sachtes Amusement! -- Von Herder müssen Sie der Ungenüg- samen doch noch etwas schreiben, wann Sie wollen und wie Sie wollen.
Es ist mir als sähe ich das doch alles noch einmal, es wird mir nie einkommen, daß ich ein Schlemihl und eine Jüdin bin, da es mir nach den langen Jahren und dem vielen Den- ken darüber nicht bekannt wird, so werd' ich's auch nie recht wissen. Darum "nascht auch der Klang der Mordaxt nicht an meiner Wurzel", darum leb' ich noch. Das hab' ich Ihnen doch noch alles nicht gesagt, darum schreib' ich's Ih- nen, daß Sie Vergnügen daran haben sollen. Lieber Veit, schicken Sie mir doch Ihre Adresse, ich möcht' Ihnen gern auf meine eigene Hand schreiben, das Einlegen ist mir fatal. Er- breche man immer unsere Briefe, die versteht doch kein Mensch, und Interesse hat's für kein Wesen (wenn Sie sie erst gele- sen haben).
Was soll ich Ihnen von uns, von hier schreiben. Wir sprechen nicht einmal davon. Glauben Sie nicht, daß das Verachtung sein soll; was nur halbwege ist und vorgeht, sollen Sie wissen. Jetzt ist aber wirklich gar nichts, nichts in der Stadt, und nichts bei uns. Meine Familie grüßt Sie und Mad. Liman auch, die haben mit goutirt. Herrn Simon Veit dank ich' für seine Theilnahme. Ein andermal reis' ich mit Ihnen, Herr Veit, und mach' mir aus der ganzen Welt nichts, aber im Ernst. Vorgestern war Jonas den ganzen Tag bei mir, ich hab' ihn mit zu Hause genommen; ich bin oft bei Mad. Veit, sie und ich nehmen den größten Antheil an Ihrem Vergnügen. Haben Sie's doch, wenn wir's nicht
ſachtes Amuſement! — Von Herder müſſen Sie der Ungenüg- ſamen doch noch etwas ſchreiben, wann Sie wollen und wie Sie wollen.
Es iſt mir als ſähe ich das doch alles noch einmal, es wird mir nie einkommen, daß ich ein Schlemihl und eine Jüdin bin, da es mir nach den langen Jahren und dem vielen Den- ken darüber nicht bekannt wird, ſo werd’ ich’s auch nie recht wiſſen. Darum „naſcht auch der Klang der Mordaxt nicht an meiner Wurzel“, darum leb’ ich noch. Das hab’ ich Ihnen doch noch alles nicht geſagt, darum ſchreib’ ich’s Ih- nen, daß Sie Vergnügen daran haben ſollen. Lieber Veit, ſchicken Sie mir doch Ihre Adreſſe, ich möcht’ Ihnen gern auf meine eigene Hand ſchreiben, das Einlegen iſt mir fatal. Er- breche man immer unſere Briefe, die verſteht doch kein Menſch, und Intereſſe hat’s für kein Weſen (wenn Sie ſie erſt gele- ſen haben).
Was ſoll ich Ihnen von uns, von hier ſchreiben. Wir ſprechen nicht einmal davon. Glauben Sie nicht, daß das Verachtung ſein ſoll; was nur halbwege iſt und vorgeht, ſollen Sie wiſſen. Jetzt iſt aber wirklich gar nichts, nichts in der Stadt, und nichts bei uns. Meine Familie grüßt Sie und Mad. Liman auch, die haben mit goutirt. Herrn Simon Veit dank ich’ für ſeine Theilnahme. Ein andermal reiſ’ ich mit Ihnen, Herr Veit, und mach’ mir aus der ganzen Welt nichts, aber im Ernſt. Vorgeſtern war Jonas den ganzen Tag bei mir, ich hab’ ihn mit zu Hauſe genommen; ich bin oft bei Mad. Veit, ſie und ich nehmen den größten Antheil an Ihrem Vergnügen. Haben Sie’s doch, wenn wir’s nicht
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ſachtes Amuſement! — Von Herder müſſen Sie der Ungenüg-
ſamen doch noch etwas ſchreiben, wann Sie wollen und wie
Sie wollen.
Es iſt mir als ſähe ich das doch alles noch einmal, es
wird mir nie einkommen, daß ich ein Schlemihl und eine Jüdin
bin, da es mir nach den langen Jahren und dem vielen Den-
ken darüber nicht bekannt wird, ſo werd’ ich’s auch nie recht
wiſſen. Darum „naſcht auch der Klang der Mordaxt nicht
an meiner Wurzel“, darum leb’ ich noch. Das hab’ ich
Ihnen doch noch alles nicht geſagt, darum ſchreib’ ich’s Ih-
nen, daß Sie Vergnügen daran haben ſollen. Lieber Veit,
ſchicken Sie mir doch Ihre Adreſſe, ich möcht’ Ihnen gern auf
meine eigene Hand ſchreiben, das Einlegen iſt mir fatal. Er-
breche man immer unſere Briefe, die verſteht doch kein Menſch,
und Intereſſe hat’s für kein Weſen (wenn Sie ſie erſt gele-
ſen haben).
Was ſoll ich Ihnen von uns, von hier ſchreiben. Wir
ſprechen nicht einmal davon. Glauben Sie nicht, daß das
Verachtung ſein ſoll; was nur halbwege iſt und vorgeht, ſollen
Sie wiſſen. Jetzt iſt aber wirklich gar nichts, nichts in der
Stadt, und nichts bei uns. Meine Familie grüßt Sie und
Mad. Liman auch, die haben mit goutirt. Herrn Simon
Veit dank ich’ für ſeine Theilnahme. Ein andermal reiſ’ ich
mit Ihnen, Herr Veit, und mach’ mir aus der ganzen Welt
nichts, aber im Ernſt. Vorgeſtern war Jonas den ganzen
Tag bei mir, ich hab’ ihn mit zu Hauſe genommen; ich bin
oft bei Mad. Veit, ſie und ich nehmen den größten Antheil
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/71>, abgerufen am 22.12.2024.
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