son nur allein in ihm wirkt, und was sich nur nothdürftig auf die zu beziehen hat. Großmüthiger kann nur der sein, der Allgemeines ergreift, und Größeres; und dies ist auch das Wesen der Kunst selbst; wenn sie noch so sehr zu individua- lisiren scheinen darf; sie hört auf, sie selbst zu sein, sobald sie uns nicht mehr aus genereller Anregung, zuletzt zu genereller Betrachtung führen kann.
Heute ist mir klar geworden, daß keine Stadt eigentlich groß zu nennen ist, und wäre ihr Umfang der von Neapel, Paris und London zusammen; Leben und Weben dieser Städte konzentrirt in der Einen; Kunst, Vergnügen und Nützlichkeits- Anstalten noch so reich! Wenn sie nicht Fremde zuläßt, und, als Vorbild, einladet, so muß sie mesquin bleiben, und thürm- ten sich ihre Häuser zu zwanzig Stockwerken, und stiege die Einwohnerzahl zu einer nie gehörten. Alle Bewegung muß auf ein Menschliches bezogen werden können; das heißt hier, auf Allgemeines, alle Menschen Betreffendes: sonst wird alles Bewegen am Ende pagodisch, kinderhaft, lächerlich, bedeu- tungslos. Das, woran nicht alle Menschen am Ende Theil haben können: ist nicht gut: das, woran sie nicht Theil ha- ben sollen: schlecht.
Paris und Rom sind die größten Städte wegen ihrer Fremden, und des allgemeinen Interesse's wegen, welches sie ihnen zuführt. Sie sind nicht vollkommen; fast in nichts: aber bis jetzt noch Vorbild. Eine, für Kunst, gewesene Macht, und Politik; die andere, für neueuropäisches Leben.
Freitag, den 22. Oktober 1830.
ſon nur allein in ihm wirkt, und was ſich nur nothdürftig auf die zu beziehen hat. Großmüthiger kann nur der ſein, der Allgemeines ergreift, und Größeres; und dies iſt auch das Weſen der Kunſt ſelbſt; wenn ſie noch ſo ſehr zu individua- liſiren ſcheinen darf; ſie hört auf, ſie ſelbſt zu ſein, ſobald ſie uns nicht mehr aus genereller Anregung, zuletzt zu genereller Betrachtung führen kann.
Heute iſt mir klar geworden, daß keine Stadt eigentlich groß zu nennen iſt, und wäre ihr Umfang der von Neapel, Paris und London zuſammen; Leben und Weben dieſer Städte konzentrirt in der Einen; Kunſt, Vergnügen und Nützlichkeits- Anſtalten noch ſo reich! Wenn ſie nicht Fremde zuläßt, und, als Vorbild, einladet, ſo muß ſie mesquin bleiben, und thürm- ten ſich ihre Häuſer zu zwanzig Stockwerken, und ſtiege die Einwohnerzahl zu einer nie gehörten. Alle Bewegung muß auf ein Menſchliches bezogen werden können; das heißt hier, auf Allgemeines, alle Menſchen Betreffendes: ſonſt wird alles Bewegen am Ende pagodiſch, kinderhaft, lächerlich, bedeu- tungslos. Das, woran nicht alle Menſchen am Ende Theil haben können: iſt nicht gut: das, woran ſie nicht Theil ha- ben ſollen: ſchlecht.
Paris und Rom ſind die größten Städte wegen ihrer Fremden, und des allgemeinen Intereſſe’s wegen, welches ſie ihnen zuführt. Sie ſind nicht vollkommen; faſt in nichts: aber bis jetzt noch Vorbild. Eine, für Kunſt, geweſene Macht, und Politik; die andere, für neueuropäiſches Leben.
Freitag, den 22. Oktober 1830.
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ſon nur allein in ihm wirkt, und was ſich nur nothdürftig
auf die zu beziehen hat. Großmüthiger kann nur der ſein,
der Allgemeines ergreift, und Größeres; und dies iſt auch das
Weſen der Kunſt ſelbſt; wenn ſie noch ſo ſehr zu individua-
liſiren ſcheinen darf; ſie hört auf, ſie ſelbſt zu ſein, ſobald ſie
uns nicht mehr aus genereller Anregung, zuletzt zu genereller
Betrachtung führen kann.
Heute iſt mir klar geworden, daß keine Stadt eigentlich
groß zu nennen iſt, und wäre ihr Umfang der von Neapel,
Paris und London zuſammen; Leben und Weben dieſer Städte
konzentrirt in der Einen; Kunſt, Vergnügen und Nützlichkeits-
Anſtalten noch ſo reich! Wenn ſie nicht Fremde zuläßt, und,
als Vorbild, einladet, ſo muß ſie mesquin bleiben, und thürm-
ten ſich ihre Häuſer zu zwanzig Stockwerken, und ſtiege die
Einwohnerzahl zu einer nie gehörten. Alle Bewegung muß
auf ein Menſchliches bezogen werden können; das heißt hier,
auf Allgemeines, alle Menſchen Betreffendes: ſonſt wird alles
Bewegen am Ende pagodiſch, kinderhaft, lächerlich, bedeu-
tungslos. Das, woran nicht alle Menſchen am Ende Theil
haben können: iſt nicht gut: das, woran ſie nicht Theil ha-
ben ſollen: ſchlecht.
Paris und Rom ſind die größten Städte wegen ihrer
Fremden, und des allgemeinen Intereſſe’s wegen, welches ſie
ihnen zuführt. Sie ſind nicht vollkommen; faſt in nichts:
aber bis jetzt noch Vorbild. Eine, für Kunſt, geweſene Macht,
und Politik; die andere, für neueuropäiſches Leben.
Freitag, den 22. Oktober 1830.
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/463>, abgerufen am 30.11.2024.
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