Sie Glücklicher. Ein Kind, eine Familie, eine Muſe, Muße, ein ſchönes Feenbild, alles haben Sie! Ich — bin ziemlich herunter. Wozu leb’ ich wohl. Gott weiß es wohl: doch fühl’ ich es nicht. Ich bin nichts, thu nichts, erfreu nie- mand mehr; und mich auch nicht. Und will ich ein Narr werden, ſo will ich’s aus alter Gewohnheit nicht leiden. Eine Dummheit. Labſal iſt Narrheit, für arme Leute, ſollen die ihr Stück Welt ſehen wie es iſt?
Für Ihr Kind möcht’ ich die Bibel, wie Rouſſeau für alle, Lafontaine’s Fablen, verbieten. Welche Reife gehört dazu, dieſes Buch nach der neuſten Mode — nach der neuſten, oder nach der neuſten; wie Sie wollen — zu verſtehen! Es muß es für ein Buch von Geſchichten halten. An die Anfänge der Dinge, mein’ ich, ſollen wir nicht Kinder, ſondern ſie uns er- innren. Sie meinen das auch; und es iſt Lohn, für die Kleine ſolche Geſchichten zu leſen.
Gerne käm’ ich nach Nennhauſen! bin ich aber nicht furcht-
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keit. Nun aber ſetzt’ ich mich hin, und ſchrieb Louis einen
großen Brief, worin ich ihn bat ſich zu erinnren, daß ich nie
mit ihm von Goethe geſprochen hätte, nie ihm geſagt, er ſoll
etwas von ihm leſen; jetzt aber möcht’ er es thun, und nicht
Einzelnes um Goethens Werke kennen zu lernen, ſondern alles
von ihm um Goethe kennen zu lernen, aus ihrem Zuſammen-
hang. Jetzt ſei er’s werth, denn jetzt liebe er ꝛc. Er hatte
mir erzählt: wie er ſonſt gar ſich nicht hätte zu lieben unter-
ſtanden, wenn es nicht eine berühmte Elegante war; wie er
war, wie franzöſiſche Koterien und Familien ſind. Eine Menge!
Mündlich.
Sie Glücklicher. Ein Kind, eine Familie, eine Muſe,
Muße, ein ſchönes Feenbild, alles haben Sie! Ich — bin
ziemlich herunter. Wozu leb’ ich wohl. Gott weiß es wohl:
doch fühl’ ich es nicht. Ich bin nichts, thu nichts, erfreu nie-
mand mehr; und mich auch nicht. Und will ich ein Narr
werden, ſo will ich’s aus alter Gewohnheit nicht leiden. Eine
Dummheit. Labſal iſt Narrheit, für arme Leute, ſollen die
ihr Stück Welt ſehen wie es iſt?
Für Ihr Kind möcht’ ich die Bibel, wie Rouſſeau für alle,
Lafontaine’s Fablen, verbieten. Welche Reife gehört dazu,
dieſes Buch nach der neuſten Mode — nach der neuſten, oder
nach der neuſten; wie Sie wollen — zu verſtehen! Es muß
es für ein Buch von Geſchichten halten. An die Anfänge der
Dinge, mein’ ich, ſollen wir nicht Kinder, ſondern ſie uns er-
innren. Sie meinen das auch; und es iſt Lohn, für die
Kleine ſolche Geſchichten zu leſen.
Gerne käm’ ich nach Nennhauſen! bin ich aber nicht furcht-
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 559. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/573>, abgerufen am 23.12.2024.
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