trat hinein, es war das neu eingerichtete Schlafzimmer für Julianen, in dem die Kammerfrauen eben noch einiges ordneten. Ein Basrelief mit Figuren in Lebensgröße über dem Kamine zog sogleich seine Augen auf sich. Es war eine Psyche, welche die Lampe in der Hand, den schlummernden Gott der Liebe mit staunendem Entzücken beschaute. Es war in edlem Styl gearbei- tet, und von vollendeter Ausführung, Flo- rentin betrachtete es mit innigem Vergnügen, und glaubte die Hand des Meisters darin zu erkennen; er freute sich es so unverhofft erblickt zu haben. Das ganze Zimmer war übrigens mit glänzender Pracht eingerichtet. Als er es eben verlassen wollte, und noch einen Blick umher warf, fiel ihm das große Prachtbette auf, das dem vortrefflichen Kunstwerk gegenüber stand. Am Obertheil des Lagers sowohl, als zwischen den stolzen Federbüschen, die auf den reich mit gold- nen Quasten verzierten schweren seidnen Vor- hängen prangten, breiteten sich mit großer
(19) 2
trat hinein, es war das neu eingerichtete Schlafzimmer fuͤr Julianen, in dem die Kammerfrauen eben noch einiges ordneten. Ein Basrelief mit Figuren in Lebensgroͤße uͤber dem Kamine zog ſogleich ſeine Augen auf ſich. Es war eine Pſyche, welche die Lampe in der Hand, den ſchlummernden Gott der Liebe mit ſtaunendem Entzuͤcken beſchaute. Es war in edlem Styl gearbei- tet, und von vollendeter Ausfuͤhrung, Flo- rentin betrachtete es mit innigem Vergnuͤgen, und glaubte die Hand des Meiſters darin zu erkennen; er freute ſich es ſo unverhofft erblickt zu haben. Das ganze Zimmer war uͤbrigens mit glaͤnzender Pracht eingerichtet. Als er es eben verlaſſen wollte, und noch einen Blick umher warf, fiel ihm das große Prachtbette auf, das dem vortrefflichen Kunſtwerk gegenuͤber ſtand. Am Obertheil des Lagers ſowohl, als zwiſchen den ſtolzen Federbuͤſchen, die auf den reich mit gold- nen Quaſten verzierten ſchweren ſeidnen Vor- haͤngen prangten, breiteten ſich mit großer
(19) 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0299"n="291"/>
trat hinein, es war das neu eingerichtete<lb/>
Schlafzimmer fuͤr Julianen, in dem die<lb/>
Kammerfrauen eben noch einiges ordneten.<lb/>
Ein Basrelief mit Figuren in Lebensgroͤße<lb/>
uͤber dem Kamine zog ſogleich ſeine Augen<lb/>
auf ſich. Es war eine Pſyche, welche die<lb/>
Lampe in der Hand, den ſchlummernden<lb/>
Gott der Liebe mit ſtaunendem Entzuͤcken<lb/>
beſchaute. Es war in edlem Styl gearbei-<lb/>
tet, und von vollendeter Ausfuͤhrung, Flo-<lb/>
rentin betrachtete es mit innigem Vergnuͤgen,<lb/>
und glaubte die Hand des Meiſters darin<lb/>
zu erkennen; er freute ſich es ſo unverhofft<lb/>
erblickt zu haben. Das ganze Zimmer war<lb/>
uͤbrigens mit glaͤnzender Pracht eingerichtet.<lb/>
Als er es eben verlaſſen wollte, und noch<lb/>
einen Blick umher warf, fiel ihm das große<lb/>
Prachtbette auf, das dem vortrefflichen<lb/>
Kunſtwerk gegenuͤber ſtand. Am Obertheil<lb/>
des Lagers ſowohl, als zwiſchen den ſtolzen<lb/>
Federbuͤſchen, die auf den reich mit gold-<lb/>
nen Quaſten verzierten ſchweren ſeidnen Vor-<lb/>
haͤngen prangten, breiteten ſich mit großer<lb/><fwplace="bottom"type="sig">(19) 2</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[291/0299]
trat hinein, es war das neu eingerichtete
Schlafzimmer fuͤr Julianen, in dem die
Kammerfrauen eben noch einiges ordneten.
Ein Basrelief mit Figuren in Lebensgroͤße
uͤber dem Kamine zog ſogleich ſeine Augen
auf ſich. Es war eine Pſyche, welche die
Lampe in der Hand, den ſchlummernden
Gott der Liebe mit ſtaunendem Entzuͤcken
beſchaute. Es war in edlem Styl gearbei-
tet, und von vollendeter Ausfuͤhrung, Flo-
rentin betrachtete es mit innigem Vergnuͤgen,
und glaubte die Hand des Meiſters darin
zu erkennen; er freute ſich es ſo unverhofft
erblickt zu haben. Das ganze Zimmer war
uͤbrigens mit glaͤnzender Pracht eingerichtet.
Als er es eben verlaſſen wollte, und noch
einen Blick umher warf, fiel ihm das große
Prachtbette auf, das dem vortrefflichen
Kunſtwerk gegenuͤber ſtand. Am Obertheil
des Lagers ſowohl, als zwiſchen den ſtolzen
Federbuͤſchen, die auf den reich mit gold-
nen Quaſten verzierten ſchweren ſeidnen Vor-
haͤngen prangten, breiteten ſich mit großer
(19) 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schlegel, Dorothea von: Florentin. Hrsg. v. Friedrich Schlegel. Lübeck u. a., 1801, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/veitschlegel_florentin_1801/299>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.