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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834.

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alles. Wen sie geliebt hatte, kam nie vor: überhaupt Ihr
Name nicht. Aber seit vier Jahren weiß ich es: Frau von --
sagte es mir damals, ihre Intimste, noch von Stockholm her:
Generalsfrauen, deutsche, aus einem Kreise. So geht das
Lotterierad der Welt! -- Welche dumme Waisenkinder drehen
uns scheinbar, wie die Papierrollen auch nur scheinbar gedreht
werden! -- Die ist glücklos todt. Sie, geliebt, und lie-
bend
, von einer zwanzigjährigen Tanzgrazie, zum erstenmal
ganz glücklich; endlich hochstehend genug, um frei, ihr leben
zu können! Dies sage ich Ihnen, damit Sie sich auch den
äußern Glücksfall ganz auf's Herz drücken! savourer. Haben
Sie wohl solch Gedächtniß, daß Sie sich erinnern, wie vor
vielen Jahren Sie mir Briefe von Fräulein J., die ich nicht
kannte, zeigten? und die ich nicht so schön finden konnte, weil
sie mir zu hergebracht und unwesentlich schienen? Es ist eine
brave Frau geworden; die ich immer einen braven Mann
nannte. Nicht, daß sie Männliches hatte, außer das Recht-
schaffene, welches man von einem Mann fordert. Nun habe
ich schon Brustschmerzen: thäten Sie das auch für mich?
Viele Seiten liegen für Sie seit Fannychens Ankunft fertig;
wollen Sie sie etwa, so vollende ich sie. Eins möchte ich
wissen! Sie werden erstaunen: warum wird Prinz W.'s Polier so
bei Ihnen befördert? Man ist doch sonst krumm, wenn man
sich bückt; wie der Brandenburger sagt. Diesen Punkt nicht
zu beantworten, wird Ihnen besonderes Vergnügen machen!
Viel zu sehr

Ihre F. V.


alles. Wen ſie geliebt hatte, kam nie vor: überhaupt Ihr
Name nicht. Aber ſeit vier Jahren weiß ich es: Frau von —
ſagte es mir damals, ihre Intimſte, noch von Stockholm her:
Generalsfrauen, deutſche, aus einem Kreiſe. So geht das
Lotterierad der Welt! — Welche dumme Waiſenkinder drehen
uns ſcheinbar, wie die Papierrollen auch nur ſcheinbar gedreht
werden! — Die iſt glücklos todt. Sie, geliebt, und lie-
bend
, von einer zwanzigjährigen Tanzgrazie, zum erſtenmal
ganz glücklich; endlich hochſtehend genug, um frei, ihr leben
zu können! Dies ſage ich Ihnen, damit Sie ſich auch den
äußern Glücksfall ganz auf’s Herz drücken! savourer. Haben
Sie wohl ſolch Gedächtniß, daß Sie ſich erinnern, wie vor
vielen Jahren Sie mir Briefe von Fräulein J., die ich nicht
kannte, zeigten? und die ich nicht ſo ſchön finden konnte, weil
ſie mir zu hergebracht und unweſentlich ſchienen? Es iſt eine
brave Frau geworden; die ich immer einen braven Mann
nannte. Nicht, daß ſie Männliches hatte, außer das Recht-
ſchaffene, welches man von einem Mann fordert. Nun habe
ich ſchon Bruſtſchmerzen: thäten Sie das auch für mich?
Viele Seiten liegen für Sie ſeit Fannychens Ankunft fertig;
wollen Sie ſie etwa, ſo vollende ich ſie. Eins möchte ich
wiſſen! Sie werden erſtaunen: warum wird Prinz W.’s Polier ſo
bei Ihnen befördert? Man iſt doch ſonſt krumm, wenn man
ſich bückt; wie der Brandenburger ſagt. Dieſen Punkt nicht
zu beantworten, wird Ihnen beſonderes Vergnügen machen!
Viel zu ſehr

Ihre F. V.


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[549/0557] alles. Wen ſie geliebt hatte, kam nie vor: überhaupt Ihr Name nicht. Aber ſeit vier Jahren weiß ich es: Frau von — ſagte es mir damals, ihre Intimſte, noch von Stockholm her: Generalsfrauen, deutſche, aus einem Kreiſe. So geht das Lotterierad der Welt! — Welche dumme Waiſenkinder drehen uns ſcheinbar, wie die Papierrollen auch nur ſcheinbar gedreht werden! — Die iſt glücklos todt. Sie, geliebt, und lie- bend, von einer zwanzigjährigen Tanzgrazie, zum erſtenmal ganz glücklich; endlich hochſtehend genug, um frei, ihr leben zu können! Dies ſage ich Ihnen, damit Sie ſich auch den äußern Glücksfall ganz auf’s Herz drücken! savourer. Haben Sie wohl ſolch Gedächtniß, daß Sie ſich erinnern, wie vor vielen Jahren Sie mir Briefe von Fräulein J., die ich nicht kannte, zeigten? und die ich nicht ſo ſchön finden konnte, weil ſie mir zu hergebracht und unweſentlich ſchienen? Es iſt eine brave Frau geworden; die ich immer einen braven Mann nannte. Nicht, daß ſie Männliches hatte, außer das Recht- ſchaffene, welches man von einem Mann fordert. Nun habe ich ſchon Bruſtſchmerzen: thäten Sie das auch für mich? Viele Seiten liegen für Sie ſeit Fannychens Ankunft fertig; wollen Sie ſie etwa, ſo vollende ich ſie. Eins möchte ich wiſſen! Sie werden erſtaunen: warum wird Prinz W.’s Polier ſo bei Ihnen befördert? Man iſt doch ſonſt krumm, wenn man ſich bückt; wie der Brandenburger ſagt. Dieſen Punkt nicht zu beantworten, wird Ihnen beſonderes Vergnügen machen! Viel zu ſehr Ihre F. V.

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 549. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/557>, abgerufen am 23.11.2024.