Mondnacht. Dort im Bergegürtel, hoch überragt von geisterhaften Gipfeln, blitzt silbergrau zwischen schwarzen Eichen der Trasimenersee auf. Im Röh¬ richt flüstert's von Hannibal und Flaminius. Geister¬ heer von Reitern jagt die gedrängten Römer hinein in die Wasser, ich meine das Röcheln der Untersinken¬ den zu hören zwischen dem Schlachtgeschrei, karthagische, römische, gallische Rufe wild durcheinander.
Chiusi. Alter Herrschersitz des Porsenna. Heut Alles grau, schwerer Himmel, wandle durch Hügelland, Eichengründe nach alten Gräbern. Da -- reichbemalte Grabkammer, kleiner Aschensarkophag mit stämmiger Figur des Todten. Stilles, stilles Todtenhaus; Geister¬ stube, ganz wohnlich, ausgestattet mit Allem, was dem Lebenden einst lieb war; sieht sich an der Wand im Bilde jagen, ausfahren mit zierlichen, schlanken Rossen. Todt sein ist doch auch gemüthlich. -- Was schwebt im Halbdunkel? Welche liebe Geistgestalt? Warum so bleich, da sie ferne noch athmend im frischen Leben wandelt?
Chieserella bei Citta della Pieve. Jetzt kenne ich ihn noch besser, den guten Meister Raphael's. Die Anbetung der Könige. Madonna schaut über das Kind
Mondnacht. Dort im Bergegürtel, hoch überragt von geiſterhaften Gipfeln, blitzt ſilbergrau zwiſchen ſchwarzen Eichen der Traſimenerſee auf. Im Röh¬ richt flüſtert's von Hannibal und Flaminius. Geiſter¬ heer von Reitern jagt die gedrängten Römer hinein in die Waſſer, ich meine das Röcheln der Unterſinken¬ den zu hören zwiſchen dem Schlachtgeſchrei, karthagiſche, römiſche, galliſche Rufe wild durcheinander.
Chiuſi. Alter Herrſcherſitz des Porſenna. Heut Alles grau, ſchwerer Himmel, wandle durch Hügelland, Eichengründe nach alten Gräbern. Da — reichbemalte Grabkammer, kleiner Aſchenſarkophag mit ſtämmiger Figur des Todten. Stilles, ſtilles Todtenhaus; Geiſter¬ ſtube, ganz wohnlich, ausgeſtattet mit Allem, was dem Lebenden einſt lieb war; ſieht ſich an der Wand im Bilde jagen, ausfahren mit zierlichen, ſchlanken Roſſen. Todt ſein iſt doch auch gemüthlich. — Was ſchwebt im Halbdunkel? Welche liebe Geiſtgeſtalt? Warum ſo bleich, da ſie ferne noch athmend im friſchen Leben wandelt?
Chieſerella bei Citta della Pieve. Jetzt kenne ich ihn noch beſſer, den guten Meiſter Raphael's. Die Anbetung der Könige. Madonna ſchaut über das Kind
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Mondnacht. Dort im Bergegürtel, hoch überragt
von geiſterhaften Gipfeln, blitzt ſilbergrau zwiſchen
ſchwarzen Eichen der Traſimenerſee auf. Im Röh¬
richt flüſtert's von Hannibal und Flaminius. Geiſter¬
heer von Reitern jagt die gedrängten Römer hinein
in die Waſſer, ich meine das Röcheln der Unterſinken¬
den zu hören zwiſchen dem Schlachtgeſchrei, karthagiſche,
römiſche, galliſche Rufe wild durcheinander.
Chiuſi. Alter Herrſcherſitz des Porſenna. Heut
Alles grau, ſchwerer Himmel, wandle durch Hügelland,
Eichengründe nach alten Gräbern. Da — reichbemalte
Grabkammer, kleiner Aſchenſarkophag mit ſtämmiger
Figur des Todten. Stilles, ſtilles Todtenhaus; Geiſter¬
ſtube, ganz wohnlich, ausgeſtattet mit Allem, was dem
Lebenden einſt lieb war; ſieht ſich an der Wand im
Bilde jagen, ausfahren mit zierlichen, ſchlanken Roſſen.
Todt ſein iſt doch auch gemüthlich. — Was ſchwebt
im Halbdunkel? Welche liebe Geiſtgeſtalt? Warum ſo
bleich, da ſie ferne noch athmend im friſchen Leben
wandelt?
Chieſerella bei Citta della Pieve. Jetzt kenne ich
ihn noch beſſer, den guten Meiſter Raphael's. Die
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/272>, abgerufen am 27.11.2024.
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