die ihn in jedem Augenblick zu unterbrechen drohten. So fuhr er fort:
"Aber nein, nein! Nicht dunkle, dumpfe Macht ist er, er ist hell, offen, ganz offen. Licht ist er, er scheinet durch Alles und in Alles, da ist Alles durch¬ sichtig. Er hat vielleicht auch gar kein Haus, die Sonne ist nur sein Glanz- und Prachtbild. Er ist vielleicht, obwohl Mannesart in all' seinem Thun, doch eigentlich auch kein Mann, denn er ist überall. Er ist Einer und auch Keiner, er ist Einer und auch Drei. Drei Dinge ist er: das Sein, der Tod und der Geist. Er zeuget Alles, wandelt Alles und steigt auf aus Allem. Darum ist er ein Feuergeist, denn er brütet aus, verzehret und leuchtet. Die Menschen suchen seinen Namen und verwirren sich. Es sind Männer an unsere Seen gekommen von drüben her, vom weiten Lande gegen Untergang der Sonne, sie haben sich Gaels oder Gadhelen genannt, die haben berichtet vom Glauben ihres Volkes, da werde als oberster aller Götter verehrt Esus, der Schauerliche, dessen Odem zu vernehmen im stillen, geheimnißvollen Walde, der aber webe und wehe durch das ganze Weltall und dessen heiliges Zeichen der Kreis sei, weil er aus sich lauft und in sich zurück und keinen Anfang hat, noch Ende. Aber dieser Gott ist ein dunkler Gott und ein Abgrund. Und es sind andere Männer ge¬ kommen noch weiter her von einem breiten Eiland im
Vischer, Auch Einer. I. 19
die ihn in jedem Augenblick zu unterbrechen drohten. So fuhr er fort:
„Aber nein, nein! Nicht dunkle, dumpfe Macht iſt er, er iſt hell, offen, ganz offen. Licht iſt er, er ſcheinet durch Alles und in Alles, da iſt Alles durch¬ ſichtig. Er hat vielleicht auch gar kein Haus, die Sonne iſt nur ſein Glanz- und Prachtbild. Er iſt vielleicht, obwohl Mannesart in all' ſeinem Thun, doch eigentlich auch kein Mann, denn er iſt überall. Er iſt Einer und auch Keiner, er iſt Einer und auch Drei. Drei Dinge iſt er: das Sein, der Tod und der Geiſt. Er zeuget Alles, wandelt Alles und ſteigt auf aus Allem. Darum iſt er ein Feuergeiſt, denn er brütet aus, verzehret und leuchtet. Die Menſchen ſuchen ſeinen Namen und verwirren ſich. Es ſind Männer an unſere Seen gekommen von drüben her, vom weiten Lande gegen Untergang der Sonne, ſie haben ſich Gaels oder Gadhelen genannt, die haben berichtet vom Glauben ihres Volkes, da werde als oberſter aller Götter verehrt Eſus, der Schauerliche, deſſen Odem zu vernehmen im ſtillen, geheimnißvollen Walde, der aber webe und wehe durch das ganze Weltall und deſſen heiliges Zeichen der Kreis ſei, weil er aus ſich lauft und in ſich zurück und keinen Anfang hat, noch Ende. Aber dieſer Gott iſt ein dunkler Gott und ein Abgrund. Und es ſind andere Männer ge¬ kommen noch weiter her von einem breiten Eiland im
Viſcher, Auch Einer. I. 19
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die ihn in jedem Augenblick zu unterbrechen drohten.
So fuhr er fort:
„Aber nein, nein! Nicht dunkle, dumpfe Macht
iſt er, er iſt hell, offen, ganz offen. Licht iſt er, er
ſcheinet durch Alles und in Alles, da iſt Alles durch¬
ſichtig. Er hat vielleicht auch gar kein Haus, die
Sonne iſt nur ſein Glanz- und Prachtbild. Er iſt
vielleicht, obwohl Mannesart in all' ſeinem Thun,
doch eigentlich auch kein Mann, denn er iſt überall.
Er iſt Einer und auch Keiner, er iſt Einer und auch
Drei. Drei Dinge iſt er: das Sein, der Tod und
der Geiſt. Er zeuget Alles, wandelt Alles und ſteigt
auf aus Allem. Darum iſt er ein Feuergeiſt, denn
er brütet aus, verzehret und leuchtet. Die Menſchen
ſuchen ſeinen Namen und verwirren ſich. Es ſind
Männer an unſere Seen gekommen von drüben her,
vom weiten Lande gegen Untergang der Sonne, ſie
haben ſich Gaels oder Gadhelen genannt, die haben
berichtet vom Glauben ihres Volkes, da werde als
oberſter aller Götter verehrt Eſus, der Schauerliche,
deſſen Odem zu vernehmen im ſtillen, geheimnißvollen
Walde, der aber webe und wehe durch das ganze
Weltall und deſſen heiliges Zeichen der Kreis ſei, weil
er aus ſich lauft und in ſich zurück und keinen Anfang
hat, noch Ende. Aber dieſer Gott iſt ein dunkler Gott
und ein Abgrund. Und es ſind andere Männer ge¬
kommen noch weiter her von einem breiten Eiland im
Viſcher, Auch Einer. I. 19
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/302>, abgerufen am 23.12.2024.
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