Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 2,1. Reutlingen u. a., 1847.
lande in privatrechtliche Isolirung des Einzelnen aufzuheben, und das 2. Die Culturformen vor der Aufnahme des Griechischen und §. 353. Dieses Volk des Zwecks und der That, dieses wesentlich politische, 16*
lande in privatrechtliche Iſolirung des Einzelnen aufzuheben, und das 2. Die Culturformen vor der Aufnahme des Griechiſchen und §. 353. Dieſes Volk des Zwecks und der That, dieſes weſentlich politiſche, 16*
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lande in privatrechtliche Iſolirung des Einzelnen aufzuheben, und das
Bezeichnende dieſes Rechtsgeiſtes iſt nur erſt die Abſtraction von dem
reicheren Umfange der lebendigen Subjectivität; gerade dieß beweist aber,
daß vertiefte Innerlichkeit hier noch keine Rolle ſpielt; in der Kaiſerzeit
erſt wird das Recht zu der abſtracten Atomiſtik, die den Einzelnen nur
als Einzelnen hinſtellt, ſeine Intereſſen vom Vaterlande trennt und ihm
die Zurückziehung in ſich zum Troſte läßt.
2. Die Culturformen vor der Aufnahme des Griechiſchen und
Orientaliſchen ſind härter und einfacher, als die griechiſchen, übrigens,
namentlich die Tracht, in den Hauptzügen dieſelben. Wichtig ſind ins-
beſondere die Formen des Kriegs. Dieſes ganz militäriſche Volk hatte
gewiß früher eine ſtraffe ſoldatiſche Dreſſur, als die Griechen, und bildete
dann die Taktik zur höchſten Kunſt aus. Ein römiſches Lager war eine
geordnete Stadt, Marſch, Belagerung mit ihren Maſchinen, Schlacht-
ordnung, Alles gemeſſen, geſchloſſen, ſtreng ſyſtematiſch, aber zugleich höchſt
beweglich und anſchaulich. In den Feſten und Spielen liegt der ganze
Gegenſatz gegen die Griechen am Lichte. In den Gladiatorenſpielen ſpricht
ſich die blutige Härte und Grauſamkeit dieſes Volks auf’s Widerlichſte
aus. Der freie Grieche trat in den öffentlichen Spielen ſelbſt auf, ſie
waren zum Theil gefährlich, aber nicht blutiger Ernſt; in Rom metzelten
ſich Sklaven zur Kurzweil der Zuſchauer. Die Saturnalien waren weſentlich
Lüftung des Zwangs und Dienſts und ſprechen ganz die dualiſtiſche Natur
des Volkes aus. Die griechiſchen Feſte waren nicht Erholung vom Zwang
eines düſteren Lebens; Arbeit und Genuß, Werktag und Feſttag fiel ihnen
ſo nicht auseinander. Ein Feſt, deſſen ausdrücklicher Zweck geweſen wäre,
Geſchäft und Standes-Unterſchied zu vergeſſen, waren auch ihre aus-
gelaſſenen Dionyſien nicht. — Die düſtere Größe, der ſchweigende Ernſt
des römiſchen Cultus ſpricht ſich erhaben in den Worten des Horaz aus:
dum Capitolium scandet cum tacita virgine pontifex. Die Römer waren
abergläubiſcher, als die Griechen; Wahrſagerei, Zeichendenterei umſpinnt
Alles, das Geiſterhafte des hetruriſchen Glaubens hat ſich ihnen mit-
getheilt; Weihe und Ceremonie gehört zu jedem Geſchäfte, jeder Unter-
nehmung. Aber wieder verräth ſich neben dem Anſatze zum Innerlichen,
der auch hierin liegt, der objective Sinn, und zwar in der beſondern
Beſtimmtheit des Politiſchen und Juriſtiſchen, darin, daß ihre Religion
weſentlich Religion politiſcher Zweckmäßigkeit, nicht freie Empfindung,
ſondern ſächlich, nothwendiges Mittel war.
§. 353.
Dieſes Volk des Zwecks und der That, dieſes weſentlich politiſche,
militäriſche Volk bietet eine ſtoffreichere Geſchichte dar, als das griechiſche, und
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