einfache Mann spürte wohl, daß man mit den nütz¬ lichen Erfindungen, die man dieser Zunft verdankte, nicht schlecht fahre, und an diesem Theil der Volks¬ menge hatte denn jene zweite Adelspartei einen Rück¬ halt von beträchtlicher Kraft und Breite. In dem Zeitpunkt nun, auf welchem unsere Geschichte vorgeht, bewegte sich das Zünglein der oft schwankenden Wage merklich nach dieser Seite hin. Der Oberdruide, der sich den stolzen Namen Mac-Taliesin beigelegt hatte, war alt und etwas bequem geworden, die alte Rührig¬ keit des Ordens aus Mangel an Trieb von oben er¬ schlafft und von der jugendlichen Beweglichkeit der Gegner überholt.
Daß dieser Stand der Dinge sich auch im Dorfe Robanus verspüren ließ, haben wir ja eben aus den ziemlich unehrerbietigen Reden erkannt, deren Ergebniß die Deputation an den Druiden Angus war, und es begreift sich nun nicht nur ganz, warum er den Boten ein saures Gesicht machte, sondern zugleich auch, war¬ um er nicht genug Sicherheit in sich fühlte, der un¬ willkommenen Zumuthung zu widerstehen. Er besann sich kurz und sagte dann: "Nun ja, meinetwegen!" Wir werden sogleich noch einen bestimmteren, einzelnen Grund erfahren, der ihm die Einwilligung erschweren mußte. Die Deputation zog ab, dieselben Männer bekamen den Auftrag, sich zur Einladung der Barden nach Turik zu begeben, die berühmten Meister gaben
einfache Mann ſpürte wohl, daß man mit den nütz¬ lichen Erfindungen, die man dieſer Zunft verdankte, nicht ſchlecht fahre, und an dieſem Theil der Volks¬ menge hatte denn jene zweite Adelspartei einen Rück¬ halt von beträchtlicher Kraft und Breite. In dem Zeitpunkt nun, auf welchem unſere Geſchichte vorgeht, bewegte ſich das Zünglein der oft ſchwankenden Wage merklich nach dieſer Seite hin. Der Oberdruide, der ſich den ſtolzen Namen Mac-Talieſin beigelegt hatte, war alt und etwas bequem geworden, die alte Rührig¬ keit des Ordens aus Mangel an Trieb von oben er¬ ſchlafft und von der jugendlichen Beweglichkeit der Gegner überholt.
Daß dieſer Stand der Dinge ſich auch im Dorfe Robanus verſpüren ließ, haben wir ja eben aus den ziemlich unehrerbietigen Reden erkannt, deren Ergebniß die Deputation an den Druiden Angus war, und es begreift ſich nun nicht nur ganz, warum er den Boten ein ſaures Geſicht machte, ſondern zugleich auch, war¬ um er nicht genug Sicherheit in ſich fühlte, der un¬ willkommenen Zumuthung zu widerſtehen. Er beſann ſich kurz und ſagte dann: „Nun ja, meinetwegen!“ Wir werden ſogleich noch einen beſtimmteren, einzelnen Grund erfahren, der ihm die Einwilligung erſchweren mußte. Die Deputation zog ab, dieſelben Männer bekamen den Auftrag, ſich zur Einladung der Barden nach Turik zu begeben, die berühmten Meiſter gaben
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0203"n="190"/>
einfache Mann ſpürte wohl, daß man mit den nütz¬<lb/>
lichen Erfindungen, die man dieſer Zunft verdankte,<lb/>
nicht ſchlecht fahre, und an dieſem Theil der Volks¬<lb/>
menge hatte denn jene zweite Adelspartei einen Rück¬<lb/>
halt von beträchtlicher Kraft und Breite. In dem<lb/>
Zeitpunkt nun, auf welchem unſere Geſchichte vorgeht,<lb/>
bewegte ſich das Zünglein der oft ſchwankenden Wage<lb/>
merklich nach dieſer Seite hin. Der Oberdruide, der<lb/>ſich den ſtolzen Namen Mac-Talieſin beigelegt hatte,<lb/>
war alt und etwas bequem geworden, die alte Rührig¬<lb/>
keit des Ordens aus Mangel an Trieb von oben er¬<lb/>ſchlafft und von der jugendlichen Beweglichkeit der<lb/>
Gegner überholt.</p><lb/><p>Daß dieſer Stand der Dinge ſich auch im Dorfe<lb/>
Robanus verſpüren ließ, haben wir ja eben aus den<lb/>
ziemlich unehrerbietigen Reden erkannt, deren Ergebniß<lb/>
die Deputation an den Druiden Angus war, und es<lb/>
begreift ſich nun nicht nur ganz, warum er den Boten<lb/>
ein ſaures Geſicht machte, ſondern zugleich auch, war¬<lb/>
um er nicht genug Sicherheit in ſich fühlte, der un¬<lb/>
willkommenen Zumuthung zu widerſtehen. Er beſann<lb/>ſich kurz und ſagte dann: „Nun ja, meinetwegen!“<lb/>
Wir werden ſogleich noch einen beſtimmteren, einzelnen<lb/>
Grund erfahren, der ihm die Einwilligung erſchweren<lb/>
mußte. Die Deputation zog ab, dieſelben Männer<lb/>
bekamen den Auftrag, ſich zur Einladung der Barden<lb/>
nach Turik zu begeben, die berühmten Meiſter gaben<lb/></p></div></body></text></TEI>
[190/0203]
einfache Mann ſpürte wohl, daß man mit den nütz¬
lichen Erfindungen, die man dieſer Zunft verdankte,
nicht ſchlecht fahre, und an dieſem Theil der Volks¬
menge hatte denn jene zweite Adelspartei einen Rück¬
halt von beträchtlicher Kraft und Breite. In dem
Zeitpunkt nun, auf welchem unſere Geſchichte vorgeht,
bewegte ſich das Zünglein der oft ſchwankenden Wage
merklich nach dieſer Seite hin. Der Oberdruide, der
ſich den ſtolzen Namen Mac-Talieſin beigelegt hatte,
war alt und etwas bequem geworden, die alte Rührig¬
keit des Ordens aus Mangel an Trieb von oben er¬
ſchlafft und von der jugendlichen Beweglichkeit der
Gegner überholt.
Daß dieſer Stand der Dinge ſich auch im Dorfe
Robanus verſpüren ließ, haben wir ja eben aus den
ziemlich unehrerbietigen Reden erkannt, deren Ergebniß
die Deputation an den Druiden Angus war, und es
begreift ſich nun nicht nur ganz, warum er den Boten
ein ſaures Geſicht machte, ſondern zugleich auch, war¬
um er nicht genug Sicherheit in ſich fühlte, der un¬
willkommenen Zumuthung zu widerſtehen. Er beſann
ſich kurz und ſagte dann: „Nun ja, meinetwegen!“
Wir werden ſogleich noch einen beſtimmteren, einzelnen
Grund erfahren, der ihm die Einwilligung erſchweren
mußte. Die Deputation zog ab, dieſelben Männer
bekamen den Auftrag, ſich zur Einladung der Barden
nach Turik zu begeben, die berühmten Meiſter gaben
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/203>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.