welches ihm auch aus brauchbaren Augen leuchtet, von Natur großartige Bewegungen und konzentrirtes Dastehen, Dasein; kurz, der Sammlung und Aufmerksamkeit auch in geringen Stücken erweckt. Den möcht' ich mitnehmen, oder mitschicken. -- Ich habe nun den dritten unausstehlichen Aschenprödel gesehen! Ich glaube, die ganze Geschichte ist nicht wahr! -- Nun weiß ich, was ein Kongreß ist: eine große Gesellschaft, die vor lauter Amüsement nicht scheiden kann. Das ist doch gewiß Neues. Und ohne Spaß! Es muß recht schwer sein, einen Kongreß zu halten und zu enden! Eine Welt einzu- richten! -- dies machte ja Hamlet schon melancholisch. Nun wollen wir einmal sehen, ob ein Held, ein Seevolks-Held sie nicht überwinden kann! Ob sie Wellington widerstehen wird! -- Fr. Schlegel schimpft auf Goethe. Dafür bleibt er wo er ist, und wird dumm.
An Moritz Robert, in Berlin.
Wien, den 14. Februar 1815.
-- -- Das geizige Ende deines Briefes hat mich gestern außerordentlich lachen gemacht, und noch jetzt, obgleich ich, beim Himmel! nicht so sehr lächerlich gestimmt bin: ich will es dir hierhersetzen, es wird dir gewiß auch komisch vorkommen; ich sah die harpagonischeste Scene dabei, von Molieren -- par des Molieres -- selbst gespielt. Höre nur! "Hier geht alles wie du es siehst! Ich bin mit dem Gange der Sachen (ohne mich zu berufen) (!!!) zufrieden. Das mag denn
welches ihm auch aus brauchbaren Augen leuchtet, von Natur großartige Bewegungen und konzentrirtes Daſtehen, Daſein; kurz, der Sammlung und Aufmerkſamkeit auch in geringen Stücken erweckt. Den möcht’ ich mitnehmen, oder mitſchicken. — Ich habe nun den dritten unausſtehlichen Aſchenprödel geſehen! Ich glaube, die ganze Geſchichte iſt nicht wahr! — Nun weiß ich, was ein Kongreß iſt: eine große Geſellſchaft, die vor lauter Amüſement nicht ſcheiden kann. Das iſt doch gewiß Neues. Und ohne Spaß! Es muß recht ſchwer ſein, einen Kongreß zu halten und zu enden! Eine Welt einzu- richten! — dies machte ja Hamlet ſchon melancholiſch. Nun wollen wir einmal ſehen, ob ein Held, ein Seevolks-Held ſie nicht überwinden kann! Ob ſie Wellington widerſtehen wird! — Fr. Schlegel ſchimpft auf Goethe. Dafür bleibt er wo er iſt, und wird dumm.
An Moritz Robert, in Berlin.
Wien, den 14. Februar 1815.
— — Das geizige Ende deines Briefes hat mich geſtern außerordentlich lachen gemacht, und noch jetzt, obgleich ich, beim Himmel! nicht ſo ſehr lächerlich geſtimmt bin: ich will es dir hierherſetzen, es wird dir gewiß auch komiſch vorkommen; ich ſah die harpagoniſcheſte Scene dabei, von Molieren — par des Molières — ſelbſt geſpielt. Höre nur! „Hier geht alles wie du es ſiehſt! Ich bin mit dem Gange der Sachen (ohne mich zu berufen) (!!!) zufrieden. Das mag denn
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0268"n="260"/>
welches ihm auch aus brauchbaren Augen leuchtet, von Natur<lb/>
großartige Bewegungen und konzentrirtes Daſtehen, Daſein;<lb/>
kurz, der Sammlung und Aufmerkſamkeit auch in geringen<lb/>
Stücken erweckt. Den möcht’ ich mitnehmen, oder mitſchicken.<lb/>— Ich habe nun den <hirendition="#g">dritten</hi> unausſtehlichen Aſchenprödel<lb/>
geſehen! Ich glaube, die ganze Geſchichte iſt nicht wahr! —<lb/>
Nun weiß ich, was ein Kongreß iſt: eine große Geſellſchaft,<lb/>
die vor lauter Amüſement nicht ſcheiden kann. <hirendition="#g">Das</hi> iſt doch<lb/>
gewiß Neues. Und ohne Spaß! Es muß recht ſchwer ſein,<lb/>
einen Kongreß zu halten und zu enden! Eine <hirendition="#g">Welt</hi> einzu-<lb/>
richten! — dies machte ja Hamlet ſchon melancholiſch. Nun<lb/>
wollen wir einmal ſehen, ob ein Held, ein Seevolks-Held ſie<lb/>
nicht überwinden kann! Ob ſie Wellington widerſtehen wird!<lb/>— Fr. Schlegel ſchimpft auf Goethe. Dafür bleibt er wo er<lb/>
iſt, und wird <hirendition="#g">dumm</hi>.</p></div></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head>An Moritz Robert, in Berlin.</head><lb/><divn="3"><dateline><hirendition="#et">Wien, den 14. Februar 1815.</hi></dateline><lb/><p>—— Das geizige Ende deines Briefes hat mich geſtern<lb/>
außerordentlich lachen gemacht, und noch jetzt, obgleich ich,<lb/>
beim Himmel! nicht ſo ſehr lächerlich geſtimmt bin: ich will<lb/>
es dir hierherſetzen, es wird dir gewiß auch komiſch vorkommen;<lb/>
ich ſah die harpagoniſcheſte Scene dabei, von Moli<hirendition="#g">eren</hi>—<lb/><hirendition="#aq">par des Molières</hi>—ſelbſt geſpielt. Höre nur! „Hier geht<lb/>
alles wie du es ſiehſt! Ich bin mit dem Gange der Sachen<lb/>
(<hirendition="#g">ohne mich zu berufen</hi>) (!!!) zufrieden. Das mag denn<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[260/0268]
welches ihm auch aus brauchbaren Augen leuchtet, von Natur
großartige Bewegungen und konzentrirtes Daſtehen, Daſein;
kurz, der Sammlung und Aufmerkſamkeit auch in geringen
Stücken erweckt. Den möcht’ ich mitnehmen, oder mitſchicken.
— Ich habe nun den dritten unausſtehlichen Aſchenprödel
geſehen! Ich glaube, die ganze Geſchichte iſt nicht wahr! —
Nun weiß ich, was ein Kongreß iſt: eine große Geſellſchaft,
die vor lauter Amüſement nicht ſcheiden kann. Das iſt doch
gewiß Neues. Und ohne Spaß! Es muß recht ſchwer ſein,
einen Kongreß zu halten und zu enden! Eine Welt einzu-
richten! — dies machte ja Hamlet ſchon melancholiſch. Nun
wollen wir einmal ſehen, ob ein Held, ein Seevolks-Held ſie
nicht überwinden kann! Ob ſie Wellington widerſtehen wird!
— Fr. Schlegel ſchimpft auf Goethe. Dafür bleibt er wo er
iſt, und wird dumm.
An Moritz Robert, in Berlin.
Wien, den 14. Februar 1815.
— — Das geizige Ende deines Briefes hat mich geſtern
außerordentlich lachen gemacht, und noch jetzt, obgleich ich,
beim Himmel! nicht ſo ſehr lächerlich geſtimmt bin: ich will
es dir hierherſetzen, es wird dir gewiß auch komiſch vorkommen;
ich ſah die harpagoniſcheſte Scene dabei, von Molieren —
par des Molières — ſelbſt geſpielt. Höre nur! „Hier geht
alles wie du es ſiehſt! Ich bin mit dem Gange der Sachen
(ohne mich zu berufen) (!!!) zufrieden. Das mag denn
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/268>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.