Glücks ist, und daß es sich darauf in jedem Fall gründen wird, ich meine erbauen, denn gegründet ist es. (Das Tromm- len macht mich toll.) Aber Ungewißheit hasse ich so! und die wird mir seit undenklicher Zeit reichlich gereicht. Und wieder; denn obgleich ich abreisen muß, so weiß ich doch nicht wie weit. Doch wie Gott will! Ich denke auch fleißig, und im- mer innerlich, an die größeren Gedanken. Du kennst sie: sie fließen mir reichlich zu. Präparire mir, was du kannst, in Wien; aber im Ganzen nimm nicht zu viel Rücksicht auf mich. Bereue deine Heirath nicht; (Scherz, wenn du denkst, daß es Ernst ist) wenn ich dich jetzt inkommodire. Die Feten in der Zeitung sind mir sehr eklich; ich bin froh sie zu ver- säumen. Herzogin Sagan giebt auch Soupers in den Zei- tungen? -- Von Dresden und Prag schreibe ich dir. Gott wenn ich nur nicht in Prag sitzen bleibe! das ist mein Einzi- ges! Morgen sind drei Stücke, zwei von Kotzebue, ein Ballet von Telle. Lauter Rückkehren: Kotzebue's Gedanke beim er- sten ist witzig; "die hundertjährige Eiche;" da geht's Anno 1914 vor. Da könnte man unendlich komische und tiefsinnige Dinge herauslassen, wenn sie einem einfielen, und man dürfte. Lebe wohl! Gedenke mein! Gedenke, wie ich dich liebe und dich kenne. Wäre ich nur erst zum Ausruhen, zum Trost, zur Überlegung, zu meinem Trost bei dir! -- Heute ist Ferdinands Geburtstag: er hat die ganze Stube voll Spielzeug und Ko- laken, wie er sie nennt. Es herrscht ein ungeheurer, aber auch sehr schöner Kuchen im Hause: solcher wie bei unserer Hochzeit -- Hochzeit! -- zum Thee war, da ward deiner ge- dacht, und auch immer in allen guten Gelegenheiten. Gott
Glücks iſt, und daß es ſich darauf in jedem Fall gründen wird, ich meine erbauen, denn gegründet iſt es. (Das Tromm- len macht mich toll.) Aber Ungewißheit haſſe ich ſo! und die wird mir ſeit undenklicher Zeit reichlich gereicht. Und wieder; denn obgleich ich abreiſen muß, ſo weiß ich doch nicht wie weit. Doch wie Gott will! Ich denke auch fleißig, und im- mer innerlich, an die größeren Gedanken. Du kennſt ſie: ſie fließen mir reichlich zu. Präparire mir, was du kannſt, in Wien; aber im Ganzen nimm nicht zu viel Rückſicht auf mich. Bereue deine Heirath nicht; (Scherz, wenn du denkſt, daß es Ernſt iſt) wenn ich dich jetzt inkommodire. Die Fêten in der Zeitung ſind mir ſehr eklich; ich bin froh ſie zu ver- ſäumen. Herzogin Sagan giebt auch Soupers in den Zei- tungen? — Von Dresden und Prag ſchreibe ich dir. Gott wenn ich nur nicht in Prag ſitzen bleibe! das iſt mein Einzi- ges! Morgen ſind drei Stücke, zwei von Kotzebue, ein Ballet von Telle. Lauter Rückkehren: Kotzebue’s Gedanke beim er- ſten iſt witzig; „die hundertjährige Eiche;“ da geht’s Anno 1914 vor. Da könnte man unendlich komiſche und tiefſinnige Dinge herauslaſſen, wenn ſie einem einfielen, und man dürfte. Lebe wohl! Gedenke mein! Gedenke, wie ich dich liebe und dich kenne. Wäre ich nur erſt zum Ausruhen, zum Troſt, zur Überlegung, zu meinem Troſt bei dir! — Heute iſt Ferdinands Geburtstag: er hat die ganze Stube voll Spielzeug und Ko- laken, wie er ſie nennt. Es herrſcht ein ungeheurer, aber auch ſehr ſchöner Kuchen im Hauſe: ſolcher wie bei unſerer Hochzeit — Hochzeit! — zum Thee war, da ward deiner ge- dacht, und auch immer in allen guten Gelegenheiten. Gott
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Glücks iſt, und daß es ſich darauf in jedem Fall gründen
wird, ich meine erbauen, denn gegründet iſt es. (Das Tromm-
len macht mich toll.) Aber Ungewißheit haſſe ich ſo! und die
wird mir ſeit undenklicher Zeit reichlich gereicht. Und wieder;
denn obgleich ich abreiſen muß, ſo weiß ich doch nicht wie
weit. Doch wie Gott will! Ich denke auch fleißig, und im-
mer innerlich, an die größeren Gedanken. Du kennſt ſie: ſie
fließen mir reichlich zu. Präparire mir, was du kannſt, in
Wien; aber im Ganzen nimm nicht zu viel Rückſicht auf
mich. Bereue deine Heirath nicht; (Scherz, wenn du denkſt,
daß es Ernſt iſt) wenn ich dich jetzt inkommodire. Die Fêten
in der Zeitung ſind mir ſehr eklich; ich bin froh ſie zu ver-
ſäumen. Herzogin Sagan giebt auch Soupers in den Zei-
tungen? — Von Dresden und Prag ſchreibe ich dir. Gott
wenn ich nur nicht in Prag ſitzen bleibe! das iſt mein Einzi-
ges! Morgen ſind drei Stücke, zwei von Kotzebue, ein Ballet
von Telle. Lauter Rückkehren: Kotzebue’s Gedanke beim er-
ſten iſt witzig; „die hundertjährige Eiche;“ da geht’s Anno
1914 vor. Da könnte man unendlich komiſche und tiefſinnige
Dinge herauslaſſen, wenn ſie einem einfielen, und man dürfte.
Lebe wohl! Gedenke mein! Gedenke, wie ich dich liebe und
dich kenne. Wäre ich nur erſt zum Ausruhen, zum Troſt, zur
Überlegung, zu meinem Troſt bei dir! — Heute iſt Ferdinands
Geburtstag: er hat die ganze Stube voll Spielzeug und Ko-
laken, wie er ſie nennt. Es herrſcht ein ungeheurer, aber
auch ſehr ſchöner Kuchen im Hauſe: ſolcher wie bei unſerer
Hochzeit — Hochzeit! — zum Thee war, da ward deiner ge-
dacht, und auch immer in allen guten Gelegenheiten. Gott
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/252>, abgerufen am 21.11.2024.
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