hört wurden. Ein ruhiger Zuschauer hätte bemerken können, daß eine zusammenhaltende Anzahl von Hetzern geschäftig war, zu schüren und durch wiederholte Aus¬ rufe: "Mörder! Mörder!" die aufgescheuchte Phantasie noch wilder in das dunkle Bild eines vorgestellten Verbrechens, einer geheimen, schleichenden, bösen Macht hineinzuverwickeln. Schon fiengen die Vernünftigeren an, selbst beirrt zu werden, sonst hätte sich doch müssen eine Minderheit zusammenthun, die stark genug war, durchzusetzen, was die Barden verlangt hatten: daß nach Alpin gesucht werde.
Es war der Druide, dem es gelang, mit gebiete¬ rischem Befehl sich eine Stille zu erzwingen. "Viel¬ leicht auch Mörder!" rief er, "aber er ist gerichtet auch ohne das! Er hat in seiner schamlos frechen Rede, den heiligen Wagstein schändend, indem er ihn zu seiner Kanzel machte, unsere Obergöttin zwar gelten lassen, aber nur in bedenklichem, hinterhältischem Sinn. Den furchtbaren Grippo hat er geleugnet. Die Lehre vom unbekannten Gott hat er wahnsinnig ausgedeutet, sich vermessen, uns eine undenkbare neue Gottheit auf¬ drängen zu wollen. Und das Abscheulichste: wißt ihr noch, was er gesprochen von drohendem Ueberfall fremden Volkes, das unsere Hütten plündern, sengen, unsere Kinder niedermetzeln, unsere Weiber und Töchter schänden, in Gefangenschaft führen werde? Da sprach
Vischer, Auch Einer. I. 25
hört wurden. Ein ruhiger Zuſchauer hätte bemerken können, daß eine zuſammenhaltende Anzahl von Hetzern geſchäftig war, zu ſchüren und durch wiederholte Aus¬ rufe: „Mörder! Mörder!“ die aufgeſcheuchte Phantaſie noch wilder in das dunkle Bild eines vorgeſtellten Verbrechens, einer geheimen, ſchleichenden, böſen Macht hineinzuverwickeln. Schon fiengen die Vernünftigeren an, ſelbſt beirrt zu werden, ſonſt hätte ſich doch müſſen eine Minderheit zuſammenthun, die ſtark genug war, durchzuſetzen, was die Barden verlangt hatten: daß nach Alpin geſucht werde.
Es war der Druide, dem es gelang, mit gebiete¬ riſchem Befehl ſich eine Stille zu erzwingen. „Viel¬ leicht auch Mörder!“ rief er, „aber er iſt gerichtet auch ohne das! Er hat in ſeiner ſchamlos frechen Rede, den heiligen Wagſtein ſchändend, indem er ihn zu ſeiner Kanzel machte, unſere Obergöttin zwar gelten laſſen, aber nur in bedenklichem, hinterhältiſchem Sinn. Den furchtbaren Grippo hat er geleugnet. Die Lehre vom unbekannten Gott hat er wahnſinnig ausgedeutet, ſich vermeſſen, uns eine undenkbare neue Gottheit auf¬ drängen zu wollen. Und das Abſcheulichſte: wißt ihr noch, was er geſprochen von drohendem Ueberfall fremden Volkes, das unſere Hütten plündern, ſengen, unſere Kinder niedermetzeln, unſere Weiber und Töchter ſchänden, in Gefangenſchaft führen werde? Da ſprach
Viſcher, Auch Einer. I. 25
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hört wurden. Ein ruhiger Zuſchauer hätte bemerken
können, daß eine zuſammenhaltende Anzahl von Hetzern
geſchäftig war, zu ſchüren und durch wiederholte Aus¬
rufe: „Mörder! Mörder!“ die aufgeſcheuchte Phantaſie
noch wilder in das dunkle Bild eines vorgeſtellten
Verbrechens, einer geheimen, ſchleichenden, böſen Macht
hineinzuverwickeln. Schon fiengen die Vernünftigeren
an, ſelbſt beirrt zu werden, ſonſt hätte ſich doch müſſen
eine Minderheit zuſammenthun, die ſtark genug war,
durchzuſetzen, was die Barden verlangt hatten: daß
nach Alpin geſucht werde.
Es war der Druide, dem es gelang, mit gebiete¬
riſchem Befehl ſich eine Stille zu erzwingen. „Viel¬
leicht auch Mörder!“ rief er, „aber er iſt gerichtet
auch ohne das! Er hat in ſeiner ſchamlos frechen
Rede, den heiligen Wagſtein ſchändend, indem er ihn
zu ſeiner Kanzel machte, unſere Obergöttin zwar gelten
laſſen, aber nur in bedenklichem, hinterhältiſchem Sinn.
Den furchtbaren Grippo hat er geleugnet. Die Lehre
vom unbekannten Gott hat er wahnſinnig ausgedeutet,
ſich vermeſſen, uns eine undenkbare neue Gottheit auf¬
drängen zu wollen. Und das Abſcheulichſte: wißt ihr
noch, was er geſprochen von drohendem Ueberfall
fremden Volkes, das unſere Hütten plündern, ſengen,
unſere Kinder niedermetzeln, unſere Weiber und Töchter
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/400>, abgerufen am 23.12.2024.
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