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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

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[Abbildung] Fig. 1295. Fig. 1296. Fig. 1297.

Schädel des Tigers (Felis tigris).
Fig. 1295. Von oben. Fig. 1296. Von der Seite. Fig. 1297. Von unten.

Form aus, die bei den Katzen den höchsten Grad erreicht, nicht durch
Entwickelung der Hirnkapsel, sondern durch Verkürzung der starken
Kiefer und durch Ausbildung eines Kammes auf der Seitenlinie, der
den mächtigen Schläfenmuskeln in ähnlicher Weise zum Ansatze dient,
wie der Brustbeinkamm den Flugmuskeln der Vögel. Es ist leicht
einzusehen, daß die Entwickelung dieses Scheitelkammes und die damit
zusammenhängende Krümmung der Jochbogen, unter welchen diese
Beißmuskeln durchgehen, die äußere Gestalt des Schädels wesentlich
modifiziren müssen.

Mit nur sehr geringen Ausnahmen haben alle Säugethiere Zähne,
welche stets in den Kiefern, niemals in anderen Knochen der Mund-
höhle stecken. Zähne in den Gaumen- oder Flügelbeinen, im Pflug-
schaar oder der Zunge sind stets charakteristisch für die drei niederen
Wirbelthierklassen und kommen bei Säugethieren nie vor. Bei einigen
Ameisenfressern fehlen die Zähne gänzlich und sind durch eine schwie-
lige Bekleidung der Kieferränder ersetzt. Bei den Walfischen kommen
sie nur im jugendlichen Alter vor, verschwinden aber dann, um jenen
eigenthümlichen Horngebilden Platz zu machen, die man unter dem
Namen der Baarten und des Fischbeines kennt. Hinsichtlich der
Struktur kommen verschiedene Modifikationen vor. Die meisten Zähne
bestehen aus einer Wurzel und einer durch den Schmelzüberzug ver-


[Abbildung] Fig. 1295. Fig. 1296. Fig. 1297.

Schädel des Tigers (Felis tigris).
Fig. 1295. Von oben. Fig. 1296. Von der Seite. Fig. 1297. Von unten.

Form aus, die bei den Katzen den höchſten Grad erreicht, nicht durch
Entwickelung der Hirnkapſel, ſondern durch Verkürzung der ſtarken
Kiefer und durch Ausbildung eines Kammes auf der Seitenlinie, der
den mächtigen Schläfenmuskeln in ähnlicher Weiſe zum Anſatze dient,
wie der Bruſtbeinkamm den Flugmuskeln der Vögel. Es iſt leicht
einzuſehen, daß die Entwickelung dieſes Scheitelkammes und die damit
zuſammenhängende Krümmung der Jochbogen, unter welchen dieſe
Beißmuskeln durchgehen, die äußere Geſtalt des Schädels weſentlich
modifiziren müſſen.

Mit nur ſehr geringen Ausnahmen haben alle Säugethiere Zähne,
welche ſtets in den Kiefern, niemals in anderen Knochen der Mund-
höhle ſtecken. Zähne in den Gaumen- oder Flügelbeinen, im Pflug-
ſchaar oder der Zunge ſind ſtets charakteriſtiſch für die drei niederen
Wirbelthierklaſſen und kommen bei Säugethieren nie vor. Bei einigen
Ameiſenfreſſern fehlen die Zähne gänzlich und ſind durch eine ſchwie-
lige Bekleidung der Kieferränder erſetzt. Bei den Walfiſchen kommen
ſie nur im jugendlichen Alter vor, verſchwinden aber dann, um jenen
eigenthümlichen Horngebilden Platz zu machen, die man unter dem
Namen der Baarten und des Fiſchbeines kennt. Hinſichtlich der
Struktur kommen verſchiedene Modifikationen vor. Die meiſten Zähne
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[390/0396] [Abbildung Fig. 1295. Fig. 1296. Fig. 1297. Schädel des Tigers (Felis tigris). Fig. 1295. Von oben. Fig. 1296. Von der Seite. Fig. 1297. Von unten.] Form aus, die bei den Katzen den höchſten Grad erreicht, nicht durch Entwickelung der Hirnkapſel, ſondern durch Verkürzung der ſtarken Kiefer und durch Ausbildung eines Kammes auf der Seitenlinie, der den mächtigen Schläfenmuskeln in ähnlicher Weiſe zum Anſatze dient, wie der Bruſtbeinkamm den Flugmuskeln der Vögel. Es iſt leicht einzuſehen, daß die Entwickelung dieſes Scheitelkammes und die damit zuſammenhängende Krümmung der Jochbogen, unter welchen dieſe Beißmuskeln durchgehen, die äußere Geſtalt des Schädels weſentlich modifiziren müſſen. Mit nur ſehr geringen Ausnahmen haben alle Säugethiere Zähne, welche ſtets in den Kiefern, niemals in anderen Knochen der Mund- höhle ſtecken. Zähne in den Gaumen- oder Flügelbeinen, im Pflug- ſchaar oder der Zunge ſind ſtets charakteriſtiſch für die drei niederen Wirbelthierklaſſen und kommen bei Säugethieren nie vor. Bei einigen Ameiſenfreſſern fehlen die Zähne gänzlich und ſind durch eine ſchwie- lige Bekleidung der Kieferränder erſetzt. Bei den Walfiſchen kommen ſie nur im jugendlichen Alter vor, verſchwinden aber dann, um jenen eigenthümlichen Horngebilden Platz zu machen, die man unter dem Namen der Baarten und des Fiſchbeines kennt. Hinſichtlich der Struktur kommen verſchiedene Modifikationen vor. Die meiſten Zähne beſtehen aus einer Wurzel und einer durch den Schmelzüberzug ver-

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/396>, abgerufen am 22.11.2024.