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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

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der sich selbstständig wurmartig bewegt, und ganz denjenigen Schläu-
chen gleicht, welche man in Wasserschnecken häufig als Ammen antrifft.
Höchst wahrscheinlich verlassen die Embryonen des Monostomum die
Luftwege der Vögel, während diese im Wasser sind und dringen dann
auf irgend eine noch unermittelte Art in die Weichthiere ein.

In unsern Wasserschnecken und Muscheln findet man fast constant
Schläuche, welche mehr oder minder selbstständig bewegt sind und zuweilen
selbst vollständig entwickelte Thiere mit einem wahren Verdauungsapparate

[Abbildung] Fig 211. 210. 209. 208. 207. 206. 205. 203. 202.
204. 201. 200.

Fig. 200 -- 206. Keimschläuche und Ammen. Fig. 207 -- 211. Die daraus
entstehenden Cercarien. Fig. 200. Keimschlauch der in Fig. 209 gezeichneten Doppel-
schwänzigen Cercarie, Bucephalus polymorphus genannt, aus dem Eierstocke der
gewöhnlichen Malermuschel (Unio.) Fig. 201. Baumförmig verzweigte Keimschläuche
aus den Eingeweiden der Bernsteinschnecke (Succinea). Die vollständig entwickelten
Keimschläuche bewegen sich frei, haben einen langen Schwanz, wurmförmigen, hell-
grüngestreiften Körper und wurden in dieser Form (Fig. 203) Leucochloridium
paradoxum
genannt. Die darin enthaltenen Cercarien (Fig. 210) haben einen
blasenförmigen hohlen Schwanz, in den sich der Körper des Thieres zurückstülpt, so
daß es aussieht, als ob dieser Körper in einer Eihülle läge. Fig. 202. Verästelte
Keimstöcke aus der Teichhornschnecke (Lymnaeus). Fig. 204. Durchsichtiger, mit
Cercarien angefüllter Keimschlauch aus der Kiemen-Sumpfschuecke (Paludina vivi-
para
). Fig. 205. Lebhaft bewegte wurmförmige Ammen mit deutlichem Verdau-
ungskanal aus verschiedenen Wasserschnecken. Die daraus hervorgehenden Cercarien
(Fig. 207) zeigen deutlich den gablichen Darm und haben, nebst den aus den Keim-
schläuchen (Fig. 204) hervorgehenden Thieren (Fig. 208) die gewöhnlichste Cer-
carienform. Fig. 211. Cercarie aus runden Keimsäcken, die in den Eingeweiden
der Malermuschel liegen, ausgezeichnet durch den dicken, mit zickzackförmigen Muskel-
fasern erfüllten Schwanz (Distoma duplicatum genannt.)

darstellen. Bei einigen Gattungen erscheinen diese Schläuche als lange
Fäden, welche hie und da angeschwollen sind und in diesen Anschwel-
lungen durch Knospung eine Menge von Jungen erzeugen. Meist
sind es mehr oder minder bewegliche cylindrische, zuweilen selbst ge-
schwänzte Körper, die sich manchmal lebhaft bewegen, und oft

der ſich ſelbſtſtändig wurmartig bewegt, und ganz denjenigen Schläu-
chen gleicht, welche man in Waſſerſchnecken häufig als Ammen antrifft.
Höchſt wahrſcheinlich verlaſſen die Embryonen des Monostomum die
Luftwege der Vögel, während dieſe im Waſſer ſind und dringen dann
auf irgend eine noch unermittelte Art in die Weichthiere ein.

In unſern Waſſerſchnecken und Muſcheln findet man faſt conſtant
Schläuche, welche mehr oder minder ſelbſtſtändig bewegt ſind und zuweilen
ſelbſt vollſtändig entwickelte Thiere mit einem wahren Verdauungsapparate

[Abbildung] Fig 211. 210. 209. 208. 207. 206. 205. 203. 202.
204. 201. 200.

Fig. 200 — 206. Keimſchläuche und Ammen. Fig. 207 — 211. Die daraus
entſtehenden Cercarien. Fig. 200. Keimſchlauch der in Fig. 209 gezeichneten Doppel-
ſchwänzigen Cercarie, Bucephalus polymorphus genannt, aus dem Eierſtocke der
gewöhnlichen Malermuſchel (Unio.) Fig. 201. Baumförmig verzweigte Keimſchläuche
aus den Eingeweiden der Bernſteinſchnecke (Succinea). Die vollſtändig entwickelten
Keimſchläuche bewegen ſich frei, haben einen langen Schwanz, wurmförmigen, hell-
grüngeſtreiften Körper und wurden in dieſer Form (Fig. 203) Leucochloridium
paradoxum
genannt. Die darin enthaltenen Cercarien (Fig. 210) haben einen
blaſenförmigen hohlen Schwanz, in den ſich der Körper des Thieres zurückſtülpt, ſo
daß es ausſieht, als ob dieſer Körper in einer Eihülle läge. Fig. 202. Veräſtelte
Keimſtöcke aus der Teichhornſchnecke (Lymnaeus). Fig. 204. Durchſichtiger, mit
Cercarien angefüllter Keimſchlauch aus der Kiemen-Sumpfſchuecke (Paludina vivi-
para
). Fig. 205. Lebhaft bewegte wurmförmige Ammen mit deutlichem Verdau-
ungskanal aus verſchiedenen Waſſerſchnecken. Die daraus hervorgehenden Cercarien
(Fig. 207) zeigen deutlich den gablichen Darm und haben, nebſt den aus den Keim-
ſchläuchen (Fig. 204) hervorgehenden Thieren (Fig. 208) die gewöhnlichſte Cer-
carienform. Fig. 211. Cercarie aus runden Keimſäcken, die in den Eingeweiden
der Malermuſchel liegen, ausgezeichnet durch den dicken, mit zickzackförmigen Muskel-
faſern erfüllten Schwanz (Distoma duplicatum genannt.)

darſtellen. Bei einigen Gattungen erſcheinen dieſe Schläuche als lange
Fäden, welche hie und da angeſchwollen ſind und in dieſen Anſchwel-
lungen durch Knospung eine Menge von Jungen erzeugen. Meiſt
ſind es mehr oder minder bewegliche cylindriſche, zuweilen ſelbſt ge-
ſchwänzte Körper, die ſich manchmal lebhaft bewegen, und oft

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[201/0207] der ſich ſelbſtſtändig wurmartig bewegt, und ganz denjenigen Schläu- chen gleicht, welche man in Waſſerſchnecken häufig als Ammen antrifft. Höchſt wahrſcheinlich verlaſſen die Embryonen des Monostomum die Luftwege der Vögel, während dieſe im Waſſer ſind und dringen dann auf irgend eine noch unermittelte Art in die Weichthiere ein. In unſern Waſſerſchnecken und Muſcheln findet man faſt conſtant Schläuche, welche mehr oder minder ſelbſtſtändig bewegt ſind und zuweilen ſelbſt vollſtändig entwickelte Thiere mit einem wahren Verdauungsapparate [Abbildung Fig 211. 210. 209. 208. 207. 206. 205. 203. 202. 204. 201. 200. Fig. 200 — 206. Keimſchläuche und Ammen. Fig. 207 — 211. Die daraus entſtehenden Cercarien. Fig. 200. Keimſchlauch der in Fig. 209 gezeichneten Doppel- ſchwänzigen Cercarie, Bucephalus polymorphus genannt, aus dem Eierſtocke der gewöhnlichen Malermuſchel (Unio.) Fig. 201. Baumförmig verzweigte Keimſchläuche aus den Eingeweiden der Bernſteinſchnecke (Succinea). Die vollſtändig entwickelten Keimſchläuche bewegen ſich frei, haben einen langen Schwanz, wurmförmigen, hell- grüngeſtreiften Körper und wurden in dieſer Form (Fig. 203) Leucochloridium paradoxum genannt. Die darin enthaltenen Cercarien (Fig. 210) haben einen blaſenförmigen hohlen Schwanz, in den ſich der Körper des Thieres zurückſtülpt, ſo daß es ausſieht, als ob dieſer Körper in einer Eihülle läge. Fig. 202. Veräſtelte Keimſtöcke aus der Teichhornſchnecke (Lymnaeus). Fig. 204. Durchſichtiger, mit Cercarien angefüllter Keimſchlauch aus der Kiemen-Sumpfſchuecke (Paludina vivi- para). Fig. 205. Lebhaft bewegte wurmförmige Ammen mit deutlichem Verdau- ungskanal aus verſchiedenen Waſſerſchnecken. Die daraus hervorgehenden Cercarien (Fig. 207) zeigen deutlich den gablichen Darm und haben, nebſt den aus den Keim- ſchläuchen (Fig. 204) hervorgehenden Thieren (Fig. 208) die gewöhnlichſte Cer- carienform. Fig. 211. Cercarie aus runden Keimſäcken, die in den Eingeweiden der Malermuſchel liegen, ausgezeichnet durch den dicken, mit zickzackförmigen Muskel- faſern erfüllten Schwanz (Distoma duplicatum genannt.)] darſtellen. Bei einigen Gattungen erſcheinen dieſe Schläuche als lange Fäden, welche hie und da angeſchwollen ſind und in dieſen Anſchwel- lungen durch Knospung eine Menge von Jungen erzeugen. Meiſt ſind es mehr oder minder bewegliche cylindriſche, zuweilen ſelbſt ge- ſchwänzte Körper, die ſich manchmal lebhaft bewegen, und oft

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/207>, abgerufen am 09.05.2024.