Tage lang; will sichtbar mich doch eifersüchtig machen. Wie hat sie gestern Dyring's Locken gestreichelt, mit Arnhelm geäugelt!
Größere gewählte Gesellschaft in ihren Zimmern. Verehrer, einige Damen. Ihr Wesen vornehm, takt¬ voll unbefangen, das ganze Benehmen jene gesellige Kunst, die Natur ist. -- Singt alte Balladen, auch die Olafballade wieder. Dabei Blick nach mir her, wie damals, Blitz im Auge. Dann Vorlesung aus Antigone. Dann Odyssee: Gesang von der Nausikaa. Sie hat nach deutschen Uebersetzungen mit Dyring's Hülfe gut in's Schwedische übersetzt. Liest abwechselnd mit ihm vor. Er singend, langweilig, sie mit ganzem Kothurngefühl, und wie mächtig das Leiden¬ schaftliche in der Tragödie, wie rein und gehalten das Gefühlte im Epos! -- Dann Tanz. Der Arnhelm nimmt sie doch sehr eng um den Leib. Sie tanzt auf Verlangen Solo. Pompejanische Tänzerin, -- man meint, wie damals in Hardanger, sie werde jetzt aufschweben. Ich muß mich abwenden, mir wird unheimlich. Jetzt heißer und heißer, wieder die sau¬ senden Tarantellakreise. Klatschen, Beifallstumult -- inzwischen -- sollte ich mich getäuscht haben? -- wie sie athmend stillsteht, -- ein Blick zu Dyring hinüber, der am Klavier sitzt -- von ihm herüber -- über
Tage lang; will ſichtbar mich doch eiferſüchtig machen. Wie hat ſie geſtern Dyring's Locken geſtreichelt, mit Arnhelm geäugelt!
Größere gewählte Geſellſchaft in ihren Zimmern. Verehrer, einige Damen. Ihr Weſen vornehm, takt¬ voll unbefangen, das ganze Benehmen jene geſellige Kunſt, die Natur iſt. — Singt alte Balladen, auch die Olafballade wieder. Dabei Blick nach mir her, wie damals, Blitz im Auge. Dann Vorleſung aus Antigone. Dann Odyſſee: Geſang von der Nauſikaa. Sie hat nach deutſchen Ueberſetzungen mit Dyring's Hülfe gut in's Schwediſche überſetzt. Liest abwechſelnd mit ihm vor. Er ſingend, langweilig, ſie mit ganzem Kothurngefühl, und wie mächtig das Leiden¬ ſchaftliche in der Tragödie, wie rein und gehalten das Gefühlte im Epos! — Dann Tanz. Der Arnhelm nimmt ſie doch ſehr eng um den Leib. Sie tanzt auf Verlangen Solo. Pompejaniſche Tänzerin, — man meint, wie damals in Hardanger, ſie werde jetzt aufſchweben. Ich muß mich abwenden, mir wird unheimlich. Jetzt heißer und heißer, wieder die ſau¬ ſenden Tarantellakreiſe. Klatſchen, Beifallstumult — inzwiſchen — ſollte ich mich getäuſcht haben? — wie ſie athmend ſtillſteht, — ein Blick zu Dyring hinüber, der am Klavier ſitzt — von ihm herüber — über
<TEI><text><body><div><p><pbfacs="#f0178"n="165"/>
Tage lang; will ſichtbar mich doch eiferſüchtig machen.<lb/>
Wie hat ſie geſtern Dyring's Locken geſtreichelt, mit<lb/>
Arnhelm geäugelt!</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Größere gewählte Geſellſchaft in ihren Zimmern.<lb/>
Verehrer, einige Damen. Ihr Weſen vornehm, takt¬<lb/>
voll unbefangen, das ganze Benehmen jene geſellige<lb/>
Kunſt, die Natur iſt. — Singt alte Balladen, auch<lb/>
die Olafballade wieder. Dabei Blick nach mir her,<lb/>
wie damals, Blitz im Auge. Dann Vorleſung aus<lb/>
Antigone. Dann Odyſſee: Geſang von der Nauſikaa.<lb/>
Sie hat nach deutſchen Ueberſetzungen mit Dyring's<lb/>
Hülfe gut in's Schwediſche überſetzt. Liest abwechſelnd<lb/>
mit ihm vor. Er ſingend, langweilig, ſie mit<lb/>
ganzem Kothurngefühl, und wie mächtig das Leiden¬<lb/>ſchaftliche in der Tragödie, wie rein und gehalten das<lb/>
Gefühlte im Epos! — Dann Tanz. Der Arnhelm<lb/>
nimmt ſie doch ſehr eng um den Leib. Sie tanzt<lb/>
auf Verlangen Solo. Pompejaniſche Tänzerin, —<lb/>
man meint, wie damals in Hardanger, ſie werde jetzt<lb/>
aufſchweben. Ich muß mich abwenden, mir wird<lb/>
unheimlich. Jetzt heißer und heißer, wieder die ſau¬<lb/>ſenden Tarantellakreiſe. Klatſchen, Beifallstumult —<lb/>
inzwiſchen —ſollte ich mich getäuſcht haben? — wie<lb/>ſie athmend ſtillſteht, — ein Blick zu Dyring hinüber,<lb/>
der am Klavier ſitzt — von ihm herüber — über<lb/></p></div></body></text></TEI>
[165/0178]
Tage lang; will ſichtbar mich doch eiferſüchtig machen.
Wie hat ſie geſtern Dyring's Locken geſtreichelt, mit
Arnhelm geäugelt!
Größere gewählte Geſellſchaft in ihren Zimmern.
Verehrer, einige Damen. Ihr Weſen vornehm, takt¬
voll unbefangen, das ganze Benehmen jene geſellige
Kunſt, die Natur iſt. — Singt alte Balladen, auch
die Olafballade wieder. Dabei Blick nach mir her,
wie damals, Blitz im Auge. Dann Vorleſung aus
Antigone. Dann Odyſſee: Geſang von der Nauſikaa.
Sie hat nach deutſchen Ueberſetzungen mit Dyring's
Hülfe gut in's Schwediſche überſetzt. Liest abwechſelnd
mit ihm vor. Er ſingend, langweilig, ſie mit
ganzem Kothurngefühl, und wie mächtig das Leiden¬
ſchaftliche in der Tragödie, wie rein und gehalten das
Gefühlte im Epos! — Dann Tanz. Der Arnhelm
nimmt ſie doch ſehr eng um den Leib. Sie tanzt
auf Verlangen Solo. Pompejaniſche Tänzerin, —
man meint, wie damals in Hardanger, ſie werde jetzt
aufſchweben. Ich muß mich abwenden, mir wird
unheimlich. Jetzt heißer und heißer, wieder die ſau¬
ſenden Tarantellakreiſe. Klatſchen, Beifallstumult —
inzwiſchen — ſollte ich mich getäuſcht haben? — wie
ſie athmend ſtillſteht, — ein Blick zu Dyring hinüber,
der am Klavier ſitzt — von ihm herüber — über
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/178>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.