Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851.Wartfrauen, bieten den Kleinen Nahrung, streicheln sie mit den Fühlhörnern, liebkosen sie mit den weichen Freßspitzen. Die Würmchen wachsen und gedeihen und selten nur sieht man, bei so sorgsamer Pflege, Krankheiten unter ihnen ausbrechen. Freilich erhalten sie doch nur Proletarierbrei, bei dessen Genuß sich nicht alle Organe gleichmäßig entwickeln können! Die Drohnen bekümmern sich nicht um die Kleinen; - sie kennen die Sorge für die Familie nicht. Unter sich sprechen sie zwar viel von ihren Wappenschildern, ihren Ahnen, ihren Stammbäumen und fast sollte man glauben, hier, in diesen bevorzugten Ständen, sei die größte Kindesliebe, die zärtlichste Aufopferung für die Nachkommen. Ein großer Irrthum! In den Kreisen der Proletarier, wo der tägliche Honig mit harter Arbeit, mit Mühe und Noth herbeigeschafft wird, wo in schlechten Jahren oft Tagelang die Armen nicht ausfliegen können, um Honig und Blüthenstaub für die Jungen zu sammeln, wo die Arbeiter von dem eigenen Munde weg die spärliche Nahrung sich abbrechen müssen, um die saugenden Würmchen zu nähren, die sie daheim in ihren leeren Zellen haben - in diesen untersten Schichten der Gesellschaft herrscht jene aufopfernde Kindesliebe, die wir bewundern und ehren müssen. Nicht nur ihre eigenen Nachkommen, nein, auch die jungen Drohnen und die jungen Königinnen werden von diesen armen Arbeitern gepflegt, genährt, beherbergt und erzogen, so lange sie noch in Wurmgestalt sich befinden. Sie sind eben so zärtlich für diese, wie für jene; ja ihre Sorgfalt geht sogar so weit, daß sie der aristokratischen Natur dieser Bevorrechteten Rechnung tragen und ihnen einen besonders zubereiteten Kindsbrei geben, welcher feiner, besser geknetet Wartfrauen, bieten den Kleinen Nahrung, streicheln sie mit den Fühlhörnern, liebkosen sie mit den weichen Freßspitzen. Die Würmchen wachsen und gedeihen und selten nur sieht man, bei so sorgsamer Pflege, Krankheiten unter ihnen ausbrechen. Freilich erhalten sie doch nur Proletarierbrei, bei dessen Genuß sich nicht alle Organe gleichmäßig entwickeln können! Die Drohnen bekümmern sich nicht um die Kleinen; – sie kennen die Sorge für die Familie nicht. Unter sich sprechen sie zwar viel von ihren Wappenschildern, ihren Ahnen, ihren Stammbäumen und fast sollte man glauben, hier, in diesen bevorzugten Ständen, sei die größte Kindesliebe, die zärtlichste Aufopferung für die Nachkommen. Ein großer Irrthum! In den Kreisen der Proletarier, wo der tägliche Honig mit harter Arbeit, mit Mühe und Noth herbeigeschafft wird, wo in schlechten Jahren oft Tagelang die Armen nicht ausfliegen können, um Honig und Blüthenstaub für die Jungen zu sammeln, wo die Arbeiter von dem eigenen Munde weg die spärliche Nahrung sich abbrechen müssen, um die saugenden Würmchen zu nähren, die sie daheim in ihren leeren Zellen haben – in diesen untersten Schichten der Gesellschaft herrscht jene aufopfernde Kindesliebe, die wir bewundern und ehren müssen. Nicht nur ihre eigenen Nachkommen, nein, auch die jungen Drohnen und die jungen Königinnen werden von diesen armen Arbeitern gepflegt, genährt, beherbergt und erzogen, so lange sie noch in Wurmgestalt sich befinden. Sie sind eben so zärtlich für diese, wie für jene; ja ihre Sorgfalt geht sogar so weit, daß sie der aristokratischen Natur dieser Bevorrechteten Rechnung tragen und ihnen einen besonders zubereiteten Kindsbrei geben, welcher feiner, besser geknetet <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0096" n="70"/> Wartfrauen, bieten den Kleinen Nahrung, streicheln sie mit den Fühlhörnern, liebkosen sie mit den weichen Freßspitzen. Die Würmchen wachsen und gedeihen und selten nur sieht man, bei so sorgsamer Pflege, Krankheiten unter ihnen ausbrechen. Freilich erhalten sie doch nur Proletarierbrei, bei dessen Genuß sich nicht alle Organe gleichmäßig entwickeln können!</p> <p>Die Drohnen bekümmern sich nicht um die Kleinen; – sie kennen die Sorge für die Familie nicht. Unter sich sprechen sie zwar viel von ihren Wappenschildern, ihren Ahnen, ihren Stammbäumen und fast sollte man glauben, hier, in diesen bevorzugten Ständen, sei die größte Kindesliebe, die zärtlichste Aufopferung für die Nachkommen. Ein großer Irrthum! In den Kreisen der Proletarier, wo der tägliche Honig mit harter Arbeit, mit Mühe und Noth herbeigeschafft wird, wo in schlechten Jahren oft Tagelang die Armen nicht ausfliegen können, um Honig und Blüthenstaub für die Jungen zu sammeln, wo die Arbeiter von dem eigenen Munde weg die spärliche Nahrung sich abbrechen müssen, um die saugenden Würmchen zu nähren, die sie daheim in ihren leeren Zellen haben – in diesen untersten Schichten der Gesellschaft herrscht jene aufopfernde Kindesliebe, die wir bewundern und ehren müssen. Nicht nur ihre eigenen Nachkommen, nein, auch die jungen Drohnen und die jungen Königinnen werden von diesen armen Arbeitern gepflegt, genährt, beherbergt und erzogen, so lange sie noch in Wurmgestalt sich befinden. Sie sind eben so zärtlich für diese, wie für jene; ja ihre Sorgfalt geht sogar so weit, daß sie der aristokratischen Natur dieser Bevorrechteten Rechnung tragen und ihnen einen besonders zubereiteten Kindsbrei geben, welcher feiner, besser geknetet </p> </div> </body> </text> </TEI> [70/0096]
Wartfrauen, bieten den Kleinen Nahrung, streicheln sie mit den Fühlhörnern, liebkosen sie mit den weichen Freßspitzen. Die Würmchen wachsen und gedeihen und selten nur sieht man, bei so sorgsamer Pflege, Krankheiten unter ihnen ausbrechen. Freilich erhalten sie doch nur Proletarierbrei, bei dessen Genuß sich nicht alle Organe gleichmäßig entwickeln können!
Die Drohnen bekümmern sich nicht um die Kleinen; – sie kennen die Sorge für die Familie nicht. Unter sich sprechen sie zwar viel von ihren Wappenschildern, ihren Ahnen, ihren Stammbäumen und fast sollte man glauben, hier, in diesen bevorzugten Ständen, sei die größte Kindesliebe, die zärtlichste Aufopferung für die Nachkommen. Ein großer Irrthum! In den Kreisen der Proletarier, wo der tägliche Honig mit harter Arbeit, mit Mühe und Noth herbeigeschafft wird, wo in schlechten Jahren oft Tagelang die Armen nicht ausfliegen können, um Honig und Blüthenstaub für die Jungen zu sammeln, wo die Arbeiter von dem eigenen Munde weg die spärliche Nahrung sich abbrechen müssen, um die saugenden Würmchen zu nähren, die sie daheim in ihren leeren Zellen haben – in diesen untersten Schichten der Gesellschaft herrscht jene aufopfernde Kindesliebe, die wir bewundern und ehren müssen. Nicht nur ihre eigenen Nachkommen, nein, auch die jungen Drohnen und die jungen Königinnen werden von diesen armen Arbeitern gepflegt, genährt, beherbergt und erzogen, so lange sie noch in Wurmgestalt sich befinden. Sie sind eben so zärtlich für diese, wie für jene; ja ihre Sorgfalt geht sogar so weit, daß sie der aristokratischen Natur dieser Bevorrechteten Rechnung tragen und ihnen einen besonders zubereiteten Kindsbrei geben, welcher feiner, besser geknetet
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