Oberförster, sich nicht mehr, wie er damals fortlief, weil man Ihnen öfters in die Rede fiel?"
"Ja, ja, damals," sagte der andere Arzt, "wie Sie die Geschichte von Ihrer isabellfarbigen Diana erzählten mit der Wurst und --"
"Und wahr ist's erst noch," rief jetzt der Nimrod, der plötzlich das eigentliche Thema vergaß; er ließ sich gern anreizen, noch einmal zu erzählen, und nach einer begeisterten Charakterschilderung seiner Hündin, die ,mindestens so gescheut sei wie ein Mensch', er¬ fuhren wir denn, daß der Jägersmann dieses edle Thier einmal ertappte, wie es so ganz unter seine Würde herabsank, daß es in der Küche eine Bratwurst stahl. "Und dann?" riefen die Zuhörer. "Und wahr ist's und bleibt wahr," betheuerte er, seinen langen, blonden Schnurrbart streichend, "ich nehme Gift dar¬ auf, die Diana, wie sie mich sieht, läßt die Wurst fallen und wird feuerroth im ganzen Gesicht --"
Ich lachte herzlich mit dem Chore, ein erröthendes Thier war auch mir neu, weit neuer, als die Be¬ hauptung dieses Münchhausen, seine Diana könne veritabel lachen.
Man kam auf A. E. zurück, seine Thierliebe, man erfreute sich der Eigenschaft, nur Doktor Schraz fand sie "etwas kindlich". Dann brachte ihn die Hundsgeschichte auf das Anekdotenwesen und dieß gab dem wenig Wohlwollenden Anlaß, den Todten zu beschuldigen,
Oberförſter, ſich nicht mehr, wie er damals fortlief, weil man Ihnen öfters in die Rede fiel?“
„Ja, ja, damals,“ ſagte der andere Arzt, „wie Sie die Geſchichte von Ihrer iſabellfarbigen Diana erzählten mit der Wurſt und —“
„Und wahr iſt's erſt noch,“ rief jetzt der Nimrod, der plötzlich das eigentliche Thema vergaß; er ließ ſich gern anreizen, noch einmal zu erzählen, und nach einer begeiſterten Charakterſchilderung ſeiner Hündin, die ‚mindeſtens ſo geſcheut ſei wie ein Menſch‘, er¬ fuhren wir denn, daß der Jägersmann dieſes edle Thier einmal ertappte, wie es ſo ganz unter ſeine Würde herabſank, daß es in der Küche eine Bratwurſt ſtahl. „Und dann?“ riefen die Zuhörer. „Und wahr iſt's und bleibt wahr,“ betheuerte er, ſeinen langen, blonden Schnurrbart ſtreichend, „ich nehme Gift dar¬ auf, die Diana, wie ſie mich ſieht, läßt die Wurſt fallen und wird feuerroth im ganzen Geſicht —“
Ich lachte herzlich mit dem Chore, ein erröthendes Thier war auch mir neu, weit neuer, als die Be¬ hauptung dieſes Münchhauſen, ſeine Diana könne veritabel lachen.
Man kam auf A. E. zurück, ſeine Thierliebe, man erfreute ſich der Eigenſchaft, nur Doktor Schraz fand ſie „etwas kindlich“. Dann brachte ihn die Hundsgeſchichte auf das Anekdotenweſen und dieß gab dem wenig Wohlwollenden Anlaß, den Todten zu beſchuldigen,
<TEI><text><body><p><pbfacs="#f0108"n="95"/>
Oberförſter, ſich nicht mehr, wie er damals fortlief,<lb/>
weil man Ihnen öfters in die Rede fiel?“</p><lb/><p>„Ja, ja, damals,“ſagte der andere Arzt, „wie<lb/>
Sie die Geſchichte von Ihrer iſabellfarbigen Diana<lb/>
erzählten mit der Wurſt und —“</p><lb/><p>„Und wahr iſt's erſt noch,“ rief jetzt der Nimrod,<lb/>
der plötzlich das eigentliche Thema vergaß; er ließ<lb/>ſich gern anreizen, noch einmal zu erzählen, und nach<lb/>
einer begeiſterten Charakterſchilderung ſeiner Hündin,<lb/>
die ‚mindeſtens ſo geſcheut ſei wie ein Menſch‘, er¬<lb/>
fuhren wir denn, daß der Jägersmann dieſes edle<lb/>
Thier einmal ertappte, wie es ſo ganz unter ſeine<lb/>
Würde herabſank, daß es in der Küche eine Bratwurſt<lb/>ſtahl. „Und dann?“ riefen die Zuhörer. „Und wahr<lb/>
iſt's und bleibt wahr,“ betheuerte er, ſeinen langen,<lb/>
blonden Schnurrbart ſtreichend, „ich nehme Gift dar¬<lb/>
auf, die Diana, wie ſie mich ſieht, läßt die Wurſt<lb/>
fallen und wird feuerroth im ganzen Geſicht —“</p><lb/><p>Ich lachte herzlich mit dem Chore, ein erröthendes<lb/>
Thier war auch mir neu, weit neuer, als die Be¬<lb/>
hauptung dieſes Münchhauſen, ſeine Diana könne<lb/>
veritabel lachen.</p><lb/><p>Man kam auf A. E. zurück, ſeine Thierliebe, man<lb/>
erfreute ſich der Eigenſchaft, nur Doktor Schraz fand ſie<lb/>„etwas kindlich“. Dann brachte ihn die Hundsgeſchichte<lb/>
auf das Anekdotenweſen und dieß gab dem wenig<lb/>
Wohlwollenden Anlaß, den Todten zu beſchuldigen,<lb/></p></body></text></TEI>
[95/0108]
Oberförſter, ſich nicht mehr, wie er damals fortlief,
weil man Ihnen öfters in die Rede fiel?“
„Ja, ja, damals,“ ſagte der andere Arzt, „wie
Sie die Geſchichte von Ihrer iſabellfarbigen Diana
erzählten mit der Wurſt und —“
„Und wahr iſt's erſt noch,“ rief jetzt der Nimrod,
der plötzlich das eigentliche Thema vergaß; er ließ
ſich gern anreizen, noch einmal zu erzählen, und nach
einer begeiſterten Charakterſchilderung ſeiner Hündin,
die ‚mindeſtens ſo geſcheut ſei wie ein Menſch‘, er¬
fuhren wir denn, daß der Jägersmann dieſes edle
Thier einmal ertappte, wie es ſo ganz unter ſeine
Würde herabſank, daß es in der Küche eine Bratwurſt
ſtahl. „Und dann?“ riefen die Zuhörer. „Und wahr
iſt's und bleibt wahr,“ betheuerte er, ſeinen langen,
blonden Schnurrbart ſtreichend, „ich nehme Gift dar¬
auf, die Diana, wie ſie mich ſieht, läßt die Wurſt
fallen und wird feuerroth im ganzen Geſicht —“
Ich lachte herzlich mit dem Chore, ein erröthendes
Thier war auch mir neu, weit neuer, als die Be¬
hauptung dieſes Münchhauſen, ſeine Diana könne
veritabel lachen.
Man kam auf A. E. zurück, ſeine Thierliebe, man
erfreute ſich der Eigenſchaft, nur Doktor Schraz fand ſie
„etwas kindlich“. Dann brachte ihn die Hundsgeſchichte
auf das Anekdotenweſen und dieß gab dem wenig
Wohlwollenden Anlaß, den Todten zu beſchuldigen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/108>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.