Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 3,2,1. Stuttgart, 1852.
einem einseitigen Innenbau aus, in welchem die unentschiedene Grundform von 1. Jener reine Rundbau, namentlich im Pantheon dargestellt (§. 586), Vischer's Aesthetik. 3. Band. 20
einem einſeitigen Innenbau aus, in welchem die unentſchiedene Grundform von 1. Jener reine Rundbau, namentlich im Pantheon dargeſtellt (§. 586), Viſcher’s Aeſthetik. 3. Band. 20
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einem einſeitigen Innenbau aus, in welchem die unentſchiedene Grundform von
einer phantaſievollen Ornamentik zelt- und teppichartig überkleidet wird, welche
ſelbſt das ſtructiv Dienende in ein Decoratives verwandelt und die Flächen
mit jenem Arabeskenſpiele ſchmückt, in deſſen bunten Verſchlingungen ein dem
Kryſtalle verwandtes Geſetz der Wiederkehr gegen einen Mittelpunct herrſcht,
das in der Folge bedeutenden Einfluß auf die Kunſt des Abendlands gewinnt.
1. Jener reine Rundbau, namentlich im Pantheon dargeſtellt (§. 586),
einſeitig und daher in der reifen Kunſt ſehr vereinzelt (vergl. §. 565),
enthält doch einen Keim, den die romantiſche Phantaſie ergreifen und aus-
bilden wird: das Runde ſtellt, wie wir geſehen, in tieferer Vermittlung
mit dem Geraden und Eckigen eine ſubjective Bewegung dar, welche der
Innerlichkeit dieſes ſubjectiv beſtimmten Bewußtſeins zuſagen muß. Haben
wir dagegen dem Rundbau mit Kuppel, dem dieſe Vermittlung abgeht,
nur die Symbolik übergreifender Herrſchermacht zuerkannt, ſo mußte dieſe
Form dem orientaliſch geſtimmten byzantiniſchen Geiſte einförmiger deſpo-
tiſcher Einheit beſonders zuſagen, während dieſer Geiſt doch als ein chriſt-
licher die erſten Schritte zu jener tieferen Vermittlung zu vollziehen ge-
trieben ſein wird. Der Rund- und Kuppelbau tritt auch im weſtrömiſchen
Reiche, in rein orientaliſchem Lande (Jeruſalem) zunächſt theils als Tauf-
kapelle, theils aber und namentlich als Grabkapelle, Grabkirche auf; nun
aber wird er im byzantiniſchen Reiche zum Gotteshaus und ſucht in ver-
ſchiedenen Formen herum, jene tiefere Geſtaltung zu finden. Er gliedert
ſich polygoniſch, legt Säulengetragene, in doppelten Stockwerken ſich er-
hebende, mit Halbkuppeln überwölbte Niſchen zwiſchen die ſtarken Pfeiler,
welche die Kuppel tragen, überwölbt den zweiſtockigen Umgang um dieſen
Mittelraum mit Tonnengewölbe; ſo S. Vitale in Ravenna, die Münſter-
kirche in Aachen als Hauptform der karolingiſchen Uebertragung dieſes
Styls neben der Baſilika (z. B. Abteikirche in St. Gallen) in das nörd-
liche Abendland, die jedoch Abweichungen hat: achteckige Kuppel, keine
Niſchen, u. ſ. w. Hat ſo der Rundbau durch das Polygon ſich bereits mit
dem Eckigen vermählt, ſo wölbt er nun auch gewöhnlich die Kuppel über
ein Quadrat und als wichtiges weiteres Moment tritt ein, daß er ſich
neben immer reicherer Gliederung von Niſchen und Galerien (dieſe für
den von den Männern getrennten weiblichen Theil der Gemeinde: eine
Trennung, welche in der Baſilika durch die Schiffe bewerkſtelligt wird),
die er zwiſchen ſeine Pfeiler ſtellt, in die Länge ſtreckt, indem er an
zwei Seiten ſeiner Kuppeln große Halbkuppeln anlegt, welche mit dieſer
zuſammengefaßt eine elliptiſche Form darſtellen und eine Neigung im Keim
anzeigen, ein Oblongum zu überwölben. Allein dieß iſt blos entfernte
Andeutung; die wahre Form wäre ein Netz von Kreuzgewölben, über ein
Viſcher’s Aeſthetik. 3. Band. 20
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