nicht genug über die seltsame Verstocktheit ihrer Zeitgenossen staunen, welche es nicht nützen woll¬ ten, das Heil, die Bestimmung der Menschheit erkennen, Wahrheit und Irthum, Gutes und Böses unterscheiden zu lernen. Indessen ist es nun einmal so. Das Genie der Verbesserung hat zu allen Zeiten Widerspruch gefunden, oft mußte der große Mann erst begraben sein, ehe das Recht seiner Aussprüche erkannt wurde. Geht es doch bisweilen noch jetzt nicht anders. Sind wir doch, trotz aller Religion und Erkenntniß zu¬ weilen genöthigt, mit Asien oder Afrika zu kriegen.
O schöner Voranflug seines Zeitalters! rief Guido. O daß ich der Menschheit irgend eine Wohlthat ersinnen könnte, daß die Nachwelt mein Andenken segnete!
Der Friede mit anderen Welttheilen wäre solch eine Wohlthat, antwortete Gelino. Er fehlt der Menschheit. Allein die Leidenschaften werden nicht überall so glücklich bekämpft als in Europa, und auch hier, wir wollen nicht prah¬ len, gelang es noch nicht so weit damit, als wohl zu wünschen wäre. Im Geheim treiben sie oft ihr Spiel fort; denn wer sieht das In¬
nicht genug uͤber die ſeltſame Verſtocktheit ihrer Zeitgenoſſen ſtaunen, welche es nicht nuͤtzen woll¬ ten, das Heil, die Beſtimmung der Menſchheit erkennen, Wahrheit und Irthum, Gutes und Boͤſes unterſcheiden zu lernen. Indeſſen iſt es nun einmal ſo. Das Genie der Verbeſſerung hat zu allen Zeiten Widerſpruch gefunden, oft mußte der große Mann erſt begraben ſein, ehe das Recht ſeiner Ausſpruͤche erkannt wurde. Geht es doch bisweilen noch jetzt nicht anders. Sind wir doch, trotz aller Religion und Erkenntniß zu¬ weilen genoͤthigt, mit Aſien oder Afrika zu kriegen.
O ſchoͤner Voranflug ſeines Zeitalters! rief Guido. O daß ich der Menſchheit irgend eine Wohlthat erſinnen koͤnnte, daß die Nachwelt mein Andenken ſegnete!
Der Friede mit anderen Welttheilen waͤre ſolch eine Wohlthat, antwortete Gelino. Er fehlt der Menſchheit. Allein die Leidenſchaften werden nicht uͤberall ſo gluͤcklich bekaͤmpft als in Europa, und auch hier, wir wollen nicht prah¬ len, gelang es noch nicht ſo weit damit, als wohl zu wuͤnſchen waͤre. Im Geheim treiben ſie oft ihr Spiel fort; denn wer ſieht das In¬
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nicht genug uͤber die ſeltſame Verſtocktheit ihrer
Zeitgenoſſen ſtaunen, welche es nicht nuͤtzen woll¬
ten, das Heil, die Beſtimmung der Menſchheit
erkennen, Wahrheit und Irthum, Gutes und
Boͤſes unterſcheiden zu lernen. Indeſſen iſt es
nun einmal ſo. Das Genie der Verbeſſerung
hat zu allen Zeiten Widerſpruch gefunden, oft
mußte der große Mann erſt begraben ſein, ehe
das Recht ſeiner Ausſpruͤche erkannt wurde. Geht
es doch bisweilen noch jetzt nicht anders. Sind
wir doch, trotz aller Religion und Erkenntniß zu¬
weilen genoͤthigt, mit Aſien oder Afrika zu
kriegen.
O ſchoͤner Voranflug ſeines Zeitalters! rief
Guido. O daß ich der Menſchheit irgend eine
Wohlthat erſinnen koͤnnte, daß die Nachwelt
mein Andenken ſegnete!
Der Friede mit anderen Welttheilen waͤre
ſolch eine Wohlthat, antwortete Gelino. Er
fehlt der Menſchheit. Allein die Leidenſchaften
werden nicht uͤberall ſo gluͤcklich bekaͤmpft als in
Europa, und auch hier, wir wollen nicht prah¬
len, gelang es noch nicht ſo weit damit, als
wohl zu wuͤnſchen waͤre. Im Geheim treiben
ſie oft ihr Spiel fort; denn wer ſieht das In¬
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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/261>, abgerufen am 22.11.2024.
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