den Reimen "Stopfungen, Pfropfungen, Knopfungen" -- es erdrückte den Hörern fast den Athem, der horn- und lederdunkle Ton des Stierhorns und der Trompete versetzte das Gemüth mitten in den Engpaß der bang versperrten Nasenhöhle, und wohlangebrachte Pauken¬ schläge mit den größeren Schlegeln vermehrten die finsteren Schrecken dieser Gefangenschaft; knarrende Rätschenlaute, schrille Pfeifentöne, scharfe Fidelbogen¬ risse, näselnde Dudelsackschnarrungen dazwischen gaben den momentanen Oeffnungen der Einpressung, diesen kargen Befreiungen ihr wohlverdientes Recht. Jetzt folgte das mächtig beredte: "Pfuisala, Pfuiala, Pfuia!" Hier that das lange Hirtenhorn sein Bestes, nicht ohne daß Stierhorn und Trommel wieder großartig mitge¬ wirkt hätten; breite, fagotartige Klänge zogen sich mit gehaltener Energie zu gestreckter Dehnung aus, die Krottler giengen von ihren kurzen Rupfen zu lang getragenen Strichen über, Paukenschläge besagten ein Etwas wie verwerfenden Abscheu, aber gleichsam mit geistreicher Frivolität wurde dieses Pathos umspielt von kurzen, neckisch tanzenden Blatt- und Pfeifen¬ tönen. Dann nahmen diese weicheren Tonwerkzeuge einen Uebergang in's Schmelzende und Rührende, wo¬ mit sie die letzte Strophe, diesen stimmungsvollen Ausdruck der Lösung, der Befreiung einleiteten. Zwar nicht sogleich erfolgte dieser Uebergang, gewisse rinnende und rieselnde Töne, bei den "lästigen Fließungen"
den Reimen „Stopfungen, Pfropfungen, Knopfungen“ — es erdrückte den Hörern faſt den Athem, der horn- und lederdunkle Ton des Stierhorns und der Trompete verſetzte das Gemüth mitten in den Engpaß der bang verſperrten Naſenhöhle, und wohlangebrachte Pauken¬ ſchläge mit den größeren Schlegeln vermehrten die finſteren Schrecken dieſer Gefangenſchaft; knarrende Rätſchenlaute, ſchrille Pfeifentöne, ſcharfe Fidelbogen¬ riſſe, näſelnde Dudelſackſchnarrungen dazwiſchen gaben den momentanen Oeffnungen der Einpreſſung, dieſen kargen Befreiungen ihr wohlverdientes Recht. Jetzt folgte das mächtig beredte: „Pfuiſala, Pfuiala, Pfuia!“ Hier that das lange Hirtenhorn ſein Beſtes, nicht ohne daß Stierhorn und Trommel wieder großartig mitge¬ wirkt hätten; breite, fagotartige Klänge zogen ſich mit gehaltener Energie zu geſtreckter Dehnung aus, die Krottler giengen von ihren kurzen Rupfen zu lang getragenen Strichen über, Paukenſchläge beſagten ein Etwas wie verwerfenden Abſcheu, aber gleichſam mit geiſtreicher Frivolität wurde dieſes Pathos umſpielt von kurzen, neckiſch tanzenden Blatt- und Pfeifen¬ tönen. Dann nahmen dieſe weicheren Tonwerkzeuge einen Uebergang in's Schmelzende und Rührende, wo¬ mit ſie die letzte Strophe, dieſen ſtimmungsvollen Ausdruck der Löſung, der Befreiung einleiteten. Zwar nicht ſogleich erfolgte dieſer Uebergang, gewiſſe rinnende und rieſelnde Töne, bei den „läſtigen Fließungen“
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0347"n="334"/>
den Reimen „Stopfungen, Pfropfungen, Knopfungen“<lb/>— es erdrückte den Hörern faſt den Athem, der horn-<lb/>
und lederdunkle Ton des Stierhorns und der Trompete<lb/>
verſetzte das Gemüth mitten in den Engpaß der bang<lb/>
verſperrten Naſenhöhle, und wohlangebrachte Pauken¬<lb/>ſchläge mit den größeren Schlegeln vermehrten die<lb/>
finſteren Schrecken dieſer Gefangenſchaft; knarrende<lb/>
Rätſchenlaute, ſchrille Pfeifentöne, ſcharfe Fidelbogen¬<lb/>
riſſe, näſelnde Dudelſackſchnarrungen dazwiſchen gaben<lb/>
den momentanen Oeffnungen der Einpreſſung, dieſen<lb/>
kargen Befreiungen ihr wohlverdientes Recht. Jetzt<lb/>
folgte das mächtig beredte: „Pfuiſala, Pfuiala, Pfuia!“<lb/>
Hier that das lange Hirtenhorn ſein Beſtes, nicht ohne<lb/>
daß Stierhorn und Trommel wieder großartig mitge¬<lb/>
wirkt hätten; breite, fagotartige Klänge zogen ſich mit<lb/>
gehaltener Energie zu geſtreckter Dehnung aus, die<lb/>
Krottler giengen von ihren kurzen Rupfen zu lang<lb/>
getragenen Strichen über, Paukenſchläge beſagten ein<lb/>
Etwas wie verwerfenden Abſcheu, aber gleichſam mit<lb/>
geiſtreicher Frivolität wurde dieſes Pathos umſpielt<lb/>
von kurzen, neckiſch tanzenden Blatt- und Pfeifen¬<lb/>
tönen. Dann nahmen dieſe weicheren Tonwerkzeuge<lb/>
einen Uebergang in's Schmelzende und Rührende, wo¬<lb/>
mit ſie die letzte Strophe, dieſen ſtimmungsvollen<lb/>
Ausdruck der Löſung, der Befreiung einleiteten. Zwar<lb/>
nicht ſogleich erfolgte dieſer Uebergang, gewiſſe rinnende<lb/>
und rieſelnde Töne, bei den „läſtigen Fließungen“<lb/></p></div></body></text></TEI>
[334/0347]
den Reimen „Stopfungen, Pfropfungen, Knopfungen“
— es erdrückte den Hörern faſt den Athem, der horn-
und lederdunkle Ton des Stierhorns und der Trompete
verſetzte das Gemüth mitten in den Engpaß der bang
verſperrten Naſenhöhle, und wohlangebrachte Pauken¬
ſchläge mit den größeren Schlegeln vermehrten die
finſteren Schrecken dieſer Gefangenſchaft; knarrende
Rätſchenlaute, ſchrille Pfeifentöne, ſcharfe Fidelbogen¬
riſſe, näſelnde Dudelſackſchnarrungen dazwiſchen gaben
den momentanen Oeffnungen der Einpreſſung, dieſen
kargen Befreiungen ihr wohlverdientes Recht. Jetzt
folgte das mächtig beredte: „Pfuiſala, Pfuiala, Pfuia!“
Hier that das lange Hirtenhorn ſein Beſtes, nicht ohne
daß Stierhorn und Trommel wieder großartig mitge¬
wirkt hätten; breite, fagotartige Klänge zogen ſich mit
gehaltener Energie zu geſtreckter Dehnung aus, die
Krottler giengen von ihren kurzen Rupfen zu lang
getragenen Strichen über, Paukenſchläge beſagten ein
Etwas wie verwerfenden Abſcheu, aber gleichſam mit
geiſtreicher Frivolität wurde dieſes Pathos umſpielt
von kurzen, neckiſch tanzenden Blatt- und Pfeifen¬
tönen. Dann nahmen dieſe weicheren Tonwerkzeuge
einen Uebergang in's Schmelzende und Rührende, wo¬
mit ſie die letzte Strophe, dieſen ſtimmungsvollen
Ausdruck der Löſung, der Befreiung einleiteten. Zwar
nicht ſogleich erfolgte dieſer Uebergang, gewiſſe rinnende
und rieſelnde Töne, bei den „läſtigen Fließungen“
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/347>, abgerufen am 23.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.