ich vorgestern und vorvorgestern that, viel gehe, wird mein Bein arg. Ach wie besserte ich mich, wenn es Gott mir in dem Frieden und Frühling erlaubte! Soll jeder deutsche Krieg mir solche Freunde kosten? Keiner weiß es; ich wußte es selbst micht, erfahre es erst jetzt, wie Louis mich liebte, und mein Freund war; und geworden wäre mit dem Alter. O! Kinder! Ich störe euch den Frieden! den goldenen, gött- lichen, für welchen ich die Erde Gottes küßte! wie für mein Ausgehen! Erkundigt euch erst bei Hitzig, ob Frau von Pfuel nicht in Berlin ist; oder bei Fouque's: Hitzig weiß alles von der Familie. Ist es euch unangenehm, so schreibt auch Hitzig. Nur ich vermag ihm nicht mehr zu schreiben. Nach Wien, Paris, Stuttgart, allenthalben hab' ich schon heute ge- schrieben. Laßt Radziwill fragen, ob er nichts von Tettenborn weiß: fragt alle Menschen! Vielleicht wenn ihr diesen Brief bekommt, bin ich schon beruhigt, und habe einen. Äng- stigt euch nicht. Auf der Erde vergeht alles. Und ich ertrage Irdisches. Ich bin gefaßt. Scherze oft. Dir, Hans, dank' ich für deine ehrliche herzliche Freude über unsern Sieg, die du mir mittheiltest[!] Und daß du in's Freie fuhrst, Gott zu danken. O! ich vergesse das Glück nicht. Daß die Völker sich erkennen lernen: wie es Robert schön ausdrückt. Unser König in Paris; sieht er's doch, und der Kronprinz; und lernt Länder kennen, und erwägen. Und der Franzose wird nicht nur ein Nehmer; welches der Fall geworden wäre: und lernt die strengern, eckigern Nachbarn schätzen und kennen. Und wehren lernen sich die Nationen: zusammenhalten die Deut- schen; hochhalten die Fürsten ihre Völker, thätig lieben diese
ich vorgeſtern und vorvorgeſtern that, viel gehe, wird mein Bein arg. Ach wie beſſerte ich mich, wenn es Gott mir in dem Frieden und Frühling erlaubte! Soll jeder deutſche Krieg mir ſolche Freunde koſten? Keiner weiß es; ich wußte es ſelbſt micht, erfahre es erſt jetzt, wie Louis mich liebte, und mein Freund war; und geworden wäre mit dem Alter. O! Kinder! Ich ſtöre euch den Frieden! den goldenen, gött- lichen, für welchen ich die Erde Gottes küßte! wie für mein Ausgehen! Erkundigt euch erſt bei Hitzig, ob Frau von Pfuel nicht in Berlin iſt; oder bei Fouqué’s: Hitzig weiß alles von der Familie. Iſt es euch unangenehm, ſo ſchreibt auch Hitzig. Nur ich vermag ihm nicht mehr zu ſchreiben. Nach Wien, Paris, Stuttgart, allenthalben hab’ ich ſchon heute ge- ſchrieben. Laßt Radziwill fragen, ob er nichts von Tettenborn weiß: fragt alle Menſchen! Vielleicht wenn ihr dieſen Brief bekommt, bin ich ſchon beruhigt, und habe einen. Äng- ſtigt euch nicht. Auf der Erde vergeht alles. Und ich ertrage Irdiſches. Ich bin gefaßt. Scherze oft. Dir, Hans, dank’ ich für deine ehrliche herzliche Freude über unſern Sieg, die du mir mittheilteſt[!] Und daß du in’s Freie fuhrſt, Gott zu danken. O! ich vergeſſe das Glück nicht. Daß die Völker ſich erkennen lernen: wie es Robert ſchön ausdrückt. Unſer König in Paris; ſieht er’s doch, und der Kronprinz; und lernt Länder kennen, und erwägen. Und der Franzoſe wird nicht nur ein Nehmer; welches der Fall geworden wäre: und lernt die ſtrengern, eckigern Nachbarn ſchätzen und kennen. Und wehren lernen ſich die Nationen: zuſammenhalten die Deut- ſchen; hochhalten die Fürſten ihre Völker, thätig lieben dieſe
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ich vorgeſtern und vorvorgeſtern that, viel gehe, wird mein
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Krieg mir ſolche Freunde koſten? Keiner weiß es; ich wußte
es ſelbſt micht, erfahre es erſt jetzt, wie Louis mich liebte, und
mein Freund war; und geworden wäre mit dem Alter. O!
Kinder! Ich ſtöre euch den Frieden! den goldenen, gött-
lichen, für welchen ich die Erde Gottes küßte! wie für mein
Ausgehen! Erkundigt euch erſt bei Hitzig, ob Frau von Pfuel
nicht in Berlin iſt; oder bei Fouqué’s: Hitzig weiß alles
von der Familie. Iſt es euch unangenehm, ſo ſchreibt auch
Hitzig. Nur ich vermag ihm nicht mehr zu ſchreiben. Nach
Wien, Paris, Stuttgart, allenthalben hab’ ich ſchon heute ge-
ſchrieben. Laßt Radziwill fragen, ob er nichts von Tettenborn
weiß: fragt alle Menſchen! Vielleicht wenn ihr dieſen
Brief bekommt, bin ich ſchon beruhigt, und habe einen. Äng-
ſtigt euch nicht. Auf der Erde vergeht alles. Und ich ertrage
Irdiſches. Ich bin gefaßt. Scherze oft. Dir, Hans, dank’
ich für deine ehrliche herzliche Freude über unſern Sieg, die
du mir mittheilteſt! Und daß du in’s Freie fuhrſt, Gott zu
danken. O! ich vergeſſe das Glück nicht. Daß die Völker
ſich erkennen lernen: wie es Robert ſchön ausdrückt. Unſer
König in Paris; ſieht er’s doch, und der Kronprinz; und lernt
Länder kennen, und erwägen. Und der Franzoſe wird nicht
nur ein Nehmer; welches der Fall geworden wäre: und lernt
die ſtrengern, eckigern Nachbarn ſchätzen und kennen. Und
wehren lernen ſich die Nationen: zuſammenhalten die Deut-
ſchen; hochhalten die Fürſten ihre Völker, thätig lieben dieſe
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/213>, abgerufen am 21.11.2024.
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