Schnauzenspitze herum als Geruchsnerve der Nasengrube entgegenwächst, welche anfangs auf der Unterfläche des Kopfes liegt, allmälig aber gegen die Schnauzenspitze und auf die Rückenfläche herum wandert. Auf der Trennungslinie zwischen dem Vorderhirne und dem Mittel- hirne sieht man schon in früher Zeit eine Anhäufung von Zellen er- scheinen, welche auch bei dem erwachsenen Fische nicht fehlt und dort als Zirbeldrüse bezeichnet werden kann. -- Weit verwickelter sind die Bildungen des Mittelhirnes. Dieses bildet von früher Zeit an zwei weite seitliche Ausbuchtungen, die sich allmälig mehr und mehr von der mittleren Partie abschnüren, so daß sie bald die Gestalt zweier hohlen Birnen haben, welche durch einen weiten Stiel mit der Mit- telmasse zusammenhängen; -- in diesem Zustande erkennt man in die- sen seitlichen, nunmehr abgeschlossenen Ausbuchtungen die ursprüng- liche Augenblase und in ihrem hohlen Stiele das erste Rudiment des Sehnerven, welches nach und nach solid wird. Wie aber bei der Nase ebenfalls die empfangenden Theile, die Nasengruben, von der äußeren Haut ausgebildet werden und nur der Geruchsnerve vom Gehirne ausgeht und diesen Nasengruben entgegenwächst, so entspricht auch die ursprüngliche Augenblase nur dem nervösen Theile des Auges, der Netzhaut und dem Sehnerven und die übrigen schützenden und lichtbrechenden Theile des Sehorganes werden ebenfalls von der Haut aus diesem Hirntheile entgegengebildet. Wir kommen auf die Ausbil- dung der Augen später zurück, während wir hier die weiteren Bildun- gen des Mittelhirnes verfolgen, das in seinem mittleren, zwischen den beiden Augenblasen gelegenen Theile sich weiter entwickelt. In diesem Mittelhirne wuchert alsbald von dem Boden ausgehend ein Gewölbe empor, welches von vorn her nach hinten überwächst, so wie es auch von den Seiten her sich schließt. Von dem Hirnstamme aus bilden sich unter diesem Gewölbe mehr und mehr vorwachsende Theile, welche den Vierhügeln, den Seh- und Streifenhügeln entsprechen und unter dem deckenden Gewölbe vorwuchernd, allmälig den Raum zwischen diesem und dem Hirnstamme ausfüllen und so die Hirnhöhle, die sich hier findet, verkleinert. Aus dem Mittelhirne bildet sich ferner der Trichter, der nach unten hin einer Einstülpung der oberen Gaumen- wand entgegenwächst, sich an diese anlegt und so den Hirnanhang (Hypophysis cerebri) darstellt. Diese Verbindung geschieht unmittelbar
Schnauzenſpitze herum als Geruchsnerve der Naſengrube entgegenwächſt, welche anfangs auf der Unterfläche des Kopfes liegt, allmälig aber gegen die Schnauzenſpitze und auf die Rückenfläche herum wandert. Auf der Trennungslinie zwiſchen dem Vorderhirne und dem Mittel- hirne ſieht man ſchon in früher Zeit eine Anhäufung von Zellen er- ſcheinen, welche auch bei dem erwachſenen Fiſche nicht fehlt und dort als Zirbeldrüſe bezeichnet werden kann. — Weit verwickelter ſind die Bildungen des Mittelhirnes. Dieſes bildet von früher Zeit an zwei weite ſeitliche Ausbuchtungen, die ſich allmälig mehr und mehr von der mittleren Partie abſchnüren, ſo daß ſie bald die Geſtalt zweier hohlen Birnen haben, welche durch einen weiten Stiel mit der Mit- telmaſſe zuſammenhängen; — in dieſem Zuſtande erkennt man in die- ſen ſeitlichen, nunmehr abgeſchloſſenen Ausbuchtungen die urſprüng- liche Augenblaſe und in ihrem hohlen Stiele das erſte Rudiment des Sehnerven, welches nach und nach ſolid wird. Wie aber bei der Naſe ebenfalls die empfangenden Theile, die Naſengruben, von der äußeren Haut ausgebildet werden und nur der Geruchsnerve vom Gehirne ausgeht und dieſen Naſengruben entgegenwächſt, ſo entſpricht auch die urſprüngliche Augenblaſe nur dem nervöſen Theile des Auges, der Netzhaut und dem Sehnerven und die übrigen ſchützenden und lichtbrechenden Theile des Sehorganes werden ebenfalls von der Haut aus dieſem Hirntheile entgegengebildet. Wir kommen auf die Ausbil- dung der Augen ſpäter zurück, während wir hier die weiteren Bildun- gen des Mittelhirnes verfolgen, das in ſeinem mittleren, zwiſchen den beiden Augenblaſen gelegenen Theile ſich weiter entwickelt. In dieſem Mittelhirne wuchert alsbald von dem Boden ausgehend ein Gewölbe empor, welches von vorn her nach hinten überwächſt, ſo wie es auch von den Seiten her ſich ſchließt. Von dem Hirnſtamme aus bilden ſich unter dieſem Gewölbe mehr und mehr vorwachſende Theile, welche den Vierhügeln, den Seh- und Streifenhügeln entſprechen und unter dem deckenden Gewölbe vorwuchernd, allmälig den Raum zwiſchen dieſem und dem Hirnſtamme ausfüllen und ſo die Hirnhöhle, die ſich hier findet, verkleinert. Aus dem Mittelhirne bildet ſich ferner der Trichter, der nach unten hin einer Einſtülpung der oberen Gaumen- wand entgegenwächſt, ſich an dieſe anlegt und ſo den Hirnanhang (Hypophysis cerebri) darſtellt. Dieſe Verbindung geſchieht unmittelbar
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Schnauzenſpitze herum als Geruchsnerve der Naſengrube entgegenwächſt,
welche anfangs auf der Unterfläche des Kopfes liegt, allmälig aber
gegen die Schnauzenſpitze und auf die Rückenfläche herum wandert.
Auf der Trennungslinie zwiſchen dem Vorderhirne und dem Mittel-
hirne ſieht man ſchon in früher Zeit eine Anhäufung von Zellen er-
ſcheinen, welche auch bei dem erwachſenen Fiſche nicht fehlt und dort
als Zirbeldrüſe bezeichnet werden kann. — Weit verwickelter ſind die
Bildungen des Mittelhirnes. Dieſes bildet von früher Zeit an zwei
weite ſeitliche Ausbuchtungen, die ſich allmälig mehr und mehr von
der mittleren Partie abſchnüren, ſo daß ſie bald die Geſtalt zweier
hohlen Birnen haben, welche durch einen weiten Stiel mit der Mit-
telmaſſe zuſammenhängen; — in dieſem Zuſtande erkennt man in die-
ſen ſeitlichen, nunmehr abgeſchloſſenen Ausbuchtungen die urſprüng-
liche Augenblaſe und in ihrem hohlen Stiele das erſte Rudiment des
Sehnerven, welches nach und nach ſolid wird. Wie aber bei der
Naſe ebenfalls die empfangenden Theile, die Naſengruben, von der
äußeren Haut ausgebildet werden und nur der Geruchsnerve vom
Gehirne ausgeht und dieſen Naſengruben entgegenwächſt, ſo entſpricht
auch die urſprüngliche Augenblaſe nur dem nervöſen Theile des Auges,
der Netzhaut und dem Sehnerven und die übrigen ſchützenden und
lichtbrechenden Theile des Sehorganes werden ebenfalls von der Haut
aus dieſem Hirntheile entgegengebildet. Wir kommen auf die Ausbil-
dung der Augen ſpäter zurück, während wir hier die weiteren Bildun-
gen des Mittelhirnes verfolgen, das in ſeinem mittleren, zwiſchen den
beiden Augenblaſen gelegenen Theile ſich weiter entwickelt. In dieſem
Mittelhirne wuchert alsbald von dem Boden ausgehend ein Gewölbe
empor, welches von vorn her nach hinten überwächſt, ſo wie es auch
von den Seiten her ſich ſchließt. Von dem Hirnſtamme aus bilden
ſich unter dieſem Gewölbe mehr und mehr vorwachſende Theile, welche
den Vierhügeln, den Seh- und Streifenhügeln entſprechen und unter
dem deckenden Gewölbe vorwuchernd, allmälig den Raum zwiſchen
dieſem und dem Hirnſtamme ausfüllen und ſo die Hirnhöhle, die ſich
hier findet, verkleinert. Aus dem Mittelhirne bildet ſich ferner der
Trichter, der nach unten hin einer Einſtülpung der oberen Gaumen-
wand entgegenwächſt, ſich an dieſe anlegt und ſo den Hirnanhang
(Hypophysis cerebri) darſtellt. Dieſe Verbindung geſchieht unmittelbar
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/94>, abgerufen am 27.11.2024.
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