wenn du es vermagst, so entdecke mir, was dich so erschüttern konnte. Erinnere dich, was du so rasch verlassen willst! Mich laß aber zie- hen, mir ein Glück zu erringen, für das und mit dem du geboren wardst, erfreue dich dessen, und bleibe in Frieden. -- So bleibe du bey mir, Florentiu! nur noch ein Jahr bleibe bey mir, dann ziehe ich mit dir, wohin du willst! -- Ach, Eduard! du solltest mich nicht halten wollen! -- Was du nicht sagen kannst, fiel Eduard ein, weiß ich längst, mein Freund! Du liebst Julianen, ich weiß es, aber -- Wer? wer darf das sagen? -- Bleib ruhig, Florentin, es blieb mir nicht unbemerkt. -- Du hast dennoch falsch gesehen -- Kannst du so dein eignes Ge- fühl verläugnen, und was hast du zu fürchten? Jch fürchte nichts von dir, sey überzeugt! ich kenne dich, dir ist die Freundschaft heilig. Du wirst dich für den Freund aus aller Kraft dei- ner Seele zu bekämpfen wissen. Auch wird deine Leidenschaft sich bald in das reinste Freund- schaftsgefühl auflösen. Und dann, von beyden Freunden geleitet, soll Juliane des schönsten
wenn du es vermagſt, ſo entdecke mir, was dich ſo erſchuͤttern konnte. Erinnere dich, was du ſo raſch verlaſſen willſt! Mich laß aber zie- hen, mir ein Gluͤck zu erringen, fuͤr das und mit dem du geboren wardſt, erfreue dich deſſen, und bleibe in Frieden. — So bleibe du bey mir, Florentiu! nur noch ein Jahr bleibe bey mir, dann ziehe ich mit dir, wohin du willſt! — Ach, Eduard! du ſollteſt mich nicht halten wollen! — Was du nicht ſagen kannſt, fiel Eduard ein, weiß ich laͤngſt, mein Freund! Du liebſt Julianen, ich weiß es, aber — Wer? wer darf das ſagen? — Bleib ruhig, Florentin, es blieb mir nicht unbemerkt. — Du haſt dennoch falſch geſehen — Kannſt du ſo dein eignes Ge- fuͤhl verlaͤugnen, und was haſt du zu fuͤrchten? Jch fuͤrchte nichts von dir, ſey uͤberzeugt! ich kenne dich, dir iſt die Freundſchaft heilig. Du wirſt dich fuͤr den Freund aus aller Kraft dei- ner Seele zu bekaͤmpfen wiſſen. Auch wird deine Leidenſchaft ſich bald in das reinſte Freund- ſchaftsgefuͤhl aufloͤſen. Und dann, von beyden Freunden geleitet, ſoll Juliane des ſchoͤnſten
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wenn du es vermagſt, ſo entdecke mir, was
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mit dem du geboren wardſt, erfreue dich deſſen,
und bleibe in Frieden. — So bleibe du bey
mir, Florentiu! nur noch ein Jahr bleibe bey
mir, dann ziehe ich mit dir, wohin du willſt!
— Ach, Eduard! du ſollteſt mich nicht halten
wollen! — Was du nicht ſagen kannſt, fiel
Eduard ein, weiß ich laͤngſt, mein Freund! Du
liebſt Julianen, ich weiß es, aber — Wer? wer
darf das ſagen? — Bleib ruhig, Florentin, es
blieb mir nicht unbemerkt. — Du haſt dennoch
falſch geſehen — Kannſt du ſo dein eignes Ge-
fuͤhl verlaͤugnen, und was haſt du zu fuͤrchten?
Jch fuͤrchte nichts von dir, ſey uͤberzeugt! ich
kenne dich, dir iſt die Freundſchaft heilig. Du
wirſt dich fuͤr den Freund aus aller Kraft dei-
ner Seele zu bekaͤmpfen wiſſen. Auch wird
deine Leidenſchaft ſich bald in das reinſte Freund-
ſchaftsgefuͤhl aufloͤſen. Und dann, von beyden
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Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/236>, abgerufen am 21.11.2024.
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