Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851.sie die Flügel hängen, mit gesenkten Fühlhörnern stehen sie umher - keine wagt ein Wort oder ein leichtes Summen. Langsam öffnen sie die Zellen, in welchen, oft noch im letzten Zucken des Todes, die getroffenen jungen Königinnen liegen. Wimmernd umstehen sie die Leichen - da stürzt die rachelustige Königin noch einmal hervor, und läßt noch einmal, als wäre es an einem Todesstreiche nicht genug, ihre Wuth an der todten Schwester aus. Die Leiche wird hinausgeschleift, vor das Flugloch geworfen, ohne Summen und Brummen, ohne Feierlichkeit. Mit innerlicher Erbitterung stürzen sich die Arbeiter auf die leeren Königszellen, die sie mit ihren Kiefern zerstören. Bis auf den tiefsten Grund vertilgen sie die letzte Spur der Gebäude, in welchen solche Gräuel vorgehen konnten. Die Königin aber herrscht jetzt unumschränkt und dasselbe Volk, welches kaum noch seinen Abscheu vor dem Verbrechen kund that, küßt unmittelbar nachher die Füße der Schwestermörderin, füttert sie aus dem eigenen Munde, und ehrt und liebt sie als Herrscherin! Zuweilen begegnet es auch, daß mehrere Königinnen zu gleicher Zeit ihre Zellen verlassen, und daß die telegraphische Summdepeschen einander kreuzen. Die alte Königin steht dann von ihren Versuchen des Kindermordes ab - sie entflieht sogleich mit ihren Getreuen, um einen neuen Staat zu bilden. Die Zurückgebliebenen aber schaaren sich um die Königinnen und marschiren im Stocke selbst gegen einander. Die Heerhaufen nähern sich von beiden Seiten, sie erreichen sich - werden sie einander anfallen und sich eine mörderische Schlacht liefern? Bei den Menschen würde es so sein. Tausende von Tapferen würden in den Tod gehen und ihr Blut vergießen, um der Herrschaft eines Einzigen sie die Flügel hängen, mit gesenkten Fühlhörnern stehen sie umher – keine wagt ein Wort oder ein leichtes Summen. Langsam öffnen sie die Zellen, in welchen, oft noch im letzten Zucken des Todes, die getroffenen jungen Königinnen liegen. Wimmernd umstehen sie die Leichen – da stürzt die rachelustige Königin noch einmal hervor, und läßt noch einmal, als wäre es an einem Todesstreiche nicht genug, ihre Wuth an der todten Schwester aus. Die Leiche wird hinausgeschleift, vor das Flugloch geworfen, ohne Summen und Brummen, ohne Feierlichkeit. Mit innerlicher Erbitterung stürzen sich die Arbeiter auf die leeren Königszellen, die sie mit ihren Kiefern zerstören. Bis auf den tiefsten Grund vertilgen sie die letzte Spur der Gebäude, in welchen solche Gräuel vorgehen konnten. Die Königin aber herrscht jetzt unumschränkt und dasselbe Volk, welches kaum noch seinen Abscheu vor dem Verbrechen kund that, küßt unmittelbar nachher die Füße der Schwestermörderin, füttert sie aus dem eigenen Munde, und ehrt und liebt sie als Herrscherin! Zuweilen begegnet es auch, daß mehrere Königinnen zu gleicher Zeit ihre Zellen verlassen, und daß die telegraphische Summdepeschen einander kreuzen. Die alte Königin steht dann von ihren Versuchen des Kindermordes ab – sie entflieht sogleich mit ihren Getreuen, um einen neuen Staat zu bilden. Die Zurückgebliebenen aber schaaren sich um die Königinnen und marschiren im Stocke selbst gegen einander. Die Heerhaufen nähern sich von beiden Seiten, sie erreichen sich – werden sie einander anfallen und sich eine mörderische Schlacht liefern? Bei den Menschen würde es so sein. 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Die Königin aber herrscht jetzt unumschränkt und dasselbe Volk, welches kaum noch seinen Abscheu vor dem Verbrechen kund that, küßt unmittelbar nachher die Füße der Schwestermörderin, füttert sie aus dem eigenen Munde, und ehrt und liebt sie als Herrscherin!</p> <p>Zuweilen begegnet es auch, daß mehrere Königinnen zu gleicher Zeit ihre Zellen verlassen, und daß die telegraphische Summdepeschen einander kreuzen. Die alte Königin steht dann von ihren Versuchen des Kindermordes ab – sie entflieht sogleich mit ihren Getreuen, um einen neuen Staat zu bilden. Die Zurückgebliebenen aber schaaren sich um die Königinnen und marschiren im Stocke selbst gegen einander. Die Heerhaufen nähern sich von beiden Seiten, sie erreichen sich – werden sie einander anfallen und sich eine mörderische Schlacht liefern? Bei den Menschen würde es so sein. Tausende von Tapferen würden in den Tod gehen und ihr Blut vergießen, um der Herrschaft eines Einzigen </p> </div> </body> </text> </TEI> [94/0120]
sie die Flügel hängen, mit gesenkten Fühlhörnern stehen sie umher – keine wagt ein Wort oder ein leichtes Summen. Langsam öffnen sie die Zellen, in welchen, oft noch im letzten Zucken des Todes, die getroffenen jungen Königinnen liegen. Wimmernd umstehen sie die Leichen – da stürzt die rachelustige Königin noch einmal hervor, und läßt noch einmal, als wäre es an einem Todesstreiche nicht genug, ihre Wuth an der todten Schwester aus. Die Leiche wird hinausgeschleift, vor das Flugloch geworfen, ohne Summen und Brummen, ohne Feierlichkeit. Mit innerlicher Erbitterung stürzen sich die Arbeiter auf die leeren Königszellen, die sie mit ihren Kiefern zerstören. Bis auf den tiefsten Grund vertilgen sie die letzte Spur der Gebäude, in welchen solche Gräuel vorgehen konnten. Die Königin aber herrscht jetzt unumschränkt und dasselbe Volk, welches kaum noch seinen Abscheu vor dem Verbrechen kund that, küßt unmittelbar nachher die Füße der Schwestermörderin, füttert sie aus dem eigenen Munde, und ehrt und liebt sie als Herrscherin!
Zuweilen begegnet es auch, daß mehrere Königinnen zu gleicher Zeit ihre Zellen verlassen, und daß die telegraphische Summdepeschen einander kreuzen. Die alte Königin steht dann von ihren Versuchen des Kindermordes ab – sie entflieht sogleich mit ihren Getreuen, um einen neuen Staat zu bilden. Die Zurückgebliebenen aber schaaren sich um die Königinnen und marschiren im Stocke selbst gegen einander. Die Heerhaufen nähern sich von beiden Seiten, sie erreichen sich – werden sie einander anfallen und sich eine mörderische Schlacht liefern? Bei den Menschen würde es so sein. Tausende von Tapferen würden in den Tod gehen und ihr Blut vergießen, um der Herrschaft eines Einzigen
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