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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879.

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unausgesetzt die zwei Barden fixirt; sie kamen ihm jetzt
entgegen mit sehr aufgeweckten Gesichtern, in denen sich
zwar einige Verlegenheit spiegelte, wie sie zwischen Wahr¬
heit und Höflichkeit durchkommen sollten, ohne doch allzu
ironisch zu werden. Er ersparte ihnen die Schwierigkeit,
indem er leuchtenden Auges bat, sie möchten ihr Urtheil
noch zurückhalten und vorerst auch den poetischeren,
lyrisch und musikalisch bewegteren Nachsatz hören, oder
sozusagen den feineren Giebel seines Aufbaus betrachten.

Er wandte sich, gab wieder sein Zeichen. Ein
Theil der Musiker war inzwischen beschäftigt gewesen,
aus den mitgebrachten Säcken auf eine Schranne, die
sie sich hatten hinstellen lassen, kleinere und größere
Körper, Artefakte ganz unbekannter Art, sorgsam und
geordnet hinzulegen. Wir geben zuerst den Text:

Sende, o Nebliche,
Mondenscheinschwebliche!
Sende das kitzliche,
Prickelnde, bitzliche,
kratzende, kritzliche
Uebel uns nur!
O Selinur!
Pfisala, Pfnisala, Pfeia!
Gleitende, Wehende!
Spindelumdrehende!
Hüte vor Stopfungen,
Stockungen, Pfropfungen,
Rasigen Knopfungen

unausgeſetzt die zwei Barden fixirt; ſie kamen ihm jetzt
entgegen mit ſehr aufgeweckten Geſichtern, in denen ſich
zwar einige Verlegenheit ſpiegelte, wie ſie zwiſchen Wahr¬
heit und Höflichkeit durchkommen ſollten, ohne doch allzu
ironiſch zu werden. Er erſparte ihnen die Schwierigkeit,
indem er leuchtenden Auges bat, ſie möchten ihr Urtheil
noch zurückhalten und vorerſt auch den poetiſcheren,
lyriſch und muſikaliſch bewegteren Nachſatz hören, oder
ſozuſagen den feineren Giebel ſeines Aufbaus betrachten.

Er wandte ſich, gab wieder ſein Zeichen. Ein
Theil der Muſiker war inzwiſchen beſchäftigt geweſen,
aus den mitgebrachten Säcken auf eine Schranne, die
ſie ſich hatten hinſtellen laſſen, kleinere und größere
Körper, Artefakte ganz unbekannter Art, ſorgſam und
geordnet hinzulegen. Wir geben zuerſt den Text:

Sende, o Nebliche,
Mondenſcheinſchwebliche!
Sende das kitzliche,
Prickelnde, bitzliche,
kratzende, kritzliche
Uebel uns nur!
O Selinur!
Pfiſala, Pfniſala, Pfeia!
Gleitende, Wehende!
Spindelumdrehende!
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Stockungen, Pfropfungen,
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[330/0343] unausgeſetzt die zwei Barden fixirt; ſie kamen ihm jetzt entgegen mit ſehr aufgeweckten Geſichtern, in denen ſich zwar einige Verlegenheit ſpiegelte, wie ſie zwiſchen Wahr¬ heit und Höflichkeit durchkommen ſollten, ohne doch allzu ironiſch zu werden. Er erſparte ihnen die Schwierigkeit, indem er leuchtenden Auges bat, ſie möchten ihr Urtheil noch zurückhalten und vorerſt auch den poetiſcheren, lyriſch und muſikaliſch bewegteren Nachſatz hören, oder ſozuſagen den feineren Giebel ſeines Aufbaus betrachten. Er wandte ſich, gab wieder ſein Zeichen. Ein Theil der Muſiker war inzwiſchen beſchäftigt geweſen, aus den mitgebrachten Säcken auf eine Schranne, die ſie ſich hatten hinſtellen laſſen, kleinere und größere Körper, Artefakte ganz unbekannter Art, ſorgſam und geordnet hinzulegen. Wir geben zuerſt den Text: Sende, o Nebliche, Mondenſcheinſchwebliche! Sende das kitzliche, Prickelnde, bitzliche, kratzende, kritzliche Uebel uns nur! O Selinur! Pfiſala, Pfniſala, Pfeia! Gleitende, Wehende! Spindelumdrehende! Hüte vor Stopfungen, Stockungen, Pfropfungen, Raſigen Knopfungen

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Zitationshilfe: Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/343>, abgerufen am 23.12.2024.