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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879.

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Umkehr übergieng, wurden die Leute wieder bös, zürnten
sich selbst, daß sie so lange geduldig zugehört, und
warfen -- nach Menschenart -- diesen Zorn verdoppelt
auf den Urheber der innern Unbehaglichkeit. Die er¬
neuerten Scheltworte des heftigen Strafredners thaten
das Ihrige und der Zuruf des Druiden traf daher
auf eine Stimmung, die reif war, zum Handeln
überzugehen.

"Bogen gerichtet, Pfeil auf, legt an!" befahl
der Priester. Im Nu lagen jetzt mit wenigen Aus¬
nahmen die Männer der Gemeinde im Anschlag, alle
nach dem verwegenen Jüngling zielend. Sein Hund
verstand, brach in ein wüthendes Bellen aus, er mußte
ihn am Halsband halten, gebot ihm Stille und schrie
dann mit Donnerstimme:

"Halt, halt, halt sag' ich! noch Eines müßt ihr
hören!"

Die Männer sahen fragend den Druiden an, der
sich wie ein Kriegsbefehlshaber an ihre Front gestellt
hatte. "Absetzen!" kommandirte er. Es konnte nichts
schaden, wenn der Verbrecher durch Weiterreden seine
Schuld noch vergrößerte.

"Wißt ihr denn auch, was die drei Hauptstücke
des wahren Frommseins sind? Die Gemeinde mehr
lieben als sich, die vielen Gemeinden mehr als die
eigene, und alle Gemeinden des Volks, das Eine Sprache
spricht, so lieben, daß man Gut und Blut für sie

Umkehr übergieng, wurden die Leute wieder bös, zürnten
ſich ſelbſt, daß ſie ſo lange geduldig zugehört, und
warfen — nach Menſchenart — dieſen Zorn verdoppelt
auf den Urheber der innern Unbehaglichkeit. Die er¬
neuerten Scheltworte des heftigen Strafredners thaten
das Ihrige und der Zuruf des Druiden traf daher
auf eine Stimmung, die reif war, zum Handeln
überzugehen.

„Bogen gerichtet, Pfeil auf, legt an!“ befahl
der Prieſter. Im Nu lagen jetzt mit wenigen Aus¬
nahmen die Männer der Gemeinde im Anſchlag, alle
nach dem verwegenen Jüngling zielend. Sein Hund
verſtand, brach in ein wüthendes Bellen aus, er mußte
ihn am Halsband halten, gebot ihm Stille und ſchrie
dann mit Donnerſtimme:

„Halt, halt, halt ſag' ich! noch Eines müßt ihr
hören!“

Die Männer ſahen fragend den Druiden an, der
ſich wie ein Kriegsbefehlshaber an ihre Front geſtellt
hatte. „Abſetzen!“ kommandirte er. Es konnte nichts
ſchaden, wenn der Verbrecher durch Weiterreden ſeine
Schuld noch vergrößerte.

„Wißt ihr denn auch, was die drei Hauptſtücke
des wahren Frommſeins ſind? Die Gemeinde mehr
lieben als ſich, die vielen Gemeinden mehr als die
eigene, und alle Gemeinden des Volks, das Eine Sprache
ſpricht, ſo lieben, daß man Gut und Blut für ſie

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[295/0308] Umkehr übergieng, wurden die Leute wieder bös, zürnten ſich ſelbſt, daß ſie ſo lange geduldig zugehört, und warfen — nach Menſchenart — dieſen Zorn verdoppelt auf den Urheber der innern Unbehaglichkeit. Die er¬ neuerten Scheltworte des heftigen Strafredners thaten das Ihrige und der Zuruf des Druiden traf daher auf eine Stimmung, die reif war, zum Handeln überzugehen. „Bogen gerichtet, Pfeil auf, legt an!“ befahl der Prieſter. Im Nu lagen jetzt mit wenigen Aus¬ nahmen die Männer der Gemeinde im Anſchlag, alle nach dem verwegenen Jüngling zielend. Sein Hund verſtand, brach in ein wüthendes Bellen aus, er mußte ihn am Halsband halten, gebot ihm Stille und ſchrie dann mit Donnerſtimme: „Halt, halt, halt ſag' ich! noch Eines müßt ihr hören!“ Die Männer ſahen fragend den Druiden an, der ſich wie ein Kriegsbefehlshaber an ihre Front geſtellt hatte. „Abſetzen!“ kommandirte er. Es konnte nichts ſchaden, wenn der Verbrecher durch Weiterreden ſeine Schuld noch vergrößerte. „Wißt ihr denn auch, was die drei Hauptſtücke des wahren Frommſeins ſind? Die Gemeinde mehr lieben als ſich, die vielen Gemeinden mehr als die eigene, und alle Gemeinden des Volks, das Eine Sprache ſpricht, ſo lieben, daß man Gut und Blut für ſie

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Zitationshilfe: Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/308>, abgerufen am 23.12.2024.