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Vischer, Friedrich Theodor: Aesthetik oder Wissenschaft des Schönen zum Gebrauche für Vorlesungen. Dritter Teil. Zweiter Abschnitt. Die Künste. Fünftes Heft: Die Dichtung (Schluss des ganzen Werkes). Stuttgart, 1857.

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nach ihren Naturen; sein Zweck liegt schon in jedem Puncte pvi_1278.006
seiner Bewegung,
darum eilen wir nicht ungeduldig zum Ziele, sondern pvi_1278.007
verweilen mit Liebe bei jedem Schritte" (Schiller a. a. O. Th. 3, S. 73).

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2. Was der §. ganz allgemein über das Versmaaß sagt, ist hier pvi_1278.009
noch nicht näher auseinanderzusetzen, um für die tiefen Unterschiede bis zum pvi_1278.010
metrisch nicht gebundenen Wohlklange der Prosa im Roman Raum zu lassen. pvi_1278.011
Es genügt der allgemeine Satz, daß die episch rhythmische Form vor Allem pvi_1278.012
die Hoheit der Empfindung auszudrücken hat, welche das mächtige Weltbild pvi_1278.013
des Jnhalts mit sich bringt, daß derselbe sich als Ruhe im Fortschritt, pvi_1278.014
als feierlich gemessener Gang äußern muß, dem aber ein belebender Wechsel pvi_1278.015
von Beschleunigungsverhältnissen nicht fehlen darf. Der Gang des Hexameters pvi_1278.016
bleibt freilich für diesen Zweck so normal, daß er schon hier wie pvi_1278.017
ein Dogma genannt werden darf.

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§. 870.

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1,

Für die epische Composition entspringt hieraus das Gesetz der stetig pvi_1278.020
fortschreitenden, die Contraste dämpfenden Motivirung, aber zugleich das Gesetz pvi_1278.021
der starken Herrschaft rückschreitender und hemmender Motive, der relativen pvi_1278.022
Selbständigkeit der Theile, und eines bedeutenden Spielraums für die Episode pvi_1278.023
2.(vergl. §. 496). Die Masse, die sich auf dem weiten Sehfelde wie auf einer pvi_1278.024
unendlichen Fläche ausbreitet, ist durch bestimmte Auseinanderhaltung eines pvi_1278.025
Hintergrundes und eines die Hauptgruppe enthaltenden Vordergrundes näher pvi_1278.026
zu gliedern und in der Vielheit einzelner Handlungen durch die Alles bindende pvi_1278.027
Haupthandlung mit Anfang, Mitte und Schluß die Einheit zu sichern.

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1. Was über die Art der Fortbewegung gesagt ist, greift bereits in pvi_1278.029
das Compositionsgesetz ein. Wir haben die Motivirung als ein wesentliches pvi_1278.030
Band des Zusammenhalts der Einheit und Vielheit in der geistigen Organisation pvi_1278.031
des Kunstwerks erkannt (§. 499). Es erhellt nun aus Allem, pvi_1278.032
was als epische Stylbedingung sich ergeben hat, daß dieses Moment in pvi_1278.033
ganz besonderem Sinne zu den Aufgaben der epischen Composition gehört, pvi_1278.034
und dasselbe umfaßt das ganze Gebiet der vermittelnden, lückenlos fortführenden pvi_1278.035
Wirkungen, das Reichliche, Gefüllte, die völlige Auswicklung, die Milderung pvi_1278.036
der Contraste. Diese mögen in vollem Kampf aufeinanderstoßen, aber dieselbe pvi_1278.037
liebende Hand hat die Griechen und Trojaner, Achilles und Hektor, pvi_1278.038
Odysseus und die Freier, selbst Polyphem mit dem Flusse der plastischen Linie

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uns anschnürt, durchzuschneiden. Die Weiber freilich thun dasselbe pvi_1278.002
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Der wahre epische Dichter „schildert uns das ruhige Dasein der Dinge pvi_1278.005
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verweilen mit Liebe bei jedem Schritte“ (Schiller a. a. O. Th. 3, S. 73).

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noch nicht näher auseinanderzusetzen, um für die tiefen Unterschiede bis zum pvi_1278.010
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bleibt freilich für diesen Zweck so normal, daß er schon hier wie pvi_1278.017
ein Dogma genannt werden darf.

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§. 870.

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1,

Für die epische Composition entspringt hieraus das Gesetz der stetig pvi_1278.020
fortschreitenden, die Contraste dämpfenden Motivirung, aber zugleich das Gesetz pvi_1278.021
der starken Herrschaft rückschreitender und hemmender Motive, der relativen pvi_1278.022
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Haupthandlung mit Anfang, Mitte und Schluß die Einheit zu sichern.

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1. Was über die Art der Fortbewegung gesagt ist, greift bereits in pvi_1278.029
das Compositionsgesetz ein. Wir haben die Motivirung als ein wesentliches pvi_1278.030
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Zitationshilfe: Vischer, Friedrich Theodor: Aesthetik oder Wissenschaft des Schönen zum Gebrauche für Vorlesungen. Dritter Teil. Zweiter Abschnitt. Die Künste. Fünftes Heft: Die Dichtung (Schluss des ganzen Werkes). Stuttgart, 1857, S. 1278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_poetik_1857/140>, abgerufen am 21.11.2024.