lächelten zu den fragenden Blicken, der Gaisbub that besonders geheimnißvoll und schlug manchmal mit eigen¬ thümlichem Augenzwinkern auf sein gefülltes Umhängsel.
Den Musikern schlossen sich, zunächst unthätig, die Singknaben an und hinter diesen gieng in dem Fest¬ anzuge und mit dem ßepterähnlichen Stabe, den wir schon kennen, der Druide, sehr feierlich wandelnd, mit scharfgeschlossenen Lippen wie ein Mann, der eines Vorsatzes voll ist. Die sechs Gemeinderäthe fehlten auch heute nicht im Zuge, sie waren seine Assistenten und Zeugen bei der Opferschau. Die Ehrenstelle nach dieser Reihe nahmen die zwei Gäste, die Barden, ein; erst nach ihnen folgte dießmal der Weibel, der wieder dem Bittel und Ehegoumer vorangieng; ihm war jetzt das Amt zugefallen, dem Sängerbarden die große Harfe nachzutragen. Und nun erschien jenes Wesen, das schon im ersten Zuge nicht gefehlt hat: Urhixidur. Vor Jahr und Tag schon hatte der Druide seiner werthen Hausmeisterin auch das Ehrenamt einer Opfer¬ thierführerin, einer Opfernorne zuzulegen gewußt; nun war es verjährt und galt wie ein Brauch, der nicht anders sein könnte. Sie führte mit der Rechten ein schneeweißes Lamm an einem Rosaband, mit der Linken an schwarzer Leine ein schwarzes Böckchen. Beide Thiere waren mit einer Art von Schabraken geschmückt in denselben Farben und mit einem Saume von gelben Thonperlen und Fransen eingefaßt. Die Züge der
lächelten zu den fragenden Blicken, der Gaisbub that beſonders geheimnißvoll und ſchlug manchmal mit eigen¬ thümlichem Augenzwinkern auf ſein gefülltes Umhängſel.
Den Muſikern ſchloſſen ſich, zunächſt unthätig, die Singknaben an und hinter dieſen gieng in dem Feſt¬ anzuge und mit dem ſzepterähnlichen Stabe, den wir ſchon kennen, der Druide, ſehr feierlich wandelnd, mit ſcharfgeſchloſſenen Lippen wie ein Mann, der eines Vorſatzes voll iſt. Die ſechs Gemeinderäthe fehlten auch heute nicht im Zuge, ſie waren ſeine Aſſiſtenten und Zeugen bei der Opferſchau. Die Ehrenſtelle nach dieſer Reihe nahmen die zwei Gäſte, die Barden, ein; erſt nach ihnen folgte dießmal der Weibel, der wieder dem Bittel und Ehegoumer vorangieng; ihm war jetzt das Amt zugefallen, dem Sängerbarden die große Harfe nachzutragen. Und nun erſchien jenes Weſen, das ſchon im erſten Zuge nicht gefehlt hat: Urhixidur. Vor Jahr und Tag ſchon hatte der Druide ſeiner werthen Hausmeiſterin auch das Ehrenamt einer Opfer¬ thierführerin, einer Opfernorne zuzulegen gewußt; nun war es verjährt und galt wie ein Brauch, der nicht anders ſein könnte. Sie führte mit der Rechten ein ſchneeweißes Lamm an einem Roſaband, mit der Linken an ſchwarzer Leine ein ſchwarzes Böckchen. Beide Thiere waren mit einer Art von Schabraken geſchmückt in denſelben Farben und mit einem Saume von gelben Thonperlen und Franſen eingefaßt. Die Züge der
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0333"n="320"/>
lächelten zu den fragenden Blicken, der Gaisbub that<lb/>
beſonders geheimnißvoll und ſchlug manchmal mit eigen¬<lb/>
thümlichem Augenzwinkern auf ſein gefülltes Umhängſel.</p><lb/><p>Den Muſikern ſchloſſen ſich, zunächſt unthätig, die<lb/>
Singknaben an und hinter dieſen gieng in dem Feſt¬<lb/>
anzuge und mit dem ſzepterähnlichen Stabe, den wir<lb/>ſchon kennen, der Druide, ſehr feierlich wandelnd, mit<lb/>ſcharfgeſchloſſenen Lippen wie ein Mann, der eines<lb/>
Vorſatzes voll iſt. Die ſechs Gemeinderäthe fehlten<lb/>
auch heute nicht im Zuge, ſie waren ſeine Aſſiſtenten<lb/>
und Zeugen bei der Opferſchau. Die Ehrenſtelle nach<lb/>
dieſer Reihe nahmen die zwei Gäſte, die Barden, ein;<lb/>
erſt nach ihnen folgte dießmal der Weibel, der wieder<lb/>
dem Bittel und Ehegoumer vorangieng; ihm war jetzt<lb/>
das Amt zugefallen, dem Sängerbarden die große<lb/>
Harfe nachzutragen. Und nun erſchien jenes Weſen,<lb/>
das ſchon im erſten Zuge nicht gefehlt hat: Urhixidur.<lb/>
Vor Jahr und Tag ſchon hatte der Druide ſeiner<lb/>
werthen Hausmeiſterin auch das Ehrenamt einer Opfer¬<lb/>
thierführerin, einer Opfernorne zuzulegen gewußt; nun<lb/>
war es verjährt und galt wie ein Brauch, der nicht<lb/>
anders ſein könnte. Sie führte mit der Rechten ein<lb/>ſchneeweißes Lamm an einem Roſaband, mit der Linken<lb/>
an ſchwarzer Leine ein ſchwarzes Böckchen. Beide<lb/>
Thiere waren mit einer Art von Schabraken geſchmückt<lb/>
in denſelben Farben und mit einem Saume von gelben<lb/>
Thonperlen und Franſen eingefaßt. Die Züge der<lb/></p></div></body></text></TEI>
[320/0333]
lächelten zu den fragenden Blicken, der Gaisbub that
beſonders geheimnißvoll und ſchlug manchmal mit eigen¬
thümlichem Augenzwinkern auf ſein gefülltes Umhängſel.
Den Muſikern ſchloſſen ſich, zunächſt unthätig, die
Singknaben an und hinter dieſen gieng in dem Feſt¬
anzuge und mit dem ſzepterähnlichen Stabe, den wir
ſchon kennen, der Druide, ſehr feierlich wandelnd, mit
ſcharfgeſchloſſenen Lippen wie ein Mann, der eines
Vorſatzes voll iſt. Die ſechs Gemeinderäthe fehlten
auch heute nicht im Zuge, ſie waren ſeine Aſſiſtenten
und Zeugen bei der Opferſchau. Die Ehrenſtelle nach
dieſer Reihe nahmen die zwei Gäſte, die Barden, ein;
erſt nach ihnen folgte dießmal der Weibel, der wieder
dem Bittel und Ehegoumer vorangieng; ihm war jetzt
das Amt zugefallen, dem Sängerbarden die große
Harfe nachzutragen. Und nun erſchien jenes Weſen,
das ſchon im erſten Zuge nicht gefehlt hat: Urhixidur.
Vor Jahr und Tag ſchon hatte der Druide ſeiner
werthen Hausmeiſterin auch das Ehrenamt einer Opfer¬
thierführerin, einer Opfernorne zuzulegen gewußt; nun
war es verjährt und galt wie ein Brauch, der nicht
anders ſein könnte. Sie führte mit der Rechten ein
ſchneeweißes Lamm an einem Roſaband, mit der Linken
an ſchwarzer Leine ein ſchwarzes Böckchen. Beide
Thiere waren mit einer Art von Schabraken geſchmückt
in denſelben Farben und mit einem Saume von gelben
Thonperlen und Franſen eingefaßt. Die Züge der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/333>, abgerufen am 23.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.