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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834.

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von unsern Freunden Staatsminister geworden, vergaß ich Ih-
nen zu sagen: und das ist auch eine Art von Tod. Frau von
Humboldt wohnt Behren- und Charlottenstraßen-Ecke, wo
Prinz Louis wohnte: Hofräthin Herz am Gendarmenmarkt,
Ecke Charlotten- und Französische Straße. Iffland und die
Baranius wohnten mal da. Gestern war die bei mir; noch
schön. Alle Klassen sehen mich und rauben mir die Zeit. So
eben hat Varnhagen Archibald Keyserling gesehen, der [r]eist
durch, und wird mich besuchen. Nun wünsche ich mir, ich
hätte Ihnen gedankt durch diesen Brief für die Lebensbeschrei-
bung, die Sie mir vorigen März schickten. Ein Meisterstück
von Mühe und Kunst: nur Sie dessen fähig! Aber um die
Namen der Freunde hätte ich gebeten! Leben Sie wohl, treuer,
theurer Freund, und sein Sie meiner gewiß! Schade! daß
man sich jetzt über nichts, beinah nicht über Bücher schreiben
kann. Was sagen Sie zu den Noten, zu den Briefen im
Constitutionnel, zu dem alten Voß, zu Perthes? Lesen Sie
das alles? Adieu! Ihre R.

Schreiben Sie mir durch Mendelssohn; ich bezahle, ist
der Brief dick. Die Frau, die Sie mir im März beschrieben,
die Deutsch lernte hinter Ihrem Rücken, ist Minerva selbst.
-- Ich goß auf sechs Zeilen das Tintfaß anstatt Sand. Varn-
hagen flickte mir den Bogen. Noch ein Zug in das Bild meines
Alters. Ich werde leichtsinnig mit den Jahren. Adieu! Adieu!



von unſern Freunden Staatsminiſter geworden, vergaß ich Ih-
nen zu ſagen: und das iſt auch eine Art von Tod. Frau von
Humboldt wohnt Behren- und Charlottenſtraßen-Ecke, wo
Prinz Louis wohnte: Hofräthin Herz am Gendarmenmarkt,
Ecke Charlotten- und Franzöſiſche Straße. Iffland und die
Baranius wohnten mal da. Geſtern war die bei mir; noch
ſchön. Alle Klaſſen ſehen mich und rauben mir die Zeit. So
eben hat Varnhagen Archibald Keyſerling geſehen, der [r]eiſt
durch, und wird mich beſuchen. Nun wünſche ich mir, ich
hätte Ihnen gedankt durch dieſen Brief für die Lebensbeſchrei-
bung, die Sie mir vorigen März ſchickten. Ein Meiſterſtück
von Mühe und Kunſt: nur Sie deſſen fähig! Aber um die
Namen der Freunde hätte ich gebeten! Leben Sie wohl, treuer,
theurer Freund, und ſein Sie meiner gewiß! Schade! daß
man ſich jetzt über nichts, beinah nicht über Bücher ſchreiben
kann. Was ſagen Sie zu den Noten, zu den Briefen im
Constitutionnel, zu dem alten Voß, zu Perthes? Leſen Sie
das alles? Adieu! Ihre R.

Schreiben Sie mir durch Mendelsſohn; ich bezahle, iſt
der Brief dick. Die Frau, die Sie mir im März beſchrieben,
die Deutſch lernte hinter Ihrem Rücken, iſt Minerva ſelbſt.
— Ich goß auf ſechs Zeilen das Tintfaß anſtatt Sand. Varn-
hagen flickte mir den Bogen. Noch ein Zug in das Bild meines
Alters. Ich werde leichtſinnig mit den Jahren. Adieu! Adieu!



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[613/0621] von unſern Freunden Staatsminiſter geworden, vergaß ich Ih- nen zu ſagen: und das iſt auch eine Art von Tod. Frau von Humboldt wohnt Behren- und Charlottenſtraßen-Ecke, wo Prinz Louis wohnte: Hofräthin Herz am Gendarmenmarkt, Ecke Charlotten- und Franzöſiſche Straße. Iffland und die Baranius wohnten mal da. Geſtern war die bei mir; noch ſchön. Alle Klaſſen ſehen mich und rauben mir die Zeit. So eben hat Varnhagen Archibald Keyſerling geſehen, der reiſt durch, und wird mich beſuchen. Nun wünſche ich mir, ich hätte Ihnen gedankt durch dieſen Brief für die Lebensbeſchrei- bung, die Sie mir vorigen März ſchickten. Ein Meiſterſtück von Mühe und Kunſt: nur Sie deſſen fähig! Aber um die Namen der Freunde hätte ich gebeten! Leben Sie wohl, treuer, theurer Freund, und ſein Sie meiner gewiß! Schade! daß man ſich jetzt über nichts, beinah nicht über Bücher ſchreiben kann. Was ſagen Sie zu den Noten, zu den Briefen im Constitutionnel, zu dem alten Voß, zu Perthes? Leſen Sie das alles? Adieu! Ihre R. Schreiben Sie mir durch Mendelsſohn; ich bezahle, iſt der Brief dick. Die Frau, die Sie mir im März beſchrieben, die Deutſch lernte hinter Ihrem Rücken, iſt Minerva ſelbſt. — Ich goß auf ſechs Zeilen das Tintfaß anſtatt Sand. Varn- hagen flickte mir den Bogen. Noch ein Zug in das Bild meines Alters. Ich werde leichtſinnig mit den Jahren. Adieu! Adieu!

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 613. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/621>, abgerufen am 23.11.2024.