sich. Es war noch in Paris wie vormal, das Neue erregte viel Aufsehn, alle Welt sprach davon. Nicht eben die Verschwendung des rei¬ chen Jünglings konnte auffallen, doch er selbst, sein Verstand, mehr noch seine Schönheit. Die Damen waren ganz entzückt, sie schwuren, nie eine so vollkommene männliche Gestalt erblickt zu haben. Dies benutzten Maler, Kupferstecher und andere Künstler, bildeten ihn vielfach ab, und wenn er ausging, sah er beschämt überall Gemälde, Gipsabdrücke, Statuen von sich. Auch Denkmünzen wurden auf ihn geschlagen und in den Gassen ausgerufen, viele Damen trugen ihn in Gemmenringen am Finger. Er empfing auch verliebte Zuschriften voller Witz, und übte wieder den eignen Witz, indem er die zärtlichen Anträge so ablehnte, daß sich die Schö¬ nen dennoch bezaubert fühlten. Dadurch ent¬ stand viel neues Gerede, und eine gelehrte Dame veranstaltete sogleich eine Sammlung dieser tu¬ gendhaft witzigen Billets, die man eilig mit Stereotipen druckte, eines ungemeinen, Absatzes gewiß.
Kurze Zeit nach seiner Ankunft hörte Guido von einem sonderbaren Rechtshandel. Er hatte
ſich. Es war noch in Paris wie vormal, das Neue erregte viel Aufſehn, alle Welt ſprach davon. Nicht eben die Verſchwendung des rei¬ chen Juͤnglings konnte auffallen, doch er ſelbſt, ſein Verſtand, mehr noch ſeine Schoͤnheit. Die Damen waren ganz entzuͤckt, ſie ſchwuren, nie eine ſo vollkommene maͤnnliche Geſtalt erblickt zu haben. Dies benutzten Maler, Kupferſtecher und andere Kuͤnſtler, bildeten ihn vielfach ab, und wenn er ausging, ſah er beſchaͤmt uͤberall Gemaͤlde, Gipsabdruͤcke, Statuen von ſich. Auch Denkmuͤnzen wurden auf ihn geſchlagen und in den Gaſſen ausgerufen, viele Damen trugen ihn in Gemmenringen am Finger. Er empfing auch verliebte Zuſchriften voller Witz, und uͤbte wieder den eignen Witz, indem er die zaͤrtlichen Antraͤge ſo ablehnte, daß ſich die Schoͤ¬ nen dennoch bezaubert fuͤhlten. Dadurch ent¬ ſtand viel neues Gerede, und eine gelehrte Dame veranſtaltete ſogleich eine Sammlung dieſer tu¬ gendhaft witzigen Billets, die man eilig mit Stereotipen druckte, eines ungemeinen, Abſatzes gewiß.
Kurze Zeit nach ſeiner Ankunft hoͤrte Guido von einem ſonderbaren Rechtshandel. Er hatte
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ſich. Es war noch in Paris wie vormal, das
Neue erregte viel Aufſehn, alle Welt ſprach
davon. Nicht eben die Verſchwendung des rei¬
chen Juͤnglings konnte auffallen, doch er ſelbſt,
ſein Verſtand, mehr noch ſeine Schoͤnheit. Die
Damen waren ganz entzuͤckt, ſie ſchwuren, nie
eine ſo vollkommene maͤnnliche Geſtalt erblickt
zu haben. Dies benutzten Maler, Kupferſtecher
und andere Kuͤnſtler, bildeten ihn vielfach ab,
und wenn er ausging, ſah er beſchaͤmt uͤberall
Gemaͤlde, Gipsabdruͤcke, Statuen von ſich.
Auch Denkmuͤnzen wurden auf ihn geſchlagen
und in den Gaſſen ausgerufen, viele Damen
trugen ihn in Gemmenringen am Finger. Er
empfing auch verliebte Zuſchriften voller Witz,
und uͤbte wieder den eignen Witz, indem er die
zaͤrtlichen Antraͤge ſo ablehnte, daß ſich die Schoͤ¬
nen dennoch bezaubert fuͤhlten. Dadurch ent¬
ſtand viel neues Gerede, und eine gelehrte Dame
veranſtaltete ſogleich eine Sammlung dieſer tu¬
gendhaft witzigen Billets, die man eilig mit
Stereotipen druckte, eines ungemeinen, Abſatzes
gewiß.
Kurze Zeit nach ſeiner Ankunft hoͤrte Guido
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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/263>, abgerufen am 22.11.2024.
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