Lebe wohl, den Kindern schreibe ich ein Wort. Ich grüße Nettchen und alle Hausfreunde.
An Moritz Robert, in Berlin.
Sonntag, Wien, den 15. Januar 1815.
Du hast Recht, das ist noch die beste Verdrießlichkeit, von der man genau den Grund weiß: der liegt wenigstens oben auf, ist nicht sehr verwickelt und kann vergehen. Laß dir von Markus mittheilen, was ich darüber sage, daß kein Krieg wird, laß dir auch von den Kindern mittheilen, was ich ihnen schrieb, und du wirst sehen daß ich heute wegen Störung nicht mehr schreiben kann, trotz des besten Vorsatzes, und einem schönen Brief, der schon im Kopfe fertig war. Einer unserer Bekann- ten, den auch du kennst, hat hier der Regierung einen Plan zu einer Bank, wozu sie nur die Erlaubniß geben soll, einge- reicht und hat Konferenzen mit allen Banquiers auf ministe- riellen Befehl; es ist ein Geheimniß, und er erzählt's nur uns. Bollmann wird die größten Geschäfte nach Amerika mit Quecksilber machen, welches hier aufgehäuft liegt. Nimmt man sein Projekt an, so kommt hier wieder Silbergeld. Man kajolirt ihn sehr. Hier schicke ich dir einen kleinen Zeitungs- artikel, der dich sehr erschrecken wird. Ernestine muß sich in Acht nehmen, ich grüße sie. Frau von Mink fragte nach dir. Frau von Stägemann hat dich beim Manne gelobt; kultivire sie, sie haben so kluge Kinder. Er war mein Trost Dienstag bei Arnsteins, wo sie Wachsfiguren in einer Hitze vorstell-
Lebe wohl, den Kindern ſchreibe ich ein Wort. Ich grüße Nettchen und alle Hausfreunde.
An Moritz Robert, in Berlin.
Sonntag, Wien, den 15. Januar 1815.
Du haſt Recht, das iſt noch die beſte Verdrießlichkeit, von der man genau den Grund weiß: der liegt wenigſtens oben auf, iſt nicht ſehr verwickelt und kann vergehen. Laß dir von Markus mittheilen, was ich darüber ſage, daß kein Krieg wird, laß dir auch von den Kindern mittheilen, was ich ihnen ſchrieb, und du wirſt ſehen daß ich heute wegen Störung nicht mehr ſchreiben kann, trotz des beſten Vorſatzes, und einem ſchönen Brief, der ſchon im Kopfe fertig war. Einer unſerer Bekann- ten, den auch du kennſt, hat hier der Regierung einen Plan zu einer Bank, wozu ſie nur die Erlaubniß geben ſoll, einge- reicht und hat Konferenzen mit allen Banquiers auf miniſte- riellen Befehl; es iſt ein Geheimniß, und er erzählt’s nur uns. Bollmann wird die größten Geſchäfte nach Amerika mit Queckſilber machen, welches hier aufgehäuft liegt. Nimmt man ſein Projekt an, ſo kommt hier wieder Silbergeld. Man kajolirt ihn ſehr. Hier ſchicke ich dir einen kleinen Zeitungs- artikel, der dich ſehr erſchrecken wird. Erneſtine muß ſich in Acht nehmen, ich grüße ſie. Frau von Mink fragte nach dir. Frau von Stägemann hat dich beim Manne gelobt; kultivire ſie, ſie haben ſo kluge Kinder. Er war mein Troſt Dienstag bei Arnſteins, wo ſie Wachsfiguren in einer Hitze vorſtell-
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Lebe wohl, den Kindern ſchreibe ich ein Wort. Ich grüße
Nettchen und alle Hausfreunde.
An Moritz Robert, in Berlin.
Sonntag, Wien, den 15. Januar 1815.
Du haſt Recht, das iſt noch die beſte Verdrießlichkeit, von
der man genau den Grund weiß: der liegt wenigſtens oben
auf, iſt nicht ſehr verwickelt und kann vergehen. Laß dir von
Markus mittheilen, was ich darüber ſage, daß kein Krieg wird,
laß dir auch von den Kindern mittheilen, was ich ihnen ſchrieb,
und du wirſt ſehen daß ich heute wegen Störung nicht mehr
ſchreiben kann, trotz des beſten Vorſatzes, und einem ſchönen
Brief, der ſchon im Kopfe fertig war. Einer unſerer Bekann-
ten, den auch du kennſt, hat hier der Regierung einen Plan
zu einer Bank, wozu ſie nur die Erlaubniß geben ſoll, einge-
reicht und hat Konferenzen mit allen Banquiers auf miniſte-
riellen Befehl; es iſt ein Geheimniß, und er erzählt’s nur uns.
Bollmann wird die größten Geſchäfte nach Amerika mit
Queckſilber machen, welches hier aufgehäuft liegt. Nimmt
man ſein Projekt an, ſo kommt hier wieder Silbergeld. Man
kajolirt ihn ſehr. Hier ſchicke ich dir einen kleinen Zeitungs-
artikel, der dich ſehr erſchrecken wird. Erneſtine muß ſich in
Acht nehmen, ich grüße ſie. Frau von Mink fragte nach dir.
Frau von Stägemann hat dich beim Manne gelobt; kultivire
ſie, ſie haben ſo kluge Kinder. Er war mein Troſt Dienstag
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/262>, abgerufen am 21.11.2024.
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