Abhaltung.) Sie aber haben mir nicht erzählt, wo Sie sie zuerst sahen, und wie Sie ihre Bekanntschaft machten: worum ich Sie so sehr bat. Adieu! Glücklicher Freund! Bleiben Sie gesund! enthält für dies Leben alle Bedingung für alles Gute. Sie denken wohl, weil ich davon schweige, die großen Ereignisse gehen wie an einer Krähe, oder Taube an mir vor- über? "Weh mir, daß ich geboren ward, sie wieder einzuren- ken!" sagt Hamlet. Die debacle zu sehn! sag' ich. Adieu! a tantot! Lassen Sie nur nicht nach! Freilich! "Vor- wärts."
Fr. V.
An Gentz, in Wien.
Donnerstag, den 18. November 1830. Mittags 12 Ubr.
Sanftes, schlappes, straßennasses, himmelgraues Wetter. Wovon ich wohl abhange: Sie -- ich möchte in Hai- nen opfren! -- sind gesund: ich nur mit dem rein- sten unhiesigen Wetter befreundet.
-- Das Publikum lernt erst sie goutiren; ich konnte es gleich. Nicht weil sie Ihr Liebling ist; denn selbst meine Liebe machte mich nur clairvoyante; und die Binde des Amors soll heißen: auch ohne Augen, ganz ohne Augen sieht er; weiß er; und lehrt die Augen sehn. Il est des sympathies, il est des noeud secrets- - das ist das.
Dann habe ich noch eine Ehre gehabt. Nämlich meine mit mir aufgewachsene Menschenkenntniß, die noch bei mir aushält. In meinem Billet an die Schöne lobte ich ihren Anzug, und nannte ihn einen "persönlichen." Und -- wie ich
Abhaltung.) Sie aber haben mir nicht erzählt, wo Sie ſie zuerſt ſahen, und wie Sie ihre Bekanntſchaft machten: worum ich Sie ſo ſehr bat. Adieu! Glücklicher Freund! Bleiben Sie geſund! enthält für dies Leben alle Bedingung für alles Gute. Sie denken wohl, weil ich davon ſchweige, die großen Ereigniſſe gehen wie an einer Krähe, oder Taube an mir vor- über? „Weh mir, daß ich geboren ward, ſie wieder einzuren- ken!“ ſagt Hamlet. Die débâcle zu ſehn! ſag’ ich. Adieu! à tantôt! Laſſen Sie nur nicht nach! Freilich! „Vor- wärts.“
Fr. V.
An Gentz, in Wien.
Donnerstag, den 18. November 1830. Mittags 12 Ubr.
Sanftes, ſchlappes, ſtraßennaſſes, himmelgraues Wetter. Wovon ich wohl abhange: Sie — ich möchte in Hai- nen opfren! — ſind geſund: ich nur mit dem rein- ſten unhieſigen Wetter befreundet.
— Das Publikum lernt erſt ſie goutiren; ich konnte es gleich. Nicht weil ſie Ihr Liebling iſt; denn ſelbſt meine Liebe machte mich nur clairvoyante; und die Binde des Amors ſoll heißen: auch ohne Augen, ganz ohne Augen ſieht er; weiß er; und lehrt die Augen ſehn. Il est des sympathies, il est des noeud secrets- - das iſt das.
Dann habe ich noch eine Ehre gehabt. Nämlich meine mit mir aufgewachſene Menſchenkenntniß, die noch bei mir aushält. In meinem Billet an die Schöne lobte ich ihren Anzug, und nannte ihn einen „perſönlichen.“ Und — wie ich
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Abhaltung.) Sie aber haben mir nicht erzählt, wo Sie ſie
zuerſt ſahen, und wie Sie ihre Bekanntſchaft machten: worum
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Sie geſund! enthält für dies Leben alle Bedingung für alles
Gute. Sie denken wohl, weil ich davon ſchweige, die großen
Ereigniſſe gehen wie an einer Krähe, oder Taube an mir vor-
über? „Weh mir, daß ich geboren ward, ſie wieder einzuren-
ken!“ ſagt Hamlet. Die débâcle zu ſehn! ſag’ ich. Adieu!
à tantôt! Laſſen Sie nur nicht nach! Freilich! „Vor-
wärts.“
Fr. V.
An Gentz, in Wien.
Donnerstag, den 18. November 1830. Mittags 12 Ubr.
Sanftes, ſchlappes, ſtraßennaſſes, himmelgraues Wetter.
Wovon ich wohl abhange: Sie — ich möchte in Hai-
nen opfren! — ſind geſund: ich nur mit dem rein-
ſten unhieſigen Wetter befreundet.
— Das Publikum lernt erſt ſie goutiren; ich konnte es
gleich. Nicht weil ſie Ihr Liebling iſt; denn ſelbſt meine
Liebe machte mich nur clairvoyante; und die Binde des Amors
ſoll heißen: auch ohne Augen, ganz ohne Augen ſieht er;
weiß er; und lehrt die Augen ſehn. Il est des sympathies,
il est des noeud secrets- - das iſt das.
Dann habe ich noch eine Ehre gehabt. Nämlich meine
mit mir aufgewachſene Menſchenkenntniß, die noch bei mir
aushält. In meinem Billet an die Schöne lobte ich ihren
Anzug, und nannte ihn einen „perſönlichen.“ Und — wie ich
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 463. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/471>, abgerufen am 29.11.2024.
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