nen zu folgen, so angegriffen, daß ich mich nach Hause mußte bringen lassen. Meine Brust war durch den Fall aufs neue verletzt worden, ich war krank, allein und verlassen. Mein Geldvorrath war erschöpft, was noch übrig war, reichte kaum hin, mich wieder herzustellen. Um dieses zu beschleunigen, woll- te ich einige Zeit auf dem Lande leben; die Luft in London war mir höchst schädlich. So bald ich es nur wagen durfte, so weit zu ge- hen, machte ich mich auf, um meinen Lord auf seinem Landhause zu besuchen, und mich bey ihm völlig zu erholen.
Jn seinem mit der gewöhnlichen Pracht der Englischen Land-Paläste errichteten Wohn- sitz fand ich alles in bunter, lauter Freude und Lustbarkeit. Der Lord hatte sich vor we- nigen Tagen mit einer reichen Erbin vermählt, und man war noch sehr mit den Festen be- schäftigt. Jch kam zu Fuß, war matt, bleich und im Kostum eines Fußgängers. Jch muß- te lange stehen, eh ich jemanden fand, der mich Sr. Herrlichkeit melden wollte. Es gab
nen zu folgen, ſo angegriffen, daß ich mich nach Hauſe mußte bringen laſſen. Meine Bruſt war durch den Fall aufs neue verletzt worden, ich war krank, allein und verlaſſen. Mein Geldvorrath war erſchoͤpft, was noch uͤbrig war, reichte kaum hin, mich wieder herzuſtellen. Um dieſes zu beſchleunigen, woll- te ich einige Zeit auf dem Lande leben; die Luft in London war mir hoͤchſt ſchaͤdlich. So bald ich es nur wagen durfte, ſo weit zu ge- hen, machte ich mich auf, um meinen Lord auf ſeinem Landhauſe zu beſuchen, und mich bey ihm voͤllig zu erholen.
Jn ſeinem mit der gewoͤhnlichen Pracht der Engliſchen Land-Palaͤſte errichteten Wohn- ſitz fand ich alles in bunter, lauter Freude und Luſtbarkeit. Der Lord hatte ſich vor we- nigen Tagen mit einer reichen Erbin vermaͤhlt, und man war noch ſehr mit den Feſten be- ſchaͤftigt. Jch kam zu Fuß, war matt, bleich und im Koſtum eines Fußgaͤngers. Jch muß- te lange ſtehen, eh ich jemanden fand, der mich Sr. Herrlichkeit melden wollte. Es gab
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nen zu folgen, ſo angegriffen, daß ich mich
nach Hauſe mußte bringen laſſen. Meine
Bruſt war durch den Fall aufs neue verletzt
worden, ich war krank, allein und verlaſſen.
Mein Geldvorrath war erſchoͤpft, was noch
uͤbrig war, reichte kaum hin, mich wieder
herzuſtellen. Um dieſes zu beſchleunigen, woll-
te ich einige Zeit auf dem Lande leben; die
Luft in London war mir hoͤchſt ſchaͤdlich. So
bald ich es nur wagen durfte, ſo weit zu ge-
hen, machte ich mich auf, um meinen Lord
auf ſeinem Landhauſe zu beſuchen, und mich
bey ihm voͤllig zu erholen.
Jn ſeinem mit der gewoͤhnlichen Pracht
der Engliſchen Land-Palaͤſte errichteten Wohn-
ſitz fand ich alles in bunter, lauter Freude
und Luſtbarkeit. Der Lord hatte ſich vor we-
nigen Tagen mit einer reichen Erbin vermaͤhlt,
und man war noch ſehr mit den Feſten be-
ſchaͤftigt. Jch kam zu Fuß, war matt, bleich
und im Koſtum eines Fußgaͤngers. Jch muß-
te lange ſtehen, eh ich jemanden fand, der
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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/195>, abgerufen am 06.10.2024.
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