Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

und häßlich, wie alle seine jetzigen Ausleerungen. Etwas über
die Schönheit des Sterbens in der Jugend. Und einen Traum
von einem Schlachtfelde; der ist etwas nicht gestogen nicht
geflogen; und es wittert nicht sein sonstiger, sondern der
neumodische Heiligenschein drin. Schöne Stellen hat auch
der; mehr noch schöngebrauchte Worte. Lassen Sie dies H.
lesen, es wird sie freuen. Ich dachte gleich an sie, und an
alle Mütter und Schwestern. Leben Sie wohl! Schreiben Sie
mir; und Neues, und was Sie denken, es macht mir Ver-
gnügen. Schicken Sie mir die Assignation, ich brauche Gul-
den; ich habe mein ander Geld verwahrt. Schönes an Mama:
und tausend Freundliches an Lea. Ihre Rahel. Urquijo wird
Sie besuchen und grüßen.



An Ernestine Robert, in Berlin.


Diesen Abend, als man schon Licht hatte, gab mir Dore
Ihren Brief. Sehen Sie, Ernestinchen, daß Sie auch krank
waren? Ich dachte es gleich, an Nette ihren wenigen Wor-
ten: "Ernestine ist unpaß: Robert nicht in Berlin, ich so viel
bei ihr, als möglich;" aber ich traute es mir nicht zu sagen,
weil sie sonst sagen, ich bin so apprehensiv. Nehmen Sie sich
nur ja in Acht, schonen Sie sich noch lange, und stellen Sie
sich gegen sich selbst noch schwach, wenn Sie's auch nicht sind.
Ich schreibe heute nur, weil ich in dem Briefe, den Urquijo
mitnahm, so klagte, und nun in zwei Posten nicht geschrieben

und häßlich, wie alle ſeine jetzigen Ausleerungen. Etwas über
die Schönheit des Sterbens in der Jugend. Und einen Traum
von einem Schlachtfelde; der iſt etwas nicht geſtogen nicht
geflogen; und es wittert nicht ſein ſonſtiger, ſondern der
neumodiſche Heiligenſchein drin. Schöne Stellen hat auch
der; mehr noch ſchöngebrauchte Worte. Laſſen Sie dies H.
leſen, es wird ſie freuen. Ich dachte gleich an ſie, und an
alle Mütter und Schweſtern. Leben Sie wohl! Schreiben Sie
mir; und Neues, und was Sie denken, es macht mir Ver-
gnügen. Schicken Sie mir die Aſſignation, ich brauche Gul-
den; ich habe mein ander Geld verwahrt. Schönes an Mama:
und tauſend Freundliches an Lea. Ihre Rahel. Urquijo wird
Sie beſuchen und grüßen.



An Erneſtine Robert, in Berlin.


Dieſen Abend, als man ſchon Licht hatte, gab mir Dore
Ihren Brief. Sehen Sie, Erneſtinchen, daß Sie auch krank
waren? Ich dachte es gleich, an Nette ihren wenigen Wor-
ten: „Erneſtine iſt unpaß: Robert nicht in Berlin, ich ſo viel
bei ihr, als möglich;“ aber ich traute es mir nicht zu ſagen,
weil ſie ſonſt ſagen, ich bin ſo apprehenſiv. Nehmen Sie ſich
nur ja in Acht, ſchonen Sie ſich noch lange, und ſtellen Sie
ſich gegen ſich ſelbſt noch ſchwach, wenn Sie’s auch nicht ſind.
Ich ſchreibe heute nur, weil ich in dem Briefe, den Urquijo
mitnahm, ſo klagte, und nun in zwei Poſten nicht geſchrieben

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0170" n="162"/>
und häßlich, wie alle &#x017F;eine jetzigen Ausleerungen. Etwas über<lb/>
die Schönheit des Sterbens in der Jugend. Und einen Traum<lb/>
von einem Schlachtfelde; der i&#x017F;t etwas nicht ge&#x017F;togen nicht<lb/>
geflogen; und es wittert nicht &#x017F;ein <hi rendition="#g">&#x017F;on&#x017F;tiger</hi>, &#x017F;ondern der<lb/><hi rendition="#g">neum</hi>odi&#x017F;che Heiligen&#x017F;chein drin. Schöne <hi rendition="#g">Stellen</hi> hat auch<lb/>
der; mehr noch &#x017F;chöngebrauchte Worte. La&#x017F;&#x017F;en Sie dies H.<lb/>
le&#x017F;en, es wird &#x017F;ie freuen. Ich dachte gleich an &#x017F;ie, und an<lb/>
alle Mütter und Schwe&#x017F;tern. Leben Sie wohl! Schreiben Sie<lb/>
mir; und Neues, und was Sie denken, es macht mir Ver-<lb/>
gnügen. Schicken Sie mir die A&#x017F;&#x017F;ignation, ich brauche Gul-<lb/>
den; ich habe mein ander Geld verwahrt. Schönes an Mama:<lb/>
und tau&#x017F;end Freundliches an Lea. Ihre Rahel. Urquijo wird<lb/>
Sie be&#x017F;uchen und grüßen.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>An Erne&#x017F;tine Robert, in Berlin.</head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et">Prag, Freitag den 15. Januar 1814. Abends 9 Uhr.</hi> </dateline><lb/>
          <p>Die&#x017F;en Abend, als man &#x017F;chon Licht hatte, gab mir Dore<lb/>
Ihren Brief. Sehen Sie, Erne&#x017F;tinchen, daß Sie auch krank<lb/>
waren? Ich dachte es gleich, an Nette ihren wenigen Wor-<lb/>
ten: &#x201E;Erne&#x017F;tine i&#x017F;t unpaß: Robert nicht in Berlin, ich &#x017F;o viel<lb/>
bei ihr, als möglich;&#x201C; aber ich traute es mir nicht zu &#x017F;agen,<lb/>
weil &#x017F;ie &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;agen, ich bin &#x017F;o apprehen&#x017F;iv. Nehmen Sie &#x017F;ich<lb/>
nur ja in Acht, &#x017F;chonen Sie &#x017F;ich noch lange, und &#x017F;tellen Sie<lb/>
&#x017F;ich gegen &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t noch &#x017F;chwach, wenn Sie&#x2019;s auch nicht &#x017F;ind.<lb/>
Ich &#x017F;chreibe heute nur, weil ich in dem Briefe, den Urquijo<lb/>
mitnahm, &#x017F;o klagte, und nun in zwei Po&#x017F;ten nicht ge&#x017F;chrieben<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[162/0170] und häßlich, wie alle ſeine jetzigen Ausleerungen. Etwas über die Schönheit des Sterbens in der Jugend. Und einen Traum von einem Schlachtfelde; der iſt etwas nicht geſtogen nicht geflogen; und es wittert nicht ſein ſonſtiger, ſondern der neumodiſche Heiligenſchein drin. Schöne Stellen hat auch der; mehr noch ſchöngebrauchte Worte. Laſſen Sie dies H. leſen, es wird ſie freuen. Ich dachte gleich an ſie, und an alle Mütter und Schweſtern. Leben Sie wohl! Schreiben Sie mir; und Neues, und was Sie denken, es macht mir Ver- gnügen. Schicken Sie mir die Aſſignation, ich brauche Gul- den; ich habe mein ander Geld verwahrt. Schönes an Mama: und tauſend Freundliches an Lea. Ihre Rahel. Urquijo wird Sie beſuchen und grüßen. An Erneſtine Robert, in Berlin. Prag, Freitag den 15. Januar 1814. Abends 9 Uhr. Dieſen Abend, als man ſchon Licht hatte, gab mir Dore Ihren Brief. Sehen Sie, Erneſtinchen, daß Sie auch krank waren? Ich dachte es gleich, an Nette ihren wenigen Wor- ten: „Erneſtine iſt unpaß: Robert nicht in Berlin, ich ſo viel bei ihr, als möglich;“ aber ich traute es mir nicht zu ſagen, weil ſie ſonſt ſagen, ich bin ſo apprehenſiv. Nehmen Sie ſich nur ja in Acht, ſchonen Sie ſich noch lange, und ſtellen Sie ſich gegen ſich ſelbſt noch ſchwach, wenn Sie’s auch nicht ſind. Ich ſchreibe heute nur, weil ich in dem Briefe, den Urquijo mitnahm, ſo klagte, und nun in zwei Poſten nicht geſchrieben

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/170
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/170>, abgerufen am 25.11.2024.